Die Natur wird zum Atelier und zum Ort des Lernens
Publiziert in 11 / 2006 - Erschienen am 31. Mai 2006
Goldrain – Die Natur erfahren und erleben, mit Naturmaterialien arbeiten, die Natur als Atelier und Ort des Lernens entdecken und das Erlernte im Unterricht umsetzen. So lassen sich das Ziel und der Zweck der zweieinhalbtätigen Kurs-Einheit „Arbeiten in der Natur“ beschreiben, an der vom 16. bis zum 18. Mai 25 Grundschullehrer und –lehrerinnen aus ganz Südtirol teilnahmen, die alle Kunst unterrichten. Es war dies der dritte von fünf Bausteinen einer Kursfolge, zu der das Pädagogische Institut eingeladen hat. Absolviert wurde der „Baustein 3“ im Bildungshaus Schloss Goldrain und in der freien Natur der näheren Umgebung.
„Wir wollen den Teilnehmern vermitteln, dass Kunstunterricht nicht nur im Klassenraum stattfinden kann, sondern dass sich auch die Natur als Atelier und Ort des Lernens bestens eignet,“ stimmten die Referenten Udo Lange und Thomas Stadelmann von der Pädagogischen Ideenwerkstatt BAGAGE in Freiburg in Deutschland in einem Gespräch mit dem „Vinschger“ überein. Die Natur solle aber nicht nur als Kulisse dienen, sondern das Arbeiten in der Natur soll auch zur Sensibilisierung für das Umfeld beitragen, in dem gearbeitet wird. Für die Arbeiten, die während der Kurstage entstanden, wurden ausschließlich Materialien verwendet, wie man sie in der freien Natur vorfindet: Äste, Stöcke, Schwemmholz, Steine und natürliche Erdpigmente, also Farbmittel, die im Gegensatz zu den Farbstoffen nicht löslich sind und deshalb in der farbigen Endanwendung als fein verteilte Feststoffe (Pigmentteilchen) vorliegen. Auf das Schaffen ökologisch unbedenklicher Arbeiten legten die Referenten besonderen Wert.
Wer mit der Natur arbeitet, weiß auch, dass die Natur sich ständig verändert und dass am Ende wieder alles in ihren ewigen Kreislauf zurückkehrt. Unter diesem Aspekt ist auch das Mandala zu bewerten, das von den Kursteilnehmern im Bachbett der Plima am Fuße der Burgkapelle St. Stephan in Morter geschaffen wurde. Das Mandala ist eine symbolische Darstellung von kosmischen Kräften, die im tibetischen Buddhismus eine große Rolle spielt. Auch für das Mandala wurden Erdpigmente verwendet. Wie haltbar natürliche Farben im Gegensatz zu chemiedurchsetzten Farbstoffen sein können, erlebten die Kunstlehrer, als sie die alten Fresken in der Burgkapelle St. Stephan besichtigten.
Auch ein „Waldgeist“ wurde im Plimabachbett geschaffen und ein Kreis aus dunklen Steinen. Daneben war vor rund zwei Jahren ein Kreis aus schneeweißen Marmorfindlingen angelegt worden, der heute noch zu sehen ist und – wie die Fußpfade verraten – mittlerweile oft besucht wird. Im westlichen Teil des Hofes von Schloss Goldrain stellten die Kunstlehrer Stelen und Landschaftsfenster aus Naturmaterialien auf, die dort noch für einige Wochen zu sehen sind. Auch bei diesen Arbeiten wurde großer Wert auf die Qualität gelegt. Eines der größten Anliegen der Pädagogischen Ideenwerkstatt BAGAGE ist es, Kunst und Pädagogik zu verbinden und für einen schöpferisch-pädagogischen Ansatz im Kunstunterricht einzutreten.
Das von den Lehrpersonen Erlernte soll nun in den Unterricht hineingetragen und umgesetzt werden. Im Zeitraum zwischen dem „Baustein 4“ (Formen, Plastizieren und Werkstattarbeiten), der Ende Juli in Freiburg stattfindet, und dem „Baustein 5“ (Lernspuren sichtbar machen), mit dem die fünfteilige Kursfolge im Februar 2007 in Tramin abgeschlossen wird, soll an den Schulen je ein eigenständiges Projekt zum Thema „Arbeiten in der Natur“ durchgeführt und dokumentiert werden. Die ersten zwei Bausteine (Lernen und Kreativität; Farbe und Techniken der Malerei) haben bereits im Oktober 2005 im Bildungshaus Schloss Goldrain bzw. im März 2006 in Freiburg stattgefunden.
Vier der Kursfolge-Teilnehmer stammen aus dem Vinschgau: Ludwig Schöpf, Helga Stecher, Brigitta Kuenz und Lidia Zanella.
Josef Laner