Interreg-Forschungsprojekt „HISGEN“ an der EURAC erfolgreich abgeschlossen
Publiziert in 45 / 2007 - Erschienen am 19. Dezember 2007
Bozen/Vinschgau - Breits im Sommer konnte das mit Interreg-Finanzierung geförderte Projekt „HISGEN“ (Historisch-genealogische Forschung im rätoromanischen Kulturkreis Südtirols und Graubündens) am Institut für Genetische Medizin der EURAC mit der Herausgabe einer 160 Seiten umfassenden Publikation erfolgreich abgeschlossen werden.
Die Forschungsgruppe um den Koordinator und Leiter des Interreg-Projektes, dem Historiker Gerd Klaus Pinggera, beschäftigte sich mit der Erhebung der Genealogien im ladinischen La Val/Wengen und im Graubündner Grenzort Müstair.
Pinggera hatte bereits ein Jahr zuvor im Rahmen seiner 4-jährigen historisch-genealogischen Arbeit am Institut für Genetische Medizin mit der Herausgabe der Publikation „Gene und Geschichte“ die Theorie der Mikroisolatforschung aus geisteswissenschaftlicher Sicht genauer dargelegt.
Als Mikroisolate, oder allgemein als „Isolated populations“, werden von der medizinisch-genetischen Froschung Bevölkerungen bezeichnet, die über Jahrhunderte abgeschieden und relativ autonom lebten. Die Vinschgauer Gemeinden Stilfs, Graun/Langtaufers und Martell erfüllen neben anderen Südtiroler Gebirgssiedlungen jene Kriterien, die zur Bestimmung eines Mikroisolates notwendig sind, sie waren daher auch Untersuchungsorte von „Genova 2002-2005“. Die historisch-genealogische Forschung ist eine wesentliche Säule dieser weltweit noch jungen wissenschaftlichen Disziplin. So konnte Pinggera unter anderem durch die Erstellung eines umfassenden Stammbaumes dazu beitragen, dass der 1. Gen-Locus (Restless legs/Syndrom der unruhigen Beine) in einer Familie der Mikroisolate des Vinschgaus gefunden werden konnte. La Val im Gadertal sowie Müstair (Graubünden) sind rätoromanische Kultur- und Sprachinseln, deren besondere Eigenart durch eine in vielen Generationen dort ansässigen Bevölkerung geprägt wurde. Die Position in politischen und ökonomischen Grenzräumen hatte letztlich auch das Entstehen kultureller und sprachlicher Grenzbezirke zur Folge. Im Rahmen eines Interreg- Kooperationsprojektes, das zwischen dem Institut für Genetische Medizin und dem Regionalverband Val Müstair mit Claudio Gustin realisiert wurde, war es möglich, historisch-genealogische Studien durchzuführen. Demografische Auswertungen beleuchten in der vorliegenden Schrift die Bevölkerungsstruktur dieser Grenzräume innerhalb des Zeitraumes 1800-1920 und stellen sie in einen kulturgeschichtlichen Kontext. Weitere Beiträge zur Geschichte des rätoromanischen Kulturraumes und ein umfangreicher Bildteil ergänzen die Publikation.
Der Geschichtswissenschaft öffnete Gerd Pinggera über das interdisziplinäre medizinisch-genetische Institut an der EURAC, das Peter Pramstaller leitet, einen neuen interessanten wissenschaftlichen Zugang zur umfassenderen Sozial- und Kulturgeschichtsforschung der alpinen Gebirgssiedlungen. Die umfangreichen Datensätze zur Genealogie stehen nun dem Institut zu weiteren Forschungen zur Verfügung.
Pinggera wird sich nun neben seiner Unterrichtstätigkeit weiterhin mit der Erforschung der Kultur- und Sozialgeschichte alpiner Gebirgssiedlungen und der historischen Mikroisolatforschung beschäftigen.
Bleibt zu hoffen, dass dieses und weitere Projekte die bisher erfolgreiche interdisziplinäre Arbeit an der EURAC beleben und dass sich vielleicht auch die Chance für die Einrichtung einer Forschungsstelle zur Kultur- und Sozialgeschichte alpiner Berggebiete in Südtirol ergibt.