Puschtra Wind weht durch Partschins
Publiziert in 18 / 2006 - Erschienen am 13. September 2006
Am 31. August fand in der Bibliothek von Partschins eine Begegnung mit dem „Puschtra“ Schauspieler und Sprachspieler Sebastian Baur statt. Dem Publikum war eine Lesung der besonderen Art versprochen worden und das war sie, in der Tat. Eingeladen hatten die Öffentliche Bibliothek von Naturns und die Öffentliche Bibliothek von Partschins-Rabland, persönlich vertreten durch die beiden Bibliothekarinnen Alma Svaldi und Barbara Rechenmacher.
Wolfgang Sebastian Baur ist 1950 in Toblach geboren, hat seine Heimat jedoch schon als junger Mann verlassen. In Salzburg, Paris und Berlin hat er Linguistik, Anglistik, Romanistik und Philosophie studiert. Am Max Reinhardt Seminar in Wien und am Lee Strasberg Theatre Institute New York hat er die Schauspielerausbildung absolviert, in New York, Berlin, München, Wien und Prag widmete er sich der Gesang- und Stimmausbildung. Mimik hat er in Paris und Tanzen in Köln und Wien gelernt. Er lebt seit vielen Jahren in Berlin, arbeitet als Übersetzer, freier Autor, Schauspieler, Rezitator und lehrt an der Freien Universität Berlin. Er spricht Englisch, Französisch, Italienisch und Jiddisch. In seinem Buch „Puschtra Mund Art“ versucht Baur, die Sprache seiner Kindheit als Dichtungssprache urbar zu machen und beweist, wie im Zeitalter der Regionalisierung Europas der Dialekt eine Rennaissance als Sprache der Selbstfindung erlebt. Das Buch hat er „fi di goia hilda mai mamme unt fi n leara peppe main tatte“ gewidmet. Es beinhaltet eigene Dichtungen, Übertragungen von Gedichten von HC Artmann, mit dem Baur eine enge Freundschaft verband, aus dem Wienerischen ins Puschterische und Gedichte aus dem Jiddischen. Baur versucht stets, Form, Metrum und Gefühlslage des Originals beizubehalten. Sein Dorf Toblach mit 1500 Einwohnern ist zur „Großstadt“ geworden, wo früher sein geliebter Teich war, steht heute eine Fabrik, seine Natur ist einbetoniert worden. Er ist inmitten einer Dorgemeinschaft aufgewachsen, hatte viele Großmütter und Tanten. Für Baur identifiziert sich die Welt des kleinen Dorfes mit der Welt der Dichtung. Die alten Leute, die alles von der Welt wussten, obwohl sie niemals aus dem Dorf herausgekommen waren, waren seine Familie. Menschen, die Probleme haben, sind für den Dichter die ergiebigsten Figuren, die, bei denen es vorne und hinten nicht stimmt „vor lauter schiffrich“. Er schreibt über das Dorfleben, die Natur, die Liebe und den Sex und zeigt wie ausdrucksvoll in der Mundart mit wenigen Worten Begebenheiten, Beobachtungen und Wünsche dargestellt werden können:
„...schperr nie a herz in a schtaige wail sem maan e lepp s nimma long“.
Sebastian Baur hat es verstanden, das zahlreich erschienene Publikum zu begeistern.
Christel Strasinsky