60 Jahre Freude am Durst
Publiziert in 45 / 2011 - Erschienen am 15. Dezember 2011
Latsch – Es war die besondere Jubiläumsfeier eines besonderen Betriebes an einem besonderen Ort. Die Firma „Schweitzer Getränke“ wurde 60 und lud alle auffindbaren, ehemaligen Mitarbeiter in die Lagerräume des früheren Firmensitzes in der Latscher Kugelgasse.
Es waren mehr als 120, die sich mit dem Motto der Firma Schweitzer „Freude am Durst“ identifizierten. Das stärkste Kontingent bildeten die Kugelgassbewohner, die sich von Karlheinz Steiners Arrangements in Stimmung bringen und von den Köstlichkeiten seines Teams verwöhnen ließen. Die rauschende Betriebsfete mit Festtafel in den Lagerräumen und der Kellerparty zwischen Holzfässern und Korbflaschen war dem beharrlichen Bohren zweier prominenter Latscher zu verdanken. SVP-Obmann Richard Theiner und das Mitglied der Landesleitung im Weißen Kreuz, Helmut Fischer, hatten die Sommerjobs in ihren Oberschuljahren nicht vergessen. Sachte und sanft hatten sie Geschäftsführer Roman Schweitzer an die Möglichkeit eines gemütlichen Treffens ehemaliger Mitarbeiter erinnerte. Als dessen Mitarbeiterin Hildegard Gerstl im Latscher Dorfbuch das Gründungsjahr 1951 entdeckte, war der Funke übergesprungen. Aus der Marende wurde eine Jubiläumsfeier und beinahe wäre das perfekte Timing geglückt, denn zwei Tage vor dem Festtermin am 10. September 2011 wäre Hermann Schweitzer, Betriebsgründer und Vater von Roman Schweitzer, genau 100 Jahre alt geworden.
Schweitzer war genau 40, als er 1951 in Latsch die Einzelfirma für Wein- und Obsthandel eintragen ließ und er war 46, als er von der Kugelgasse aus mit seinem PKW „Balilla“ Sodawasser, Kracherlen (Aranciata) und Limonade ausfuhr. Als Inhaber einer Verteilerkonzession der Brauerei Forst belieferte er mit dem Kleinlaster vom Typ „Fiat 615“ das Gebiet zwischen Martell und Töll mit Hopfen- und Gerstensaft. Es waren nur mehr wenige Mitarbeiter beim Fest in der Kugelgasse dabei, die sich an diese „Urzeiten“ erinnerten, aber umso interessierter und gespannter lauschte man ihren Erzählungen. Einer der „ganz Alten“ war der Bäckermeister Raffl Egger, der in der Nachbarschaft aufgewachsen und seine ersten Lire „beim Schweitzer“ verdient hatte. „Um 4 Uhr morgens haben wir angefangen auszufahren und um 22 Uhr waren wir oft noch nicht zu Hause“, erzählte er. „Aber wir waren ganz schön cotto.“ Damals tauchte in der Untervinschger Umgangssprache der Begriff „Schweitzerbank“ auf. Nicht ein Geldinstitut der nahen Schweiz ist gemeint, sondern die von Schweitzer gelieferte, schmale Klappbank für Gartenfeste. Sie wurde sprichwörtlich. In den Pausen habe man es sich darauf gemütlich gemacht, meinte Helmut Fischer in seinem Reim: „Viele Summer hob einige va ins do verbrocht, fleißig gorbatet, obr a oft glocht“. Er und sein Jahrgangskollege, Richard Theiner, hatten allerdings ihren Oberschul-Schweiß erst nach dem Umzug in die Latscher Industriezone im Jahre 1975 vergossen.
„Wenn miar nit grod hobn Aranciata gmocht, so hob mar die Getränke za di Kundn gebrocht. Zum ersten Mol hob mar a eppes von der Welt g‘sechn, denn do isch ollerhond g‘schechn“, rezitierte Fischer zur musikalischen Begleitung mit Harfe, Zither, Flöte und Ziachorgl und drückte die wirtschaftliche Bedeutung der Firma Schweitzer für einen Großteil der heranwachsenden Latscher so aus: „A schianer Moment in insern Lebn, wenn ins die Firma Schweitzer in Luan hot gebn.“
Günther Schöpf