Im Schlandrauntal wird vorerst weiterhin die Natur die Oberhand behalten; Foto: Simon Rechenmacher

Das Schlandrauntal bleibt vorerst so wie es ist

Publiziert in 41 / 2007 - Erschienen am 21. November 2007
Schlanders – Aus dem Bau eines Staubeckens im ­Schlandrauntal wird vorerst nichts. Zur Studie der Arbeits­gruppe bezüglich einer kombinierten Nutzung der Gewässer im Schlandrauntal sind nur negative Stellungnahmen für bauliche Maßnahmen eingegangen. Es ist daher anzunehmen, dass die Gemeindeverwaltung bei der Bürgerversammlung, die am Donnerstag, 6. Dezember um 20 Uhr im Kulturhaus von ­Schlanders stattfindet und bei der die Wassernutzungsstudie im Mittelpunkt steht, vorschlagen wird, dass im Schlandrauntal vorerst keine baulichen Eingriffe vorgenommen werden sollen. Die ­Studie dürfte somit wohl in einer Schublade verschwinden und – wenn überhaupt – erst von künftigen Verwaltungen ­wieder hervorgeholt werden. Wie berichtet, wurde die Studie von einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern der Gemeinde und mehreren Experten, im Auftrag der Gemeinde erstellt. Drei Lösungsansätze wurden erarbeitet. Ziel war es, Lösungen für eine bessere Wassernutzung vorzuschlagen. Dabei sollten sowohl die Trinkwasserversorgung garantiert, die landwirtschaftliche Bewässerung gewährleistet, die vorgeschriebene Restwassermenge eingehalten und zudem noch Strom aus der Wasserkraft produziert werden. Der erste Lösungsvorschlag sieht keine baulichen Maßnahmen vor, sondern lediglich eine Neuregelung der Konzessionen. Eine solche Neuregelung würde die Restwasserproblematik nach Ansicht der Arbeitsgruppe aber nicht lösen. Im zweiten Lösungsansatz werden Instandhaltungs- und Automatisierungsmaßnahmen vorgeschlagen sowie auch der Bau weiterer Tiefbrunnen. Fest steht, dass die Waale sich in einem guten Zustand befinden und vorbildlich in Stand gehalten werden. Größere bauliche Maß­nahmen sehen die zwei Varianten des 3. Lösungsvorschlages vor. In der 1. Variante ist der Bau eines Wasserspeichers mit ­einer Kapazität von 95.000 Kubikmeter im Bereich zwischen der ­Schlanderser und der ­Kortscher Alm bei gleichzeitigem Bau eines Pumpspeicherkraftwerkes zur Finanzierung des Wasserspeichers vorgesehen. Von der 2. Variante (Wasserspeicher mit einem Volumen von 500.000 Kubikmeter) hat die Arbeitsgruppe selbst abgeraten, denn der Eingriff in die Landschaft wäre enorm und das Naturgefahrenrisiko viel zu hoch. ­Lawinenverbauungen wären bei beiden Varianten notwendig, natürlich in unterschiedlichem Ausmaß. Von der Arbeitsgruppe und auch von der Gemeinde­verwaltung wird die 1. Variante des dritten Lösungsvorschlages favorisiert. Die Konzessionäre bzw. die direkten Nutzinteressenten sind damit aber ebenso wenig einverstanden wie mit anderen baulichen Eingriffen, schon gar nicht mit der 2. ­Variante. Der Ortsbauernrat von Kortsch hat sich in einer gemeinsamen Sitzung mit allen Kortscher Nutzinteressenten einstimmig für den ersten Lösungsansatz entschieden, der keine baulichen Maßnahmen vorsieht. Die Landwirtschaft habe zwar große Probleme mit der Wasserschüttung, doch der Bauernrat hofft, dass die Höfe mit einem besseren Wassermanagement unter ­allen Konzessionären im Schlandrauntal, der Optimierung der Bewässerung der Fluren und der elastischen Handhabung der Restwassermengen auch in nächster Zukunft zeitgemäß bewirtschaftet werden können, und dass das Schlandrauntal vor jeglichen Eingriffen bewahrt bleibt. Sollte die Zukunft Veränder­ungen bringen, werde es der nächsten Generation obliegen, über die Lösungsansätze 2 und 3 zu diskutieren. Seit Gener­ationen haben die Kortscher Bauern durch die Bewirtschaftung des Schlandrauntales (Almwirtschaft, Jagd und ­Fischerei, Waale) das Tal so mit gestaltet, wie es heute ist, nämlich ein Juwel der Unberührtheit in der Südtiroler Bergwelt. Schon in der Vergangenheit hätten sich die Bauern erfolgreich gegen größere Eingriffe zur Wehr gesetzt. Gegen jegliche größere Baumaßnahmen hat sich auch die Fraktionsverwaltung Kortsch ausgesprochen. Ein Natur­staubecken wäre mit der einzigartigen Schönheit des ­Schlandrauntales vielleicht noch in Einklang zu bringen, nicht aber die notwendige, massive Lawinenschutzverbauung. Die Zeit, über solche Eingriffe zu entscheiden, sei noch verfrüht. Den Entscheidungen der Wasserkon­zessionäre müsste ein Leitbild für das Schlandrauntal vorausgehen. Bei der Erstellung desselben sollten alle Bürger der Gemeinde mitreden können. Als Besitzerin des Kortscher Gampens bzw. der Kortscher Alm, wo der Standort des Wasserspeichers vorgesehen ist, wäre die Fraktion ­Kortsch die Hauptleidtragende von baulichen Maßnahmen. Weiters verweist das Verwaltungskomitee der Fraktion auf die emotionale Bindung der Bürger an die unberührte ­Kortscher Alm. Die vergangenen Jahrzehnte hätten gezeigt, dass die aufdiktierte Restwassermenge vor allem im Frühjahr für höchstens vier Wochen nicht eingehalten werden kann. Die Fraktion fordert daher, dass den Konzessionären geholfen wird, damit dieses Restwasserdiktat, das den klimatischen Gegebenheiten des Vinschgaus in keiner Weise Rechnung trage, zumindest für die wasserarme Zeit ausgesetzt wird. Es könne nicht im Sinne des Umweltschutzes sein, dass eines der letzten intakten Alpentäler nur deshalb zerstört werden muss, um für die ­wenigen wasserarmen Monate im Frühjahr die Restwassermenge garantieren zu können. Auf keine Zustimmung für bauliche Maßnahmen im bisher weitgehend unberührten Schlandrauntal stößt die Studie auch bei der Schlandraun-Alpeninteressentschaft ­Schlanders. Die Politik dürfe nicht zulassen, dass in einem solchen Tal bzw. im Vinschgau insgesamt, wo europaweit am wenigstes Niederschläge fallen, die Restwassermengen einzuhalten sind. Trotz der geringen Niederschläge sei die Wasseraufteilung unter den vielen Konzessionären in den letzten 30 Jahren friedlich und für alle zufrieden stellend verlaufen. Bedauert wird, dass die Fischerei, der es um das Restwasser gehe, zum reinen Sport ausgeartet sei. Die Zahlwaalinteressentschaft Kortsch hält fest, dass sie in den letzten Jahren große Investitionen getätigt und die Beregnungsanlage den neuen Erfordernissen angepasst hat. Die Studie der Arbeitsgruppe entspreche in keinster Weise den Vorstellungen der Zahlwaalinteressentschaft. Eine Kleinstauung (95.000 Kubikmeter) würde das Problem der Wasserknappheit im Frühjahr mit oder ohne Restwasser im Bachbett nicht lösen. Eine Großstauung (500.000 Kubikmeter) würde dieses Problem zur zum Teil lösen. Zudem gingen in einem solchen Fall durch die Stauung und die massiven Lawinenverbauungen Weideflächen verloren. Nicht sinnvoll wird auch der Bau eines Pump­speicherkraftwerkes erachtet. Der derzeitige Dialog unter den Wasserkonzessionären sei gut und ermögliche in Absprache aller Konzessionäre eine zufrieden stellende Über­brückung der wasserarmen Zeit. Die Restwasservorgaben sollten den niederschlagsärmeren Gebieten angepasst werden. Es könne nicht sein, dass ein Megaspeicher in einem einzigartigen, beinahe unberührten Hochtal errichtet wird, nur um die Restwassermengen in Trockenzeiten zu erfüllen. Die Interessantschaft kommt zum Schluss, dass es derzeit nicht sinnvoll ist, in das sehr sensible Gefüge der Wassernutzung im Schlandrauntal, das die Vorfahren erarbeitet haben, einzugreifen. Ganz klar gegen jede Ver­bauung im Schlandrauntal hat sich bekanntlich auch die Liste „Für Schlanders – Per ­Silandro“ ausgesprochen. Erklärte Gegner sind unter anderem auch die Jäger und der AVS.
Josef Laner
Josef Laner

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