Konrad Meßner: „Das Festival XONG ist durch den Verein ‚arcus raetiae’ allein nicht mehr zu tragen“

Dem Alltag in den Hintern treten und frischen Wind in die Bude blasen

Publiziert in 28 / 2009 - Erschienen am 22. Juli 2009
Schluderns – Als Festival-Narr hat der Wahl-Münstertaler Günther Baldauf die Aufgabe, überall dort aufzutreten, wo ein „freier Geist und frischer Mut von Nöten sind“, um „dem Alltag in den Hintern zu treten“. Wenige Tage vor der Eröffnung der 11. Ausgabe von XONG saß er „in Zivil“ im Barocksalon der Churburg und war bereit, alles von Ratschlägen bis Kritik anzuhören. Es ging um die zukünftige Ausrichtung von XONG, wenn nicht gar um die Zukunft, und um die Frage, ob es „ohne Kultur“ wirklich „keinen Kas“ gibt. Mit ihrem Hofnarren saßen Ideenfinder und XONG-Gründer Konrad Meßner, Mitstreiter Alexander Agethle aus Schleis und der Vertreter von XONG Österreich, Hermann Klapeer aus ­Nauders, erwartungsvoll im ­Salon. Senator Manfred Pinzger hatte die Rolle des Vermittlers übernommen. Die XONGler erwarteten Stellungnahmen und ­Motivationsschübe von Landesrat Richard Theiner, Landtagsabgeordneten Sepp Noggler, den Bürgermeistern Hermann Fliri (Taufers), Erich Wallnöfer (Glurns), Hubert Pinggera (Prad), dem Vizegemeindepräsidenten aus Müstair, Aldo Rodighiari (Fuldera), dem Sekretär der Bezirksgemeinschaft „Pro Engadina Bassa“, Peter Rauch, dem Präsidenten des Tourismusverbandes Vinschgau, Hansjörg Dietl (Latsch), dem Geschäftsführer des Tourismusverbandes Tiroler Oberland, Johannes Sarsteiner (Ried), dem Bauhüttenmeister des Klosters Müstair, Jörg Goll, und den Gemeindereferentinnen Sibille Tschenett (Mals), Roselinde Gunsch Koch (Taufers), Anni Thaler (Schluderns) und Helga Mall Zangerle (Laas). Konrad Meßner führte mit einem Geständnis ein: „Wir­ ­haben uns nie um die politische Lobbyarbeit gekümmert. Das war und ist ein Fehler“ und stellte klar, „arcus raetiae“ sei ein Kultur- und kein Freizeitverein. „Wir wollen weder Spaßunterhaltung, noch ein attraktives touristisches Angebot bieten. Wir wollten anregen, sich mit den vorhandenen ­Ressourcen auseinanderzusetzen durch Abstand, Irritation und Vision.“ Abstand sei nötig, um den Wert des uns Umgebenden wieder zu schätzen, erklärte der Kulturvermittler. Ohne Irritation gäbe es keinen Fortschritt, behauptete Meßner und verwies auf den Elefanten, der vor Jahrzenten durch Lichten­berg gezogen sei und der den Menschen in Erinnerung geblieben sei. Die Vision bestünde in der klaren Perspektive, dass ungeheures Potenzial an Landschaft und Leuten zwischen Müstair, Vinschgau und Oberes Gericht vorhanden sei. Gerade das heurige XONG-Thema „Streiten“ sei aus der Vielfalt der Grenzregionen verständlich und nachvollziehbar, zeigte sich Meßner überzeugt, und fruchtbringend werde es in dem Moment, in dem nicht Positionen verteidigt, sondern die Streitenden auf die Position des anderen neugierig würden. Nach der Einleitung folgte so etwas wie ein Impulsreferat. Gemeindepräsident Alois Ebneter aus Alt St. Johann im Kanton St. Gallen stellte die Erfolgsgeschichte eines Projektes vor, das „in der Bevölkerung verankert“ ist. Mit „Südkultur“ wollten sich 17 Gemeinden der Region Toggen­burg beweisen, dass Kultur einen Mehrwert schaffen kann. ­Allein der „KlangWeg“ habe als Sub-­Projekt des Sub-Projektes „KlangWelt Toggenburg“ in kürzester Zeit eine Wertschöpfung von 400.000 Franken gebracht. Über ein Regio plus Programm, über Förderverein, Sponsoren, Gemeinden und Kanton seien in sechs bis sieben Jahren mehr als neun ­Millionen Franken in die Region geflossen und 20 Arbeitsplätze in einer Gemeinde mit 1.500 Einwohnern gesichert worden. Manfred Pinzger stellte in der Diskussion fest, dass XONG „von außen sehr positiv gesehen wird, weniger von den Einheimischen“. Die Vertreter des Tourismus glaubten, XONG verkaufe sich unter Wert, aus der Öffentlichkeitsarbeit entstünden wenig Impulse, der touristische Nutzen stecke in den Anfängen. Es sei kaum Nachhaltigkeit festzustellen, meinte ein Vertreter aus der benachbarten Schweiz, dadurch würden politische Instanzen nicht hellhörig. Nach Bürgermeister Pinggera müsste XONG öfter präsent sein. Es wurde auch das verstärkte Einbeziehen örtlicher Vereine angesprochen. XONG müsse anders erfahren werden; es sei nicht irgendeine Veranstaltung, gab Festival-Narr Baldauf zu bedenken. Kulturreferentin Roselinde Koch hatte in ­Taufers sehr wohl XONG-Tourismus festgestellt. Landtagsabgeordneter Noggler sprach die Finanzierung an: „Wie viel ist uns XONG wert?“ Konrad Meßner erinnerte, dass XONG 250.000 Euro koste und dass acht Mal so viel in die Region zurückfließe. Nach Jungbauer Agethle habe XONG mit einem gehobenen Programm ein bestimmtes Publikum erreicht. „Die Frage ist, wie viel Musikantenstadel lassen wir aufkommen?“ Landesrat Richard Theiner: „XONG übt eine gewaltige Faszination aus, ist zum Beispiel im Untervinschgau kaum bekannt. Jetzt ist ein Punkt gekommen, an dem man nachdenkt, was XONG ist und wohin es will. Als politischer Vertreter reagiert man auf möglichst breite Zustimmung.“ Kulturreferentin Sibille Tschenett: „Das Festival ist aus der Idee weniger Köpfe entstanden, hat sich aber trotzdem hervorragend entwickelt.“ „Der Verein ‚arcus raetiae’ ist nicht darauf aus, XONG als sein Eigentum zu betrachten und zu behalten. Es geht um die Idee und um das Bewusstsein für die Ressourcen durch die drei Grenzen“, versuchte Konrad Meßner zu klären. Ein weiteres Treffen soll nun die Vertreterin der größten Obervinschger Gemeinde, Sibille Tschenett aus Mals, in die Wege leiten.
Günther Schöpf
Günther Schöpf

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