Der Vinschgau war noch nie so weiblich
Publiziert in 37 / 2007 - Erschienen am 24. Oktober 2007
Meran – Beinahe wären wir Miss geworden. Noch nie waren wir so nahe dran, so „gleim“, wie man im Tal sagt. Es war auch höchste Zeit. Wir Westtiroler haben immer noch einen bitteren Nachgeschmack im Mund und die Diskussion um den „Zivilstand“ von Deborah Piffer oder – brandaktuell – die „Millimeter-Affäre“ der hübschen Kortscherin Caroline Gruber werden wir nicht vergessen. Diesmal hatten wir wirklich drei heiße Eisen im Feuer. Und wie sie uns vertreten haben, die drei Vinschgerinnen, die selbstbewusst im Meraner Kurhaus über den Laufsteg schritten, nein schwebten. Angehörige und Freunde bevölkerten Saal und Galerien und zirkulierten unter den Reichen und Schönen. Die Spannung stieg, als der obere, der mittlere und der untere Vinschgau auch in der zweiten Runde noch vollständig im Rennen lagen. Schon mit den ersten fünf „Eliminierten“ wurde deutlich, dass es nicht der Abend der Blondinen sein würde. Dann schlug das Schicksal in der Person des ORF-Starmoderators Christian Clerici zu. Stephanie Gapp aus Tabland musste mit drei Mitkonkurrentinnen die Bühne verlassen. Für Sonja Joos aus Langtaufers und Hana Selmanovic aus Latsch ging der Traum weiter. Sie gehörten zu den sechs schönsten Mädchen Südtirols und machten – salopp, aber treffend gesagt – eine „Super-Figur“. Aber, wie soll Heidi Klum gesagt haben? - „Es kann nur eine werden“. Wieder mussten drei Mädchen Haltung bewahren, die Mundwinkel hoch halten und in die Fernsehkameras lächeln. Andrerseits war ihnen auch Erleichterung anzusehen. Wir haben die Erfahrung gemacht, mögen sie gedacht haben, haben interessante Menschen kennen gelernt, haben zu den Vorausscheidungen wunderschöne Kleider getragen, haben an den Wochenenden im Bozner Master-Club beinhart trainiert und haben in Seis das Fotoshooting mitgemacht. Ausgerechnet nach ihrem schönsten und gelungensten Auftritt im extravaganten Brautkleid musste Sonja Joos aus dem Rennen scheiden. Dann wurde es still im Saal; für die vielen Vinschger im Kurhaus schien sich eine Sensation anzubahnen. Sie wird’s! raunte es an manchen Tischen. Zu gut war der Eindruck, den die dunkle Hana aus Latsch neben Julia Kofler und Bettina Ruatti machte. Als die Entscheidung durchgegeben war, vergaß das Publikum einen Moment zu klatschen. Erst als die Blumensträuße verteilt waren, Bettina Ruatti aus Laag ihr Krönchen hatte und die beiden Mitfavoritinnen gratulieren konnten, wurde allen im Saal die unerwartete Entscheidung bewusst. (s)
Die Tablanderin Stephanie Gapp ist im Sternzeichen „Zwilling“ vor 19 Jahren geboren, war mit ihren 1,80 Meter die größte im Wettbewerb und macht als Schülerin der Lewit in Meran gerade ein Praktikum im Altersheim von Naturns. Ihr Traumberuf wäre Architektin und am wohlsten fühlt sie sich in ihrer Familie. Mamas „Spinatspatzlen“ schmecken ihre am besten. Sehr gern fährt sie mit dem Freund auf dem Motorrad durch die Gegend, die in Südtirol ohnehin am schönsten ist und schaut am Samstagabend gern beim „Blauen Schiff“ in Lana vorbei oder überall dort, wo was los ist oder wo „AC/DC-Musik“ erklingt.
Sonja Joos war die Gran-Dame unter den Missen, nicht wegen der 1,78 Meter, sondern weil ihre Geburt als grenzenlos neugieriger „Zwilling“ schon 25 Jahre zurück liegt. Sie ist im Weiler Malsau, in Langtaufers, aufgewachsen, hat als Speditionskauffrau LKW’s beladen, wurde kaufmännische Angestellte in einer Schweizer Firma für Designer-Stoffe, lebt und wohnt derzeit in St. Gallen und vertreibt Textil-Produkte in Italien, Spanien, Mexiko, Australien und New York. Ihre Lieblingsreiseziele liegen alle in warmen Zonen; am liebsten würde sie nach Spanien fahren. Von Heidi Klum ist sie beeindruckt. Sie hört gern Musik der Gruppa Vida aus Sardinien, schätzt Nudelgerichte über alles und unterhält sich an freien Samstagabenden am liebsten in Zürich.
Hana Selmanovic ist mit 1,73 Meter die kleinste der erfolgreichen Vinschgerinnen und entstammt einer durch und durch sportlichen Familie. Ihr Vater, Rasim, ist als Fußballlegionär 1983 von Bihac in Bosnien-Herzegowina nach Meran gekommen. Als seine Frau Senada schwanger wurde, war von Anfang an klar, ihr erstes Kind im Land der Väter, im Grenzstädtchen zu Kroatien, auf die Welt zu bringen. Hana wurde also in Bihac am bosnischen Feiertag der Frau des Monats März 1989 geboren und verbrachte ihre ersten Jahre in Meran. Später entstanden Kontakte zur Fußballsektion in Latsch und die Familie zog in den Vinschgau. Hana ist Schülerin der Fachoberschule für Soziales mit Ausrichtung Fremdsprachen und Touristik in Meran und hat heuer ein Praktikum in der Grundschule Latsch gemacht. Irgendwann irgendwie etwas mit Mode machen zu können, wäre ihr Berufstraum. Die erfolgreiche Leichtathletin muss ihre sportlichen Aktivitäten derzeit aufs Tanzen beschränken. Für ihr Leben gern isst sie Krabben, hört „House-Musik“ und das am liebsten im Aprés in Gargazon. Einen Urlaub möchte sie auf den Malediven verbringen. Die Vorbereitungen an Wochenenden in Bozen und in Seis waren für die Fahrschülerin aus Latsch sehr anstrengend, aber natürlich freut sie sich jetzt über die Produkte von Naturalia, die Digital-Kamera, die Gutscheine fürs Wellness-Wochenende, fürs Schminken und für den dreimonatigen Besuch des Master-Clubs in Bozen. Überrascht ist sie, wie offen plötzlich die Latscher sind und dass sie sogar der Gemeindeausschuss gratuliert hat.
Günther Schöpf