Der Vinschgau wurde heißer und feuchter
Publiziert in 14 / 2011 - Erschienen am 13. April 2011
Tschengls – Die Außentemperatur in Tschengls betrug gefühlte kühle 12 Grad, als am 30. März das Obervinschger Wetter so richtig unter die Lupe genommen wurde. Organisiert vom Bauernbund Tschengls, unter der Obmannschaft von Florian Peer, klärte Meteorologe Daniel Schrott vom Südtiroler Wetterdienst einiges an Zusammenhängen, vieles an Neuigkeiten, manches an Erstaunlichem: Der Vinschgau wurde in den letzten Jahrzehnten nicht nur heißer, sondern auch feuchter!
Das Klima, eine über 30 Jahre andauernde Betrachtung der Wetterverhältnisse, stand im Mittelpunkt des Referenten Daniel Schrott, selbst ein „halber Vinschger“, der in seiner Kindheit im Vinschgau viel Zeit verbrachte. In den kommenden Jahrzehnten werde ein weiterer Anstieg der Temperaturen weltweit erwartet, dem sich auch der Vinschgau nicht entziehen könne. Doch wie sich die bislang vermehrte Feuchtigkeit in Zukunft entwickeln wird, vermögen die Experten nicht zu prognostizieren. Interessant ist diese These vor allem deshalb, weil in Südtirol ausschließlich der Vinschgau feuchter wurde. Ist das menschengemacht? Sprich: Obstbau und Beregnungsanlagen, Aufforstung der Wälder? Oder sind etwas ungenaue Daten früherer Messungen an dem Phänomen steigender Feuchtigkeit schuld? Darüber sind sich die Meteorologen noch nicht einig.
Das inneralpine Trockental Vinschgau, gekennzeichnet durch geringe Niederschlagsmengen mit den individuellen Ober- , Unter- und Föhnwinden, ist in den Alpen ziemlich einzigartig, vergleichbar am ehesten noch mit dem Wallis und dem Aostatal. Laas ist dabei, so haben Messungen gezeigt, der trockenste Ort des gesamten Alpenraums mit nicht einmal 500 l/m² Regen im Jahr. Während die Ortlergruppe und die Ötztaler Alpen viel Niederschlag abhalten, ist ansonsten vor allem die Form des Tales für die einzigartigen klimatischen Bedingungen verantwortlich. Gerade der Gadria Murkegel ist mitverantwortlich für die Bildung und das Aufstauen eines Kaltluftsees in den Nächten, während es in Schlanders deutlich milder bleibt.
Während bis in die 70er Jahre die Temperaturen relativ konstant waren, zeigt sich weltweit ab den 80er Jahren ein Trend, der auch den Vinschgau betrifft. Sprunghaft schossen die Temperaturen in die Höhe, auf den Diagrammen nannten die Wissenschaftler der ersten Stunde diese Kurve deshalb „Hockeystick,“ also Hockeyschläger. Das waren 0,5 Grad bis 1 Grad Temperatursteigerung pro Jahrzehnt! Gepaart mit der überdurchschnittlichen Sonnenscheindauer im Vinschgau juchzt der werdende Hobbyweinbauer heimlich: Nur zu und weiter so!
Der Wein war auch thematischer Abschluss von Obmann Florian Peer, der sich für den Vortrag bedankte: Mit Marillen fing es an, die Äpfel seien die Zeichen der Gegenwart und der Wein die Sprache der Zukunft. Wer sich für das Wetter des Tages und der Woche interessiert, für den bieten die Wettermenschen Dieter Peterlin, Günther Geier und Daniel Schrott vom Südtiroler Wetterdienst werktags morgens um 7.30 und um 11 Uhr die aktuellen Prognosen, sonn- und feiertags um 10 Uhr; Beratung über Telefon und Email inklusive. Die Internetseite des Wetterdienstes (www.provinz.bz.it/wetter) bietet seit Oktober 2010 auch Updates über die einzelnen Bezirke, der immer wärmer werdende Vinschgau mit eingeschlossen.
Katharina Hohenstein