Ein positives Menschenbild vermitteln
Publiziert in 9 / 2006 - Erschienen am 4. Mai 2006
Graun – In vier Arbeitsgruppen wurde bei der sogenannten Zukunftskonferenz an der Grundschule Graun gearbeitet. Diese wurde mit dem Thema „Schulen an der Grenze, Grenzen an der Schule“ am 28. und 29. April abgehalten. Zu dem Schulsprengel Graun, der zweitkleinste im Land, zählen die Grundschulen Reschen, Graun, Langtaufers und St. Valentin sowie die Mittelschule St. Valentin und die Erlebnisschule Langtaufers.
Die Arbeitsgruppen am Samstag waren gemischt, Lehrer und Kindergärtnerinnen arbeiteten etwa miteinander. Mit dabei waren auch der Direktor des Schulsprengels Nonsberg, Peter Gamper, und eine Lehrerin vom Nonsberg, Michaela Egger, sowie die Lehrer Chaspar Stuppan und Giancarlo Conrad aus der Val Müstair. Lehrer aus Nauders und Pfunds hatten zudem an der Tagung teilgenommen. Die Themen der vier Arbeitsgruppen waren zusammengefasst: zukunftsfähige Werte, Inhalte und Kompetenzen für Kinder und Jugendliche am Grenzgebiet; Zusammenarbeit zwischen Lehrern, Eltern, Schulverwaltung, Gemeinde und Vereine und den Nachbarn an der Grenze; unterschiedliche Erwartungen an die Schule und Bildungsträger sowie Herausforderungen über Nähe und Distanz in den kleinen Strukturen.
Der Direktor des Schulsprengels Graun, Reinhard Zangerle betonte, dass sehr gut gearbeitet wurde und viele Ideen entstanden sind. „Wie ein Teilnehmer gesagt hat, ist es nun wichtig, dass es nicht nur dabei bleibt, sondern dass Ergebnisse umgesetzt werden“. Den jungen Leuten ein positives Menschenbild zu vermitteln soll ein Anliegen sein sowie persönlichkeitsbildende, kulturelle und soziale Werte. Ganz wichtig sei die Teamfähigkeit. Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Vereine sollte gestärkt werden. Besonders intensiv sei die Diskussion und der Austausch über Bildung gewesen. Mitgearbeitet hatten auch Bürgermeister Albrecht Plangger und die zuständige Gemeindereferentin Karoline Gasser Waldner. Leider hatten sich zu wenige Eltern für die Arbeitsgruppen gemeldet, bemängelte der Direktor. Schüler der zweiten und dritten Klasse Mittelschule hatten das Büffet am Samstag betreut.
Eine Schülerin und ein Schüler hatten am Freitag die Zukunftskonferenz mit einem kleinen Sketch über die „Kompetenzen“ auf ironische Weise eröffnet. Das Gastreferat hatte der bekannte Professor Siegfried Winkler aus Nordtirol gehalten zum Thema „Schulen an der Grenze, Grenzen an der Schule“. Er blickte in die 200-jährige Geschichte der Institution Schule zurück und machte auf deren Wandel aufmerksam. Er sprach über das Auslaufmodell der Schule und über den Wandel des Bildungsbegriffes, über den heutigen Wert der Zeugnisse, über die Autonomie der Schule, über die Bildung, die „lebenslänglich“ dauere, über die Schule ohne Bildungsmoral, über das Mainstream „Gender“ (Männer – und Frauenbildung, Menschenbildung), über den Arbeitsplatz Europa und über Chancen und Gefahren an der Grenze, am Reschenpass. Winkler betonte beispielsweise, dass Stärken der Schüler ausgebaut und nicht Defizite ausgeglichen werden sollten. „Der alte Bildungskanon hat ausgedient,“ war eine weitere Aussage. Es gehe um das Lernen können und lernen wollen. Die Eltern spielen eine wichtige Rolle, sie sollten immer mehr in die Schule eingebunden werden. Die Familie trage dennoch weiterhin die Hauptverantwortung für ihre Kinder. Zur Bildung zählen heute noch Werte, sagte Winkler, auch wenn die Auffassung von Werten nun unterschiedlich sei. An der Grenze zu wohnen bedeute in kleinen behüteten Strukturen zu leben. Trotzdem könne niemand mehr davon ausgehen, in der Heimat bleiben zu können. Dieser Begriff habe sich gewandelt, da immer mehr auswärts gearbeitet werden muss. Wichtig sei, dass jeder Mensch sich geborgen fühlt, eine Nische hat.
Reinhard Zangerle erinnerte noch an die zentrale Frage „Was ist für unser Kind wichtig?“
Schriftliche Stellungnahmen und Videos zum Thema Schule und Bildung hatten bekannte Persönlichkeiten aus der Gemeinde zusammen gestellt: der Orthopäde und Unfallchirurg Günther Ziernhöld, der Autor Sepp Mall, der Geologe Martin Thöni, der Künstler Thomas Eller und die Professorin Anna Maria Picher Friedrich.
Daniela di Pilla