Ein Tauferer Biabl als Kochlegende in New York
Publiziert in 37 / 2011 - Erschienen am 19. Oktober 2011
Meran/Taufers i.M. - Als fruchtbarer Gourmet-Boden hat sich der Vinschgau noch nie gesehen. Als einmaliges Trockental oder Wiege vieler Künstler schon eher. Aber mit der hohen Kochkunst brachte man den Vinschgau nur in Ausnahmefällen in Verbindung. Dass die Vinschger Paarlen am 24. September 1989 in der New York Times erwähnt worden sind, ist nie bekannt geworden.
Dabei soll es nur ein „lediges Biabl“ aus Taufers im Münstertal gewesen sein. Andreas Hellrigl, 1932 geboren, 1940 an ein kinderloses Paar in Planeil vergeben, 1942 Zuhirte am Stierberg in Taufers, 1954 Küchenchef im Meraner Nobelhotel Mirabella, 1956 Fachlehrer im Hotel Minerva, Vorläufer der Hotelfachschule Savoy, 1959 Besitzer der Rotisserie Andrea in Meran, 1966 Initiator der Nord- und Südtiroler Spezialitätenwoche in Berlin, 1967 Kochvisionär in seinem zweiten Restaurant „Andrea“. 1970 erschien Hellrigls Kochbuch-Renner „Südtiroler Küche“. 1971 wurde Andreas Hellrigl Gründungspräsident des Südtiroler Köcheverbandes (SKV). 1974 wurde in seinem Meraner Gourmettempel – man lese genau – der „Verein zum Schutz der Kunst- und Kulturgüter im oberen Vinschgau“ gegründet. Gründungsmitglieder waren unter anderen Gustav Thöni, der Malser Künstler Karl Plattner und der Karikaturist Paul Flora. 1975 zelebrierte Andreas Hellrigl im Meraner Kurhaus die Hochzeit von Ingrid und Gustav Thöni. 1979 erwarb Hellrigl die Villa Kettler aus dem Jahre 1907 und ließ sie zur Villa Mozart umbauen. 1985 bewirtete er die Regierungschefs der EG-Staaten im Castello Sforzesco in Mailand und ein Jahr später eröffnete das „Tauferer Biabl“ das Restaurant Palio in New York. Bis 1993 überschlugen sich die Lobeshymnen auf den „außergewöhnlichen Küchenchef“. In Fachzeitungen der gesamten westlichen Welt erschienen Portraits und Reportagen rund um die Meisterleistungen und Visionen des Südtirolers in den USA. Am 11. Juli 1993 trauerten New York und Südtirols Gastronomie um Andreas Hellrigl. Die New York Times veröffentlichte einen ehrenden Nachruf auf den „Chef of the year USA“ des Jahres 1988. 1991 tauchte zum ersten Mal der Vinschgau in der filmischen Biographie des ORF „Vom Vinschgau nach New York“ auf.
Über den visionären Koch Andreas Hellrigl haben Reinhard Steger, derzeitiger Vorsitzender des Köcheverbandes, und seine Mitarbeiter zum 40. Bestandsjahr des SKV ein Buchprojekt angeregt. Erik Platzer, ein Vinschger aus Reschen, Freund Hellrigls und langjähriger Direktor der Landeshotelfachschule Kaiserhof, hat es in minutiöser Kleinarbeit umgesetzt. In Anwesenheit von Familienmitgliedern, Freunden, ehemaligen Schülern, Landesrat Hans Berger und Handelskammerpräsident Michl Ebner wurde die Biographie, die auch Rezeptbuch und Tirolensie ist, im Kaiserhof vorgestellt. Schülerinnen und Schüler der 1. Höheren Hotelfachschule und die Lehrkräfte für Kochen erinnerten mit Lachsröllchen aus schwarzen Oliven und Tomaten auf Blattspinat, mit Champagnerrahmsuppe Andrea, mit Tafelspitz St. Magdalena, Pilzsauce nach Chef Andreas und flambiertem Golden Delicious mit Tisner Kastanieneis an das große Vorbild aus Taufers im Münstertal.
Das Buch von Erik Platzer „Andreas Hellrigl. Der Pionier der Südtiroler Gastronomie. Vom Bergbauernbub zum Koch des Jahres der USA“, erschienen bei Athesia, ist durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern der Wirtschaft zum Preis von 14.90 Euro im Buchhandel erhältlich.
Günther Schöpf