Einblick in das Innenleben des Kraftwerks von Kastelbell

Publiziert in 12 / 2005 - Erschienen am 23. Juni 2005
Der heute so gängige Ausdruck „Ausverkauf“ der Heimat hatte für den Vinschgau vor 70 Jahren leidvolle Aktualität. Damals griff die Lobby der lombardischen Industriekonzerne mit unerbittlichem Griff nach dem „Weißen Gold“ zwischen den Etschquellen am Reschen und der Talenge an der Töll. Zehn Jahre später zog Italien als selbst erklärter Sieger des Zweiten Weltkrieges die Pläne für Stauseen und Kraftwerke in Graun, Glurns, Laas, Martell, Kastelbell, Schnals, Töll und Marling wieder aus der Schublade. Zwischen 1946 und 1949 gingen die Kraftwerke von Glurns, Laas und Kastelbell tatsächlich ans Netz. Seither hängt unser Lebensstandard an der Energie aus dem Berg; wie selbstverständlich drücken nicht nur die Vinschger den Lichtschalter. Geschichtsbewussten Persönlichkeiten im unteren Vinschgau ist es längst bewusst geworden, dass die Erinnerung an diese Ära immer mehr verblasst, dass nur mehr wenig Zeitzeugen davon erzählen können. Vor diesem Hintergrund haben Robert Kaserer, Obmann des Bildungsausschusses Kastelbell-Tschars, und Konrad Trafoier, forschender Tierarzt in Pension aus Tarsch, von den Verantwortlichen der Seledison erreicht, dass Stollen und Kavernen des Kraftwerkes am Schlumser Berg für die Öffentlichkeit zugänglich wurden. Herbert Ritsch, ein Edison-Mitarbeiter aus Laas, dazu der Zeitzeuge aus Kastelbell, Hias Breitenberger, Jahrgang 1924, und der pensionierte Mitarbeiter Peter Kuppelwieser, Jahrgang 1937, aus Morter standen den Neugierigen Rede und Antwort und sorgten für die menschliche Dimension in einem gigantischen Maschinenraum tief drinnen im Berg. Sogar die unmittelbaren Nachbarn aus den Kastelbeller Ortsteilen Marein, Latschinig und Spineid hatten noch nie einen Fuß in das vibrierende und dröhnende Innere des Berges gesetzt.
Günther Schöpf
Günther Schöpf

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