„Er“ hat ihr Leben umgekrempelt
Publiziert in 27 / 2011 - Erschienen am 13. Juli 2011
Unser Frau in Schnals – „Ötzi“ begann mit dem Umkrempeln, als er sich vor fast 20 Jahren zufällig entdecken ließ. Die Folge war: Erika und Helmut Simon aus Nürnberg wurden weltberühmt. Sie mussten ein Gerichtsverfahren durchstehen, das keinen Ruhm auf Südtirols Verwalter geworfen hat, und bei dem sie das reiche „Land im Gepirg“ und seinen mächtigen Landeshauptmann in die Knie gezwungen haben. Wesentlich intelligenter haben sich bekanntlich die Tiroler jenseits der Ötztaler Alpen benommen. Sie haben Erika Simon zur Ehrenbürgerin nicht einer der fünf Gemeinden im Tal, sondern gleich des ganzen Tales gemacht. Am Sonntag, 3. Juli 2011 war sie, die Frau und seit Oktober 2004 Witwe des eigentlichen Ötzi-Entdeckers Helmut Simon, zu einem Ausflug in jenes Tal eingeladen worden, in denen sich zwischen 13.30 Uhr des Donnerstags, 19. September 1991, und der Rückkehr nach Nürnberg am Montag, 23. September, die Ereignisse überschlagen hatten. Sie erzählt davon im archeoParc von Unser Frau, als wäre es vor wenigen Stunden geschehen, vielleicht etwas abgeklärter und distanzierter. Aufmerksam lauschten Museumspräsident Alexander Rainer, Museumsleiterin Johanna Niederkofler und das Ehepaar Leonhard und Sieglinde Falkner. Letztere, der Geschäftsführer des Ötzi-Dorfes Umhausen und seine Frau, hatten ihre Ehrenbürgerin zu einem Ausflug ins Schnalstal eingeladen, dorthin, wo alles mit „ihm“, mit dem Gletschermann, zufällig begonnen hatte. Von jenem Donnerstag an hatten Erika und Helmut Simon prozessieren müssen, um überhaupt als Finder des Ötzi anerkannt zu werden. Weitere fünf Jahre, bis November 2003, hatte es gedauert, bis sich die „schäbige und hinterwäldlerische Südtiroler Landesregierung“ (so Anwalt Georg Rudolph aus Nürnberg) einem Gerichtsurteil beugen und einen Finderlohn genehmigen musste. Zufällig – es gibt eine eindrucksvolle Zufallskette im Leben der Erika Simon seit 20 Jahren – hatte drei Tage vor ihrem Besuch im Schnalstal das Wochenmagazin „Stern“ den Beitrag „Was macht eigentlich Erika Simon?“ veröffentlicht. Nicht mehr zufällig nahm man das Mittagessen im Oberraindlhof ein und auch nicht zufällig kredenzte Wirt Helmuth Raffeiner einen „Pinot Ötzi“.
Günther Schöpf