Margit Gaiser

„Es geht mir nicht um eine Partei, es geht mir um Taufers“

Publiziert in 12 / 2010 - Erschienen am 31. März 2010
Taufers im Münstertal – Unter der Tauferer Oberfläche brodelt es gewaltig. Es schaut danach aus, als würden die Kandidaten von gleich vier Gruppierungen sich um 15 Sessel im Gemeinderat bewerben. Dass sich neben der Mehrheitspartei auch die Freiheitlichen und die Südtiroler Freiheit in Stellung bringen wollen, ist bekannt, dass aber als vierte Kraft eine Bürger­liste ins Gespräch gekommen ist, mischt die Karten in der Grenzgemeinde völlig neu. Dabei mitgestalten möchte die Gemeinderätin Margit Gaiser, vor wenigen Tagen noch SVP-Bezirkssozialausschussmitglied und kooptiertes Mitglied der SVP-Bezirksfrauenleitung, jetzt aber parteilos. Margit ­Gaiser hat sich von der SVP verabschiedet und trägt sich mit dem Gedanken, mit Gleichgesinnten auf einer Bürgerliste für den Gemeinderat zu kandidieren. Dem „Vinschger“ hat sie die Gründe für ihren Entschluss erklärt. Sie wäre durchaus bereit gewesen, wieder auf der SVP-Liste zu kandidieren, auch als Bürgermeisterin, habe aber den Wunsch geäußert, entweder als dritte Kandidatin antreten zu können, oder - sollte dies nicht gewollt sein - eine Möglichkeit zu bekommen, ihre Ziele und Vorstellungen der Bevölkerung vor eventuellen Vorwahlen mitzuteilen. Beides wurde abgelehnt; auch eine gewünschte Bedenkzeit bis 11. März wurde nicht gewährt. Nach der „Primel-Aktion“ am 6. März soll es zu einer Begegnung ­zwischen Gaiser und Ortsobfrau ­Roselinde Gunsch Koch und in Anwesenheit des zweiten Bürgermeisterkandidaten Luis Hellrigl (neben ihm tritt auch der amtierende Bürgermeister Hermann Fliri erneut an) auch zu einem heftigen Wortwechsel gekommen sein. „Sie hat mich beleidigt“, erklärte Gaiser dem „Vinschger“. „Sie hat einen Satz von sich gegeben, der sich für mich wie ein Schlag ins Gesicht anfühlte. Dabei hab ich nur die schlichte Frage gestellt, ob sie als Ortsobfrau hinter meiner Kandidatur als Frau stehe. Sie hat mich dann als Para­graphenreiterin bezeichnet, als übergenaue Planerin. Zudem ist sie über meine ehrenamtliche Tätigkeit als Biblio­thekarin hergezogen. Da wusste ich, so kann das nicht weitergehen. Da kam mir der Gedanke, aus der Partei auszutreten.“ „Der Vinschger“: Was hat denn die Frau Koch wirklich gesagt? Margit Gaiser: Margit - hat sie gesagt - ich wünsch dir, dass du Bürgermeisterin wirst, weil ich überzeugt bin, dass dann in Taufers in den nächsten fünf Jahren überhaupt nichts mehr passiert. Jetzt will sie das als Privatperson und nicht in einer Funktion gesagt haben. Heißt das nicht eher, dass zwei Frauen nicht mehr miteinander können. Muss man da aus der Partei austreten? Margit Gaiser: Ich habe die Entscheidung nicht übers Knie gebrochen. Ich habe mir Zeit genommen, mich mit Ver­tretern des Arbeitnehmerflügels der SVP abzusprechen. Jeder hat mich gefragt, ob es denn keine Opposition in Taufers gäbe. Natürlich ist es nicht dieser eine Satz, der mich dazu bewogen hat. Er hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Die wirklichen Gründe für meinen Entschluss liegen weiter zurück. Was sind das für Gründe? Margit Gaiser: Die haben sich innerhalb einer ganzen Verwaltungsperiode angestaut. Vor fünf Jahren wurde ich von der damaligen Gemeindereferentin der SVP, Roselinde Gunsch Koch, eindringlich gebeten, mich als Bürgermeisterkandidatin zur Verfügung zu stellen, weil es so nicht mehr weitergehen könne in der Gemeinde. Ich habe ihr vertraut und habe kandidiert, unerfahren und bereit, etwas für die Gemeinde zu bewegen. Meine tragische Geschichte, die mich ungewollt in die Oppositionsecke gedrängt hat, begann mit meiner Mitteilung, die Rohre beim Kraftwerk „Neu“ im Avinga-Tal seien zu klein bemessen. Es ging mir darum aufzuzeigen, wie man auf der einen Seite zwar Geld verdienen will, auf der anderen Seite es aber zum Fenster hinaus wirft, nur weil der falsche Fachmann beraten hatte. Ein weiteres Beispiel ist der jüngste Fall, der Dane-Parkplatz. Mir geht’s nicht um Privatinteressen, mir geht’s nicht darum, dass sich irgendwer 30.000 Euro erspart, mir geht’s ums Prinzip, dass der Gemeindeausschuss gesetzlich nicht einen einstimmigen Ratsbeschluss abändern darf. Wie mehrmals zuvor haben ich und einige Gesinnungsgenossen auch dazu beim Amt für Gemeindeaufsicht um Auskunft gebeten. Man hat uns eine Anzeige empfohlen. Die haben wir gemacht und in der Gemeinde wurde schon eine Befragung durch die Staatsanwaltschaft durchgeführt. Ein weiteres Beispiel für Geldverschwendung ist der neue Parkplatz in der Kirchgasse. Das Siegerprojekt ist abgeändert worden und weist plötzlich 28 neue Positionen auf. Wer hat da geändert? Wer zahlt das? Wie hat man auf die Befragung reagiert? Margit Gaiser: Dass für die nächste Gemeinderatssitzung (sie fand am 30. März statt. Anmerk. d. R.) die Parkplatzgeschichte auf die Tagesordnung kommt und dazu ein Sanierungsbeschluss gemacht werden muss. Aber zurück zu meinem Entschluss, aus der Partei auszutreten. Ich habe auch einer Unterredung mit Parteiobmann Theiner zugestimmt. Zum vereinbarten Termin in Mals konnte er nicht kommen, weil er erkrankt war. Dafür konnte ich Bezirksobfrau Roselinde Gunsch Koch und der Bezirksfrauenreferentin Anni Thaler meinen Entschluss auszutreten unterstreichen und auch meine Hoffnung, mit einer Bürgerliste anzutreten, zum Ausdruck bringen. Sie haben mich gebeten, wenigstens das Partei-Kartl zu behalten. Aber so viel Scheinheiligkeit kann ich nicht mehr ertragen. Hat sich seither niemand von den Parteigremien gemeldet? Margit Gaiser: Ich habe bis heute (25. März) nichts gehört. Gestern hat mich aber die Landesvorsitzende der SVP-Frauen angerufen. Die Martha Stocker wollte meine Gründe für den Austritt wissen. Ich hab ihr erklärt, warum es so nicht weiter gehen kann, warum ich diese Entscheidung getroffen habe und warum es kein Zurück mehr gibt bei dieser Art des Gemeinderates, sich die Regeln so zu machen, wie es gerade passt. Sie hat am Ende selbst gesagt, sie könne mich verstehen. Sie hat auch angekün­digt, dass mich Richard ­Theiner kontaktieren werde. Die Frauen in der Bezirksfrauenleitung, wo die Frau Koch ja auch sitzt, sind enttäuscht. Ich kann einfach nicht mehr. Ich kann nicht mehr das scheinheilige Gerede von Zusammenarbeit mit anhören. Man muss einmal einen Schritt machen. Ich kandidiere nicht bei einer anderen Partei, obwohl ich Angebote bekommen habe, sogar als Spitzenkandidatin aufzuscheinen. Mir geht’s nicht um eine Partei, mir geht’s um Taufers. Um die Zukunft der Gemeinde. Ich bin überzeugt, dass es engagierte und vor allem verantwortungsbewusste Bürger braucht, die aufmerksam beobachten und mitentscheiden. Eine Gemeinde soll Vorbild sein, transparent und für alle gleich. Vorläufig sind wir eine Handvoll; wenn sich noch ein paar couragierte Bürger finden, gibt es in Taufers eine Bürgerliste. Ausschließen möchte ich auch nicht einen Zusammenschluss mit anderen Oppos­i­tionsparteien unter der Bezeichnung „Für Taufers“.
Günther Schöpf
Günther Schöpf

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