„Es geht um das Überleben des ganzen Dorfes“
Publiziert in 6 / 2009 - Erschienen am 18. Februar 2009
Trafoi – „Wir als Trafoier glauben noch immer, dass Walter Klaus zu seinem Versprechen, das Skigebiet in Trafoi zu modernisieren, steht. Auf die Worte von Klaus setzen wir viel mehr als auf jene seiner ‚hiesigen Macher’.“ Dies sagte Josef Angerer, Trafoier Vertreter in der Ferienregion Ortlergebiet, am 13. Februar auf einer Pressekonferenz im Hotel „Madatsch“ in Trafoi. Zusammen mit ihm erhoben auch Skischulleiter Roland Angerer, Gustav Thöni, Valeria Ortler, Christian Mazagg, Manuela Angerer und Hugo Ortler teils schwere Vorwürfe an die Adresse von Erich Pfeifer (Präsident der Seilbahnen Sulden GmbH) und an Bürgermeister Josef Hofer. Der Grundtenor war: „Sulden hat selbst Probleme, Sulden hat Angst vor Trafoi und Sulden will Trafoi ‚abwürgen’“.
„Wir wollen niemanden anklagen und auch keine Schuldzuweisungen vornehmen. Für uns stellt sich ganz einfach die Frage, was passiert, wenn es das Skigebiet nicht mehr gibt. Es geht um das Überleben des ganzen Dorfes“, so Josef Angerer. Walter Klaus habe das Skigebiet in Trafoi 2002 übernommen, um es als Ergänzung zu Sulden zu einem Familienskigebiet auszubauen. Von der Forderung nach einer Wintererschließung des Stilfserjochs habe Trafoi in der Folge auf Drängen des Bürgermeisters Josef Hofer Abstand genommen. „Nach 2002 geschah lange Zeit nichts,“ so der „Madatsch-Sepp“ weiter. Einige Arbeiten und Verbesserungen seien dann doch durchgeführt worden, aber der große Schritt der Erneuerung sei bis heute nicht erfolgt. Im Gegenteil: „Der Schönblick-Lift, der schönste im gesamten Ortlergebiet, blieb heuer stehen. Das hat zur Folge, dass wir viele Gäste verlieren. Die Buchungen für die nächste Saison gingen gewaltig zurück,“ wurde einhellig bestätigt.
Die Schließung des Schönblick-Liftes sei nur eine der „Maßnahmen“, mit denen die Seilbahnen Sulden GmbH seit Jahren versuche, Trafoi „auszuhungern“. „Das reicht von der Preispolitik und teils völlig unverständlichen Öffnungs- und Schließzeiten der Anlagen in Trafoi bis hin zu den Werbeinseraten, in denen Trafoi außen vor bleibt,“ so Josef Angerer. Noch schärfer wurde Roland Angerer: „Weil Sulden Angst vor Trafoi hat, wird alles unternommen, damit Gäste und Einheimische ja nicht nach Trafoi, sondern nach Sulden kommen. Sulden hat selbst Probleme und befürchtet, dass Einheimische und Gäste das kleine, aber wunderschöne Skigebiet in Trafoi bevorzugen.“
Auch konkrete Beispiele des „Aushungerns“ wurden genannt. Josef Angerer: „Wenn ein Skigast, der im Besitz einer Wochenkarte in Sulden ist, für einen Tag zu uns kommen wollte, musste er bisher in Sulden einen Aufpreis von 5 Euro zahlen. Ab der heurigen Saison ‚darf“ er den Aufpreis zumindest hier in Trafoi berappen.“
„Wer zum Skifahren nach Trafoi kommt, sucht ganz bewusst kein großes Skigebiet. Trafoi ist etwas für Gäste, die das Gemütliche suchen, die Ruhe und die Natur,“ sagte Gustav Thöni. Auch er bestätigte, dass die Vorausbuchungen für die nächste Saison vor allem wegen der Schließung des Schönblick-Liftes arg gesunken seien: „Wir laufen Gefahr, viele Stammgäste zu verlieren.“
Ende Dezember 2008 ist Walter Klaus ganz unerwartet in Trafoi aufgetaucht. Er war laut Roland Angerer erstaunt, dass der Schönblick-Lift stillstand und erneuerte seine Zusage, in Trafoi weiter investieren zu wollen. Die Gesamtkosten des Erneuerungsprojektes werden mit rund 15 Millionen Euro beziffert (siehe „Der Vinschger“ Nr. 5 vom 11.02.2009). Der Besuch von Walter Klaus in Trafoi habe gezeigt, „dass Klaus von seinen ‚örtlichen Machern’ offensichtlich nicht sehr gut informiert wird.“
Laut Josef Angerer würde Sulden versuchen, „in Trafoi Defizite hoch zu züchten.“ Trafoi selbst habe in der Vergangenheit viel getan „und auch jetzt die Voraussetzungen geschaffen.“ Unverständlich sei, warum jetzt die Bettenzahl plötzlich als großes Problem breitgetreten werde: „Bisher war die Bettenzahl nie ein Problem. Zusätzlich zu den Gastbetrieben hier vor Ort haben wir ja auch das Einzugsgebiet Stilfs, Gomagoi und vor allem auch die Gemeinde Prad.“
Sollte das Skigebiet nicht überleben, ist nach Ansicht der Vertreter aus Trafoi mit drastischen Auswirkungen zu rechnen: die Zahl der derzeit rund 50.000 Nächtigungen pro Jahr würde katastrophal einbrechen, rund 50 Arbeitsplätze (Gastronomie und Liftpersonal) wären „tschari“, die gesamte Wirtschaft würde lahm gelegt.
Landeshauptmann Luis Durnwalder habe vor Vertretern aus Trafoi vor kurzem bestätigt, dass das Land nach wie vor bereit sei, 75 Prozent der geplanten Investitionskosten zu übernehmen sowie auch einen Teil der Ausgaben für weitere Beschneiungsanlagen und die Erweiterung der Furkelhütte. Zudem sei das Land bereit, der Gemeinde das ehemalige Polizeischule-Gelände in der Örtlichkeit Heilige Drei Brunnen kostenlos zu übertragen, damit die Gemeinde es für die Schaffung neuer Gästebetten an Walter Klaus weitergeben könne. Nicht nachvollziehbar sei, dass der Stilfser Bürgermeister immer wieder behaupte, dass das Land dieses Gelände nicht kostenlos abtreten wolle. Dem Bürgermeister wurde vorgeworfen, „einseitig“ für Sulden zu arbeiten: „Die Gemeindepolitiker pilgern zwar oft nach Bozen, um für das ‚arme Trafoi’ etwas herauszuholen, doch der saftige Braten geht am Ende immer nach Sulden.“ Ein Bürgermeister müsse für alle da sein. Unverzeihlich sei auch, welch große Wirtschaftspotentiale man durch die „Vergammelung“ des Stilfserjochs habe den Bach hinunterfließen lassen. Große Hoffnung setzen die Trafoier jetzt auf ein Treffen auf höchster Ebene, das in Kürze stattfinden soll und an dem unter anderem Walter Klaus und Landeshauptmann Luis Durnwalder teilnehmen werden.
Offen ist, ob Walter Klaus noch finanzkräftig genug ist, in Trafoi zu investieren.
Erich Pfeifer
weist Vorwürfe zurück
Erich Pfeifer wies die in Trafoi erhobenen Vorwürfe und Beschuldigungen dem „Vinschger“ gegenüber als völlig haltlos und unbegründet zurück. Er erinnerte zunächst daran, dass Trafoi hätte schließen müssen, wenn Walter Klaus das Skigebiet 2002 nicht übernommen hätte. Nicht vergessen dürften die Trafoier auch, dass die Muttergesellschaft (Seilbahnen Sulden GmbH) im Laufe der Jahre sehr wohl investiert habe: Talabfahrt und Beschneiung bis ins Tal, Sanierung Furkelhütte und weitere Verbesserungen. Das seien Schritte gewesen, die Trafoi aus eigener Kraft nie und nimmer geschafft hätte. Die Kritik in Bezug auf die Preisgestaltung widerlegt Pfeifer so: „Es gibt zunächst einen sehr günstigen und viel beanspruchten 6-Tage-Pass für Trafoi, der nur 101 Euro kostet.“ Zusätzlich zu diesem Trafoi-Pass gibt es einen günstigen 6-Tage-Pass für 117 Euro (4 Tage Trafoi und 2 Tage Sulden), einen 6-Tage-Pass nur für Sulden (160 Euro) und einen 6-Tage-Pass für beide Skigebiete für 165 Euro. Pfeifer gibt zu bedenken, dass man am günstigen Trafoi-Pass festgehalten habe, obwohl dies anderswo anders gehandhabt werde, etwa im Oberland: „Wer ausschließlich in St. Valentin Ski fährt, zahlt trotzdem den Vollpreis.“
Von einem bewussten „Aushungern“ von Trafoi könne keine Rede sein. Pfeifer: „Die Situation ist halt einmal so wie sie ist. An der wirtschaftlichen Realität kommt niemand vorbei. Kein kleines Skigebiet kann sich aus eigener Kraft tragen. Wenn nicht öffentliches oder privates Geld hineinfließt, ist ein Konkurs vorprogrammiert. Ich spreche hier nicht nur von den Investitionen, sondern vor allem auch von den jährlich zu erwartenden Betriebsdefiziten. Als Präsident der Ortler Skiarena darf ich mir schon zumuten, die Probleme, die immer stärker auf alle kleineren Skigebiete zukommen, einigermaßen zu kennen.“ Ohne Geld von außen könnte Meran 2000 ebenso wenig überleben wie Ulten, der Watles, Reinswald und andere Skigebiete mehr. Die Furkelhütte in Trafoi werde zwar super geführt, „aber mit den Einnahmen lässt sich leider nur ein kleiner Teil der Betriebsspesen bestreiten. Um Trafoi zu halten, sind jährlich Defizite in Höhe von 100.000 bis 150.000 zu decken.“
Zum Schönblick-Lift hält Pfeifer fest, dass es für die Instandsetzung rund 140.000 Euro bräuchte. Was die weitere Entwicklung in Trafoi betrifft, verweist auch Pfeifer auf die anstehenden Aussprachen und Verhandlungen mit Walter Klaus, dem Landeshauptmann und anderen.
Josef Laner