Das Fahrverbot am Fernpass bedroht die Existenz der Vinschger Transportunternehmen.

Frächter stehen mit dem Rücken zur Wand

Publiziert in 31 / 2010 - Erschienen am 8. September 2010
Vinschgau – Die Vinschger Transportunternehmen ge­raten aufgrund der Sperre der Fernpassstraße in arge Bedrängnis. Seit dem 1. Jänner 2010 ist der Fernpass nur noch für den Quell- und Zielverkehr offen, also für Lkw, die entlang der Fernpassstrecke auf- oder abladen. „Aufgrund dieses Verbots der Tiroler Landes­regierung müssen wir oft Umwege machen, um die Zielorte in Deutschland und Nord­europa zu erreichen“, bemängelt Rosmarie Kobler vom Transportunternehmen Kobler KG in Naturns. Dass dies für die Frächter mehr Kosten bedeutet, liegt auf der Hand. Rosmarie Kobler sieht ihr Unternehmen deswegen kurz vor dem Aus: „Wenn es so weiter geht, müssen wir schließen“. Durch die Umwege fallen für ihr Transportunternehmen monatlich Mehrkosten von 14.500 Euro an. „Das ist für unser Unternehmen mit 30 Mitarbeitern nicht mehr länger tragbar“, beklagt Kobler. Ins­gesamt hängen am Transportwesen im Vinschgau immerhin 300 Arbeitsplätze. Albert ­Hutter vom Schludernser Transport­unternehmen Transalbert spricht zwar nicht von Betriebsschließung, fordert aber schleunigst eine Aussprache mit den Nordtirolern: „Es muss endlich etwas passieren.“ Der Nordtiroler Landeshauptmann Günther Platter hatte den Vinschger Frächtern versprochen, eine Lösung zu finden. Doch bislang ließ er seinen Worten keine Taten folgen. Angespannte Lage Die Lage ist angespannt, denn die Abnehmer der transpor­tierten Waren zeigen für politisch verordnete Fahrverbote wenig Verständnis und sind nicht bereit, Preisaufschläge zu bezahlen. Die Marge für die Frächter bleibt somit buchstäblich „auf der Strecke“. Die Rechnung ist einfach: Wenn ein Transportunternehmen mit ca. 700 Ladungen (hin und retour) den Umweg über Hörbranz in Vorarlberg fährt, hat dies pro Monat 28.000 Mehr­kilometer für den Fuhrpark zur Folge. Diese zusätzlichen Kilometer verursachen pro Monat einen Mehrverbrauch von ca. 10.000 Liter Diesel und neun Tonnen CO2-Mehrbelastung. Das Fahrverbot führt außerdem dazu, dass die Frächter für die Wartungen und Reparaturen des Fuhrparks in der eigenen Werkstatt einen er­heblichen Umweg machen müssen, da nur noch ein geringer Teil der Transporte an den eigenen Strukturen vorbei führt. Auch für die Lkw-Fahrer, die ihren Wohnsitz entlang der Route Vinschgau-Allgäu haben, hat die Fernpasssperre einen negativen Nebeneffekt. „Um am Wochenende ihre Familien besuchen zu können, müssen sie oft lange Fahrten mit dem PKW zwischen LKW-Standplatz und Wohnsitz in Kauf nehmen“, bedauert Stefan Wallnöfer von der Spedition Transporte Thialer in Prad. Konkurrenz aus Osteuropa Grundsätzlich ist die Auftrags­lage nicht schlecht, aber den rund 20 Frächtern von ­Reschen bis Naturns macht zusätzlich die Konkurrenz mit ost­europäischen Spediteuren zu schaffen. Ein osteuropäisches Transportunternehmen hat deutlich weniger Lohnkosten, als seine europäischen Mitkonkurrenten. „Deshalb sind viele Frächter aus Deutschland und Österreich nach Osteuropa ausgesiedelt, werden von dort verwaltet und können in ganz Europa zu billigeren Preisen transportieren“, weiß Albert Hutter. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, planen Südtirols Frächter innerhalb des LVH ein Konsortium zu gründen. Über das Konsortium sollen kleine und mittlere Warentransportunternehmen an Aufträge kommen, die sie allein nicht erhalten können, wie zum Beispiel groß­volumige Aufträge, Monats- oder Jahresaufträge. Zusätzlich sollen Konsortiumsmitglieder von kostengünstigen Reparatur- und Serviceleistungen profitieren. „Wie das Beispiel der Obstgenossenschaften beweist, geht der Trend in der Wirtschaft in Richtung Zusammenarbeit. Auch wir müssen sowohl bei der Software als auch bei der Hardware stärker zusammen arbeiten, um konkurrenzfähig zu bleiben“, so Hutter. Oliver Kainz
Oliver Kainz

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