„Frauen müssen ihre Kompetenz unter Beweis stellen - Männer nicht “
Publiziert in 26 / 2010 - Erschienen am 7. Juli 2010
Martell – Heidi Gamper ist die eine der wenigen jungen Gemeinderätinnen im Vinschgau, die sich Referentin nennen darf. Sie ist in ihrer Heimatgemeinde Martell für Sport, Vereine, Frauen, Senioren, Jugend und Personennahverkehr zuständig.
„Der Vinschger“: Du bist gerade von einem stressigen Wochenende im Martelltal zurück und hast als Mitglied im Organisationskomitee und Helferin beim Erdbeerfest fleißig am Gelingen der Veranstaltung mitgeholfen. Hat sich der Zeitaufwand für dich gelohnt und war das Fest letztendlich auch ein Erfolg?
Heidi Gamper: Das Erdbeerfest war auf jeden Fall ein Erfolg, besonders was die Besucherzahlen und das Programm betreffen. Alle sind sehr zufrieden. Für Martell, den hiesigen Tourismus und die Landwirtschaft ist diese Veranstaltung sozusagen der Auftakt der Saison, deshalb ist das Fest auch sehr wichtig für Martell. An der starken Medienpräsenz und der positiven Berichterstattung lässt sich gut erkennen, wie die Veranstaltung bei den Menschen ankommt. Vor allem die Italiener aus dem Norden kommen busweise und erfreuen sich an den verschiedenen Kreationen rund um die Erdbeere. Es gibt organisatorisch einige Dinge zu verbessern, aber ich freue mich schon auf das nächste Jahr und wir haben schon einige tolle Ideen dafür.
Du bist 28 Jahre jung, hast das erste Mal für den Gemeinderat in deiner Heimatgemeinde Martell kandidiert und bist sogleich in den Ausschuss gewählt worden. Ein kleines von vielen Zielen in deiner politischen Karriere oder vielmehr die Erfüllung eines großen Traums, endlich im eigenen Heimatdorf etwas bewegen zu können?
Heidi Gamper: Irgendwie beides, aber vor allem die Tatsache, im eigenen Dorf mitarbeiten und mit gestalten zu können - ganz nach dem Motto „back to the roots“. Ein Erlebnis, welches mit diesem Thema stark zusammenhängt, werde ich wohl immer in Erinnerung behalten: In der Volksschule fragte der Lehrer einmal, wer sich denn vorstellen könnte, später Bürgermeister zu werden. Ich war damals die Einzige, die sich das vorstellen konnte. Was die politische Karriere angeht, so ist dies ein neuer Schritt, eine neue Aufgabe, die ich jetzt angehen und hoffentlich gut bewältigen werde.
Was erwartest du von deiner Tätigkeit als Gemeindereferentin und den neuen Aufgabenbereichen, welche du seit ca. einem Monat über hast?
Heidi Gamper: Bis jetzt habe ich viel Einblick gekriegt in Bereiche, die mir schon länger bekannt sind. Aber es gibt immer wieder Neues. Beispielsweise war ich vor ein paar Tagen zu einer Sitzung der Sektion Biathlon unseres Sportvereins eingeladen. Obwohl ich seit 4 Jahren im Organisationskomitee Biathlon tätig bin, wurde mir erst an diesem Abend richtig klar, wie viel dieses Team leistet und wie toll und motiviert die Leute in dieser Sektion zusammenarbeiten. Diese Motivation und die Freude an der Arbeit sind auch im Jugendbereich sehr spürbar. Was die Bereiche Senioren und Personennahverkehr betrifft, so werde ich sicherlich mehr Zeit brauchen, um mich in die Thematik einzuarbeiten und sie auch wirklich zu verstehen. Aber ich bin grundsätzlich sehr glücklich mit meinen Aufgabenbereichen und erwarte mir viele spannende Aufgaben, die es gemeinsam zu lösen gibt.
Angesichts der sich im Steigen befindenden Anzahl von weiblichen Politikern, man denke nur an die vielen Vizebürgermeisterinnen im Vinschgau, scheint es so, als ob Frauen immer höhere politische Ämter besetzen. Warum haben es die Frauen dennoch schwer, sich in der Politik zu behaupten und woran kann das liegen?
Heidi Gamper: In der Jugendpolitik habe ich eigentlich immer das Gefühl gehabt, gleichberechtigt zu sein und mit den männlichen Kollegen auf der selben Ebene zu stehen. Aber dieses Gefühl stellt sich ein, sobald man als Frau an einen gewissen Punkt kommt, wo einem klar wird, dass man eine noch bessere Leistung erzielen muss, um dieselben Ziele wie die Männer zu erreichen. Nicht nur in der Politik, einer von Männern dominierten Welt, sondern auch in der Berufswelt haben es Frauen schwerer. Frauen können schließlich schwanger werden und fallen prinzipiell laut Meinung der Männer einfach aus. So kommt es, dass Frauen immer wieder ihre Kompetenz beweisen müssen, und dieser sogenannte „Aha- Effekt“, wenn Frauen dies schaffen, ist immer wieder spürbar, egal in welcher Gesellschaft man sich bewegt. Deshalb sollte es auch mehr Netzwerke unter Frauen geben, damit sie sich gegenseitig unterstützen und helfen können. Wahrscheinlich beschäftigen sich auch weniger Frauen aktiv mit der Politik, weil sie einfach irgendwann andere Prioritäten wie die Familie setzen und ihre Energie einfach nicht in etwas investieren wollen, wo sie ihr Können immer wieder beweisen müssen.
Als amtierende Bezirksjugendreferent- Stellvertreterin und kurzzeitige Landesjugendreferentin der Jungen Generation hat du sicher viel Erfahrung im Jugendbereich gesammelt. Wo siehst am meisten Schwachstellen und wo wurde bereits Großes geleistet?
Heidi Gamper: Was seit einiger Zeit wirklich gut funktioniert ist die Vernetzung verschiedener Jugendverbände wie der HGJ, der Bauernjugend und anderen Vereinen. Probleme und verschiedene Themen werden ausdiskutiert und zusammen Lösungen gefunden. Dieser Informationsfluss ist ganz wichtig für eine funktionierende Jugendpolitik. Der Kontakt zur Südtiroler Hochschülerschaft spielt dabei eine ganz wichtige Rolle, denn die Gruppe der Schüler und Studenten darf genauso wenig vernachlässigt werden wie jene der anderen Bereiche. Im Schulbereich müssen die Hausaufgaben noch gemacht werden und vielleicht mehr auf unser Nachbarland Österreich geblickt werden. Erfolg erlangt man nur übergreifend und dies zeigt das Nightlinerprojekt wieder, welches bezirksübergreifend jungen Menschen Möglichkeiten der sicheren Nachhausefahrt gewährt. Auch die Jugendanwaltschaft, für die Junge Generation und den Südtiroler Jugendring schon lange ein zentrales Thema, ist eine super Sache, für die sich das Kämpfen gelohnt hat. Junge Menschen müssen einfach zusammenarbeiten, zusammen Ideen entfalten und nicht aufgeben, ganz nach dem Motto „gemeinsam sind wir stark“. Vielleicht klingt das abgedroschen, aber letztendlich ist es das einzige, was hilft, Projekte zu gestalten und Ideen weiterzubringen. Ich bin jemand, der grundsätzlich Dinge positiv sieht und begeistert ist, wenn junge Menschen etwas in die Hand nehmen und selbst durchziehen.
Bezirksjugendreferentin, ehemalige JG- Landesjugendreferentin und nicht zuletzt für drei Jahre Ortsjugendreferentin von Martell...- die Stufen deiner politischen Laufbahn sind hoch. Wieso interessierst du dich so sehr für Politik und seit wann denn genau? Kann man die Politik den jungen Menschen überhaupt noch schmackhaft machen?
Heidi Gamper: Ich bin seit eh und je politisch interessiert. In der Oberschulzeit war ich sehr fasziniert von der Südtiroler Geschichte, habe mich durch viele Bücher gelesen. Dadurch bin ich auch zur Südtiroler Volkspartei gekommen. Anfangs war ich Ortsjugendreferentin in Martell, eine Tätigkeit, an der ich stets sehr viel Gefallen fand. Deshalb fiel mir die Entscheidung, Bezirksjugendreferentin zu werden, anfangs auch ziemlich schwer. Eine Entscheidung, die ich bis heute nicht bereue, da ich einige interessante Projekte wie die Ausarbeitung des Nightlinerkonzeptes zusammen mit den Mitgliedern der Bezirksjugendleitung in Angriff genommen habe. Ich war an der Gründung einiger neuer Ortsgruppen beteiligt, habe viele neue Menschen kennengelernt. Als Bezirksjugendreferentin habe ich dann Philipp Achammer kennengelernt und wir haben uns gleich gut verstanden. Ich kandidierte dann als seine Stellvertreterin. Ich muss aber sagen, dass es anfangs nicht immer leicht war, nur die zweite Geige zu spielen, schließlich war ich es gewohnt, in der Führungsposition zu stehen.
Am 11. Dezember hast du, für viele überraschenderweise, den Vorsitz der Jungen Generation übernommen. Wie waren deine sechs Monate als JG-Landesjugendreferentin und wirst du diese Zeit missen?
Heidi Gamper: Es war eine sehr interessante Erfahrung, Teil der Parteileitung zu sein und in einer noch höheren Ebene mitzuarbeiten und mit Führungspersönlichkeiten unseres Landes an einem Tisch zu sitzen. Abgesehen von den Kompetenzen, die einem durch diese Position zuteil werden. Vermissen werde ich diese Zeit dennoch nicht, aber ich werde sie stets in guter Erinnerung behalten.
Interview: Jasmin Mair
Jasmin Mair