Fünf Obervinschger erobern die französische Weinwelt
Publiziert in 33 / 2008 - Erschienen am 24. September 2008
Graun – Vorsichtig schwenken, riechen und einen kleinen Schluck der kostbaren Flüssigkeit langsam in den Mund führen. Dieses Vorgehen ist Weinkennern allzu bekannt. Doch Wein ist nicht gleich Wein – edle Tropfen aus den weltberühmten Weingütern Burgunds (Frankreich) stechen in dieser Hinsicht besonders hervor. Der Traum, Wein der Güter „Domaine Armand Rousseau“ und vor allem „Domaine Romaneè Conti“ vor Ort versuchen zu dürfen, bleibt den meisten Liebhabern verwehrt. Nicht aber fünf Obervinschgern, die sich Anfang Juli zu diesem erlesenen Weinstreifzug an die Côte-d’Or aufmachten.
Gemächlich rollte das Auto vor dem Weingut „Armand Rousseau“ aus. Erwartungsvoll stiegen die fünf Obervinschger – Konrad Stecher, Maria Daniel (Mary`s - Market Graun), Andreas Leue, Sieglinde Plangger und Reinhold Mall (Hotel Edelweiß Reschen) – aus und schauten sich um. Auf den ersten Blick wirkten die Gebäude nicht, als befände man sich hier auf einem der berühmtesten Weingüter der Welt. Die Bauten muteten etwas mittelalterlich - romanisch an, doch sie versprühten diesen typisch südländischen Flair, der einen jeden gleich in seinen Bann zieht. Beinahe etwas ehrfürchtig schweiften die Blicke der Vinschger „Weinabenteurer“ über die Gebäude und angrenzenden Weinfelder, die in der Mittagssonne glänzten; wissen sie doch genau, dass es für „Otto-Normalverbraucher“ so gut wie unmöglich ist, auf diesen Gütern empfangen zu werden.
„Diesen Besuch vermittelte mir ein italienischer Weinimporteur, der mein Geschäft beliefert“, gab Maria Daniel mit sichtlich stolzer Mine Auskunft. „In ganz Italien gibt es nur einen Importeur der erlesenen Tropfen der D.R.C“ (wie das Gut „Domaine Romaneè Conti“ in Fachkreisen einhellig genannt wird) fügte sie hinzu. Und da standen sie nun, die Fünf aus dem oberen Vinschgau und verarbeiten die ersten Eindrücke. Ihre Ankunft blieb nicht lange unentdeckt. Sogleich eilte ein groß gewachsener Franzose in einfachen Jeans und Arbeitsschuhen heran um die Ankömmlinge in bemüht langsamen und deutlichen Französisch zu begrüßen. Mit einem so unkomplizierten und herzlichen Empfang hatten die Weinliebhaber nicht gerechnet, sind die Weine der berühmten Güter doch über Jahre hinweg restlos ausverkauft, die Nachfrage nach wie vor ungebrochen und Werbe- und Marketingmaßnahmen ohnehin nicht nötig. Doch die Vinschger sollten im Laufe der drei Tage noch öfter positive Überraschungen erleben.
Die Sonne brannte unbarmherzig auf die Weinstöcke hinab, gut für die reifenden Trauben, weniger angenehm für die fünf Vinschgern, die sich, durch das Lüften ihrer T-Shirts, versuchten, etwas abzukühlen. Doch die Weinbergbesichtigungen dauerten nicht lange und die Weinbegeisterten konnten sich in die kühlen Keller zurückziehen um dort ihrer Leidenschaft zu frönen. Die dicken Gewölbe lagen wie Katakomben vor den Vinschger, die elektische Beleuchtung gab den Blick auf zahlreiche Fässer und Flaschen frei, fein säuberlich geordnet und aufgereiht. „Diese Güter sind verhältnismäßig klein, ihre Bekanntheit und ihren Charme liegt neben der hohen Qualität unter anderem in ihrer langen Tradition begründet. Der Wein entsteht im Weinberg mit geringen kelltertechnischen Eingriffen, ausschlaggebend ist die Qualität der Traube“, erklärten die Weinkenner Maria Daniel und Konrad Stecher. „Das Terroir (das Klima, die Bodenbeschaffenheit ebenso wie die dort angebaute Rebsorte beeinflussen die spezielle Charakteristik des Weines) ist in Burgund auschlaggebend für die Weinqualität“, führten die Experten weiter aus. Die Cote de Nuits ist die Heimat des Pinot Noir. In den Burgundischen Kellern entstehen Weine, die „fruchtig, samtig vollmundig und äußerst langlebig sind“, schlossen die begeisterten Fachleute ihre Ausführungen.
Während draußen die Wärme für einen eventuell erneut hervorragenden Jahrgang sorgte, spürten die Weinkoster in der kühlen Frische der Weinkeller nichts von den hitzigen 35 Grad. Bernard Noblet, seit 1985 der Kellermeister der Domaine, waltete kompetent seines Amtes und füllte professionell die Fassproben in die bereitstehenden Gläser. Ob es am berüchtigten Vinschger Charme lag, oder daran, dass die Franzosen in den einfachen, herzlichen Weinliebhabern ein Stück weit sich selbst erkannten, bleibt Spekulation. Auf jeden Fall wurde den Vinschgern das seltene Vergnügen zuteil, alle Fassproben des 2007er-Jahrganges kosten zu können – vom Echezaux, über den Grand Echezaux bist hin zu La Tache und La Romaneè Conti, um nur einige zu nennen. Immerhin wird der La Romaneé Conti aus dem Jahre 2005 mittlerweile mit einem Preis von 5000 Euro die Flasche gehandelt. Doch die Obervinschger enttäuschten das Vertrauen Noblet`s nicht; Maria Daniel und Konrad Stecher, die Sommeliers und Experten der Runde, konnten bei der anschließenden Blindverkostung von alten Jahrgängen die Proben richtig zuordnen, was auf die Anerkennung und den Respekt Noblet`s stieß.
Während sich die Sonne langsam hinter die Burgundischen Weinberge zur wohlverdienten Ruhe zurückzog, war die Stimmung auf dem Weingut nach wie vor ungebrochen. Denn die Obervinschger verstehen eben nicht nur eine Menge von Wein, sondern wissen auch, wie man gemütlich und freundschaftlich beisammensitzt, auch ohne fließendes Französisch. Als das Auto mit den fünf Weinreisenden wieder gemächlich durch die Burgundischen Straßen Richtung Vinschgau fuhr, erinnerte sie der Geschmack der erlesenen Tropfen noch lebhaft an ihren einmaligen Streifzug durch die weltberühmte Weingüter Frankreichs.
Simone Stecher
Simone Stecher