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„I hon Dir gearn, Wintersunn“

Publiziert in 3 / 2007 - Erschienen am 31. Januar 2007
Der Sonnenberg über Latsch, Goldrain und Vetzan ist das Ziel unserer Winterwanderung. Wir starten am Bahnhof in Latsch, gehen Richtung Dorfzentrum, durchqueren den neu gestalteten Friedhof und betreten die Pfarrkirche St. Peter und Paul. Augenblicke der Stille, des Gebets, der Annäherung. An der Westseite der Pfarrkirche finden wir die Burg Latsch. Unser Weg führt aber ostwärts, Richtung Seilbahnstation zum Bergdorf St. Martin a. Kofel. Bei unserem kleinen Streifzug durch Latsch entdecken wir auf der linken Seite die Spitalkirche mit dem berühmten Lederer Altar und einen Steinwurf weiter zeigt sich auf einem kleinen Hügel die Liebfrauenkirche. Am Ortsende ein Palast auf Wasser. Gegensätze und Harmonie. Starke, gerade Elemente und klare Linien geben dem Bau etwas Erhabenes, Ausdrucksvolles, Dauerhaftes. Bevor wir die junge Etsch überqueren, besuchen wir an der Etschbrücke die kleine Kapelle zur Schmerzhaften Muttergottes. Vertrauen, Glaube, Dankbarkeit. Jetzt überqueren wir die Hauptstrasse und steigen zum Latschanderwaal empor. Der angenehme Waalweg führt uns nach etwa 15 Gehminuten zur Strasse, die leicht ansteigend nach Tiss/Goldrain führt. Obstanlagen begleiten die schmale Strasse. Bald schon stehen wir auf der Holzbrücke über dem Tisser Bach. Vor uns die Pfarrkirche der Goldrainer, die St. Luzius Kirche. Sehnsüchtig schauen wir hinauf auf den Berg, den die Sonne gerade an kalten Wintertagen besonders liebt. Vorerst aber betreten wir durch ein Seitengitter den Friedhof und bestaunen an der Außenseite der Pfarrkirche, den hl. Christoforus.(1503)“Man glaubte nicht sterben zu müssen an dem Tag, an dem man das Bild des Heiligen gesehen hat“. Über dem Eingang zur Kirche eine Kreuzesszene mit Maria und Johannes. Links der Pestheilige Rochus und daneben der hl. Sebastian. Das Gotteshaus und die umliegenden Häuser waren den Vermurungen durch den angrenzenden Tisserbach öfters ausgesetzt. Um ca. 15000 v. Chr. (Würm-Eiszeit) begannen die Alpengletscher – durch die allgemeine Erwärmung – abzuschmelzen und die Schmelzwässer bewirkten große Aufschüttungen, sogenannte Schuttkegel. Hier in Tiss-am Fuße des Tisser Gröbens-denke ich daran wie oft dieser Platz, diese Kirche vermurt worden sind. Zur Vorgängerkirche an der Nordseite – die heutige Gruft – muß man mehrere Stufen hinabsteigen. Wieviele Menschen, Häuser und Spuren aus längst vergangenen Zeiten liegen unter der Lahn begraben. Nachdenklich, der Toten gedenkend, verlassen wir diesen beeindruckenden Platz, überqueren wiederum den Tisser Bach und nehmen den leicht ansteigenden Weg Richtung Sonnenberg. Vor dem Staubecken biegen wir rechts ab. Bald öffnet uns ein Gitter eine andere Welt. Alte Kastanienbäume und dann der typische Sonnenberg mit Sanddorn, „Kranebitten“, Hagebutten, Berberitzen, gewimpertem Perlgras, Federgras, Hauswurz. Phyllite, Glimmerschiefer und Gneise. Archaisch, sanft, liebevoll die kargen Hügelfelder. Nach einigen hundert Meter wird es etwas steiler und auf einem uralten Fuhrweg gewinnen wir schnell an Höhe. Schleifspuren-gepflasterter Weg-Gedanken. Bald schon wird der Weg wieder flacher und vor uns sehen wir zwei „Stoanmandlen“, denen wir uns nähern indem wir für kurze Zeit den Weg verlassen und in der Linkskurve 100 Meter gerade weiter gehen. Eine Überraschung: unterhalb der zwei Steintürme ein Schalenstein. Geheimnisvolle Zeichen-Spuren aus der Urzeit. Nachdenklich kehren wir zu unserem Weg zurück und steigen weiter hoch. Nach 15 Minuten etwa erreichen wir eine Abzweigung und hier können wir uns entscheiden. A) Kürzerer, flacher Weg zur Hän gebrücke, Panoramaweg, Erlenbach, Kesselknott, Töniegg, Fallerhof, Vetzan, Goldrain, Bahnhof Goldrain. (von hier zum Bahnhof Goldrain gemütliche zwei Stunden reine Gehzeit) B) Leicht ansteigender Weg zu den Annaberger Böden, Burg Annenberg, Hängebrücke, Panoramweg, Erlenbach, Kesselknott, Töniegg, Fallerhof, Vetzan, Goldrain, Bahnhof Goldrain. (von hier zum Bahnhof in Goldrain gute drei Stunden) A) Der Weg führt leicht abwärts zum Tisser Gröben zurück. Wir betreten das schluchtartige Gelände und bestaunen ehrfurchtsvoll die unendliche Kraft des Wassers, die diese Einfurchungen in Millionen von Jahren gebildet hat. Eine Hängebrücke bringt uns auf die andere Seite und wir nehmen nun den flachen Panoramweg. Nach 20 Minuten etwa , der zweite Gröben: der Erlengröben, durch den Erlenbach geformt. Unter uns Schloss Goldrain mit seinen Ecktürmen und seiner wechselvollen Geschichte. Wir gehen weiter und rechts am Berghang fällt uns ein überhängender Felsen auf: der Kesselknott. Nach dem Krieg haben hier Menschen gelebt und die schwere Zeit überstanden. Vor uns ein kleiner Hügel mit großer Vergangenheit: der Töniegg . Hier hatte der hl.Antonius seine romanische Kirche, die ab dem 13. Jh. vom Johanniterorden betreut wurde. 1782 wurde das Heiligtum von Kaiser Josef II. aufgehoben. Der Antoniusaltar befindet sich heute in der St. Anna Kapelle in Schanzen/Goldrain. Im Umfeld des Hügels wird der älteste Siedlungskern Goldrains vermutet. Funde aus der späteren Bronzezeit belegen eine urzeitliche Besiedelung. Der Hügel war auch der Platz zum Scheibenschlagen am 1. Fastensonntag. Jetzt erreichen wir die asphaltierte Strasse die hinauf zum Fallerhof führt und dann über den Vetzaner Gröben ins liebliche Weindorf, Vetzan. Alte Kastanienbäume, gepflegte Weinberge – Spuren von der Heimatverbundenheit und dem Fleiss der Bauern. Über der Strasse sehen wir noch Spuren vom Lehmabbau. Noch vor 50 Jahren wurde hier Lehm vom Sonnenberg geholt und zu Ziegeln verarbeitet. (Betontürme der Materialseilbahn) In der Mitte des Dorfes die Pfarrkirche zum hl. Nikolaus. (1432 erstmals erwähnt) Am 16. Juni 1840 wurde die Kirche mitsamt dem Kuraten, Sebastian Buchrainer, der sich zum Wetterbeten in der Kirche aufgehalten hat, verschüttet. Die heutige Kirche wurde 1845 geweiht. Hinter der Pfarrkirche biegen wir links ab und nach 5 Minuten Strasse, überqueren wir wieder den Vetzaner Gröben. Jetzt ist es nicht mehr weit nach Goldrain und zum Bahnhof. B) Diese Wanderung ist etwas weiter und führt zuerst zu den Annaberger Böden. Die meist flachen Weideflächen gehören zur Burg Annenberg. Wir genießen den herrlichen Ausblick und steigen weiter hoch bis wir nach etwa 20 Minuten die Fahrstrasse erreichen. Hier könnte man weiter zu den Berghöfen auf Ratschill gehen. Heute steigen wir aber zur Burg Annenberg ab. Überrascht staunen wir über eine herrliche Burganlage mit großer Geschichte. Von Annenberg aus wurde der lukrative Bergbau in den darüber liegenden Hängen betrieben.(Goldgruben) Mit den Erlösen aus dem Bergbau stiegen die Annenberger vor etwa 5-6 hundert Jahren zum bedeutendsten Geschlecht im mittleren Vinschgau auf. In den Annenberger Stollen schürfte man nach silberführenden Bleierzen, um sie anschließend zur Verhüttung in die Schmelz nach Morter zu bringen. Von Reichtum der Annenberger profitierten auch die umliegenden Kirchen. Anton von Annenberg, ein Humanist und Gelehrter, trug eine erstaunliche Bibliothek zusammen, aus der auch die bekannte Abschrift des Nibelungenliedes stammen soll. (1833 vom Benediktinerpater, Beda Weber, auf Obermontani, gefunden) Annenberg wurde zu einem kulturellen Zentrum. Die zierliche St. Annakapelle in der Nähe der Burg wurde 1516 geweiht. Wir steigen weiter ab und nehmen unterhalb der Burganlage den Weg zur Hängebrücke und zum Panoramaweg. (weitere Beschreibung ab Hängebrücke unter Weg A) Steckbrief der Wanderung Gemütliche Winterwanderung, trotzdem gutes Schuhwerk erforderlich, auf eisige Stellen achten. Höhenunterschied: A = 180 Meter B = 450 Meter. Reine Gehzeit: A = 3 h, B = 4,5 h. Die Winterwanderung eignet sich für Familien mit Kindern. Ausgangspunkt: Bhf. Latsch (ev. auch St. Luzius Kirche in Tiss/Goldrain) Zielort: Bhf. Goldrain (bzw. St. Luzius Kirche in Tiss/Goldrain) Markierung: Wegweiser und Wegnummern entlang der gesamten Route vorhanden Anfahrt: Vinschgerbahn empfohlen Einkehr: Gasthöfe in Latsch, Vetzan und Goldrain. Entlang der Wegstrecke am Sonnenberg ist keine Einkehrmöglichkeit.

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