Philipp Achammer eröffnete den Vortragsteil mit Nadja Schuster, Maria Kußtatscher und Abdelouahed El Abchi (von links).

Krampus in Marokko und Rorate im Ramadan

Publiziert in 22 / 2009 - Erschienen am 10. Juni 2009
Latsch – Das erste Lob, in­direkt, kam aus dem Mund von Nadja Schuster, Beauftragte für Flüchtlinge und Ausländer im Amt für Senioren und Sozialsprengel: „Die einzige politische Bewegung, die sich seit Jahren mit dem Thema Ausländer befasst, war und ist die Junge Generation“, das zweite, diesmal direkte Kompliment kam von Maria Kußtatscher, ehemalige Landesvorsitzende des KVW: „Kompliment, dass ihr es wagt, an das ­Thema heranzugehen“. Sie waren neben Abdelouahed El Abchi die Gastreferenten in der Zukunftswerkstatt „Einwanderung und Integration“. Die dünne Personaldecke aus jüngeren Latschern dürfte im direkten Zusammenhang mit einem Fußballspiel im Fernsehen und der üblichen Versammlungsmüdigkeit stehen. Sie wurde von Latscher JG-Funktionären, von der ­Führung der Jungen Generation, Philipp Achammer und Heidi ­Gamper, der Landessekretärin Sabine Mair und Bezirksobfrau Roselinde Koch ausge­glichen. Die Landes­beauftragte Nadja ­Schuster stellte ein 3-G-Konzept in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen. „Die Integration muss mehrheitlich gewollt, finanziell gefördert und von der Politik gesteuert werden.“ Ihre Ausführungen belegte sie mit Hinweisen auf die Arbeitsleistung der Ausländer, ohne die weder die Landwirtschaft, noch die Gastronomie bestehen könnten, die Kranken­häuser schließen müssten und die Hauspflege aufhören würde. Rund 7 %, das sind 32.000 EU- und Nicht-EU-Bürger, wohnen derzeit in Südtirol. Für 2020 erwartet man einen Zuwachs auf etwa 14 %; die Schweiz habe derzeit einen Anteil von 20 %. Maria Kußtatscher erinnerte daran, dass auch Südtiroler in Notlage ausgewandert sind und dass im Tourismusland Süd­tirol sich täglich 65.750 Fremde aufhalten. 229 Millionen Euro seien von Arbeitnehmern aus Nicht-EU-Ländern verdient und dafür 52 Millionen Einkommenssteuer und 71 ­Millionen Sozialabgaben geleistet worden, die zum größten Teil nie beansprucht würden. Referent Abdelouahed spielte auf Latscher Verhältnisse an, da die Veranstaltung um 15 Minuten später begann. „Ja sind wir denn in Marokko?“, fragte er scherzhaft. Mit dem konkreten Beispiel, es sei für ihn und seine Landsleute unvorstellbar, einen Onkel über Jahre nicht gesehen zu haben, deckte er Mentalitätsunterschiede im Familiendenken auf. In seiner Umgebung zähle der Kontakt bei Begegnungen und nicht ein distanziertes Winken wie hier in Europa, meinte er. Dabei sei vieles sehr ähnlich: „Wir haben in Marokko auch Krampusse und das Rorate feiern wir im Monat Ramadan“, brachte er seine Zuhörer zum Staunen. Außerdem stellte er fest, dass in Südtirol sehr viel Geld für Integration ausgegeben werde, die aber niemand wahrnehme. Katja Nocker, Edith ­Haspinger und Kevin Hofer vom Südtiroler Jugendring hatten die ­Moderation der „Werkstatt“ übernommen und ließen ­zuerst all das, was zum Thema Einwanderung nicht passte, an die „Klagemauer“ kleben, danach kamen Wünsche und Verbesserungs­vorschläge dazu an die Pin-Wand. Sie wurden angeordnet und mit über­geordneten Begriffen als ­Visionen für 2020 versehen.
Günther Schöpf
Günther Schöpf

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