Sich vom Pferd tragen lassen macht sichtlich Spaß: geführt werden das Pferd und die Reiterin von der Pferdefachwirtin und Reitlehrerin Anja Rominger.

Lernen und wachsen mit Pferden

Publiziert in 20 / 2008 - Erschienen am 28. Mai 2008
Laas/Schlanders – Ein Pferd spricht nicht. Es fühlt, lässt mitfühlen und verleiht der Person, die auf seinem Rücken sitzt, neues Selbstbewusstsein. Das ist einer der wesentlichen Aspekte des Pilotprojekts, das die Landesberufsschule Schlanders im Schuljahr 2007/2008 zur Förderung von Schülern mit besondern Bedürfnissen ins Leben gerufen hat. „Wir wollten einen differenzierten und ganzheitlichen Unterricht zur Berufsfindung und als Orientierungshilfe für Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren anbieten“, stimmten die Praxislehrer Erwin Platzgummer und Markus Puintner am 20. Mai bei der Vorstellung des Pilotprojektes auf dem Reitgelände des Vinschger Reit- und Fahrvereins im „Allitzer Waldele“ überein. Im Reit- und Fahrverein mit seinen Pferden, seinen Anlagen und seinen Mitgliedern fand die Berufsschule einen sehr geeigneten Projekt-­Partner. „In diesem wunderbaren Ambiente bieten sich vielseitige Möglichkeiten, um eine so heterogene und anspruchsvolle Schülergruppe individuell, lebenspraktisch und lernfeldorientiert zu begleiten,“ freuen sich die Praxislehrer. Den Alltag in den Werkstätten würden viele Schüler mit besonderen Bedürfnissen oft als langweilig empfinden, „wenn wir aber hier auf dem Reitgelände arbeiten und wenn die Schülerinnen und Schüler zudem noch die Pferde putzen, satteln und auf ihnen reiten dürfen, spürt man, dass sie schnell einen neuen Zugang zu sich selbst finden“, sagt Erwin Platzgummer. Auch für den Aufbau sozialer Verhaltensformen, für die Stärkung des Selbstbewussteins, für die Übernahme von Verantwortung und nicht zuletzt auch für die Körperhaltung sei der Umgang mit Pferden sehr hilfreich. Haltungsschäden zum Beispiel können so zum Teil geheilt werden. Die Praxislehrer nehmen kein Blatt vor den Mund: „Man kann Schüler mit besonderen Bedürfnissen mit Medikamenten ruhig stellen oder sie zahllosen Therapien unterziehen, sodass sie am Ende nur noch mit Betreuern in Kontakt sind, nicht aber mit ganz ‚normalen’ Menschen.“ Ein ganz „normaler“ Mensch ist Christan Tröger, ein sehr aktives Mitglied des Reit- und Fahrvereins, den die Schülergruppe besonders lieb gewonnen hat. Das Pilotprojekt, eingebaut im lernfeldorientierten Unterricht, hat im Herbst 2007 begonnen und dauert noch bis zum Schul­ende. Zu den Schwerpunkten gehörten Holz- und Metallarbeiten. Die Vorbereitungen wurden in den Werkstätten getroffen, die Arbeiten selbst erfolgten auf dem Reitgelände. Neben dem Entwurf, der Fertigung und Montage von 13 Sattel-Schränken aus Massivholz für das Pferdegeschirr wurden unter anderem auch Infotafeln aus Metall und Plexiglas für die 22 Pferdeboxen hergestellt und montiert. „Der Verein stellte das Material zur Verfügung und die Schüler führten die Arbeiten aus, sodass beide Seiten einen Vorteil hatten,“ freut sich Helmut Telser, der Präsident des Reit- und Fahrvereins. Besonders gefreut haben sich die Schüler aber am Umgang mit den Pferden. Sie lernten, die Hufe zu pflegen, das Fell zu bürsten, die Stallungen zu reinigen und die Pferde zu führen. Weiters lernten sie reiten. „Für das Therapieren von Haltungsschäden eignen sich Pferde ebenso wie die Entwicklung der Persönlichkeit,“ sagte die diplomierte Pferdefachwirtin und Reitlehrerin Anja Rominger. Der Umgang mit den Pferden habe sich auf die Schüler in mehrfacher Hinsicht sehr positiv ausgewirkt. Dies war den Schülern auch klar anzusehen. Christian etwa hatte es zu Beginn nicht einmal gewagt, sich einem Pferd zu nähern, jetzt kann er es nicht mehr erwarten, auf ihm zu reiten.
Josef Laner
Josef Laner

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