Paukenschlag an der „Marmorfront“
Publiziert in 29 / 2007 - Erschienen am 29. August 2007
Schlanders/Laas – Jahrelanger Streit, endlose Diskussionen und nicht selten auch „wilde“ Gerüchte: All das hat das Thema Marmor zu einem medialen Dauerbrenner gemacht. Nun hat sich ein neuer Akteur eingeschaltet. Es ist dies Ingenieur Burkhard Pohl aus Kastelbell. Er hat mit Datum 27. Juli 2007 zusammen mit seiner Familie sämtliche Quoten der Tiroler Marmorwerke GmbH übernommen. Nicht nur die Brüder Siegfried und Peter Paul Pohl aus Latsch haben alle ihre Quoten an die Familie Burkhard Pohl abgetreten, sondern auch Ingenieur Siegfried Unterberger aus Meran sowie der Marmorunternehmer Giuseppe Dalle Nogare. Anstelle der bisherigen Firmenbezeichnung Tiroler Marmorwerke GmbH lautet der neue Firmenname Göflaner Marmor GmbH. Die Tiroler Marmorwerke GmbH hatte am 12. September 2005 mit dem Abbau im Göflaner Wantlbruch begonnen. „Wir als Göflaner Marmor GmbH sind die Rechtsnachfolger und wollen den Abbau ohne Unterbrechung fortführen,“ bestätigte Burkhard Pohl dem „Vinschger“. Erfahrungen mit dem Abbau haben er und sein Sohn Peter bereits unter der Tiroler Marmorwerke GmbH gesammelt.
Auf die Frage, wie er zur Entscheidung gekommen ist, in das Marmorgeschäft einzusteigen, meinte Burkhard Pohl: „Was mich am meisten gereizt hat, ist die Qualität des Göflaner Marmors und das Potential, das in ihm steckt. Wäre es allerdings nicht gelungen, die Mehrheit zu bekommen, hätte ich die Finger davon gelassen.“
Im Vergleich zum bisherigen Abbau in Göflan wird sich laut Burkhard Pohl spätestens ab dem nächsten Jahr ziemlich einiges ändern. „Eines unserer größten Ziele ist es, den Abbau selbst in die Hand zu nehmen und Leute von hier einzustellen.“ Die Tiroler Marmorwerke GmbH hatte für den Abbau eine Gruppe aus dem Raum Asiago beauftragt. An einer Übernahme oder an einer Beteiligung an der Firma Lasa Marmo, die den Weißwasserbruch in Laas betreibt, sei die Göflaner Marmor GmbH im Gegensatz zur Vorgängerfirma nicht interessiert, so Burkhard Pohl. Man bemühe sich, mit der Lasa Marmo und den anderen Beteiligten einen Ausgleich zu vereinbaren und alle Streitigkeiten beizulegen. Ein erstes fruchtbares Gespräch mit Elisabetta Sonzogno, der Chefin der Lasa Marmo, habe erst kürzlich in Verona stattgefunden. Worauf die Göflaner Marmor GmbH besonderen Wert legt, ist der Aufbau einer Verkaufsstruktur. Hierbei wird auf eine Zusammenarbeit und auf Synergie-Potentiale mit Marmor-Betrieben in Carrara in der Toskana gesetzt.
Der nach wie vor ungelösten Frage des künftigen Abtransportes des Marmors ist sich Burkhard Pohl natürlich bewusst, „doch diese Frage haben nicht wir als Firma zu lösen, sondern die Gemeinden.“ Der Stein aus Göflan wird seit dem September 2005 dank einer provisorischen Genehmigung über die Straße zu Tal gebracht. Eine Verlängerung dieses Provisoriums hat Nationalparkpräsident Feruccio Tomasi erst kürzlich in Aussicht gestellt, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Schrägbahn in Laas tatsächlich saniert und künftig als einzige Marmortransportstruktur für alle Bruchbetreiber genutzt werden kann. In diesem Sinne hat sich übrigens auch Landeshauptmann Luis Durnwalder geäußert. Das Land will die rund 10 Millionen Euro teure Sanierung der Schrägbahn mitfinanzieren.
In der Gemeinde Laas und auch in der Fraktion Laas ist die Diskussion rund um die Frage des Abtransportes noch nicht abgeschlossen. Dass sich die obere Marmorbahn im Laaser Tal wegen tiefgründiger Massenbewegungen kaum sanieren lässt, geht aus der so genannten Bergmeister-Studie klar hervor. In dieser Studie wird daher zusätzlich zur Sanierung der Schrägbahn der Bau einer neuen Seilbahn vom Weißwasserbruch bis zur Bergstation der Schrägbahn vorgeschlagen. Nun liegt in Laas ein fast deckungsgleicher Vorschlag auf. Gemäß diesem Vorschlag sollte die Talstation der Seilbahn allerdings nicht im Bereich der Bergstation der Schrägbahn errichtet werden, sondern rund 500 Meter taleinwärts, und zwar an einer Stelle mit direkter Sichtverbindung zum Weißwasserbruch. Die Lechner Marmor AG, die den Jennwandbruch wieder beleben will, müsste für den Abtransport zusätzlich zum Bau einer Seilbahn vom Jennwandbruch ins Laaser Tal auch eine Seilbahnverbindung zum Weißwasserbruch errichten. „Und von dort aus könnten wir uns an die geplante gemeinsame Transportstruktur anschließen“, so Georg Lechner von der Lechner Marmor AG. „Dieser Vorschlag, aufgetaucht bei einer Aussprache mit dem Landehauptmann und vom Laaser Bürgermeister mitgetragen, geht für uns in Ordnung“, freut sich Lechner. Er und seine Schweizer Partner seien bereit, für die öffentliche Transportstruktur jährlich 180.000 Euro zu zahlen. Es sei dies jener Beitrag, denn alle Bruchbetreiber zu entrichten hätten. Jeder Betreiber könne künftig bis zu 3.000 Kubikmeter pro Jahr abbauen. Dank der Seilbahnlösungen wird der Jennwandbruch laut Lechner zudem wintertauglich.
Von der Lasa Marmo wird laut dem Laaser Bürgermeister Andreas Tappeiner erwartet, dass sie schriftlich einwilligt, die Schrägbahn zur gleichgestellten Nutzung für alle Bruchbetreiber zur Verfügung zu stellen. Tappeiner kündigte auch ein Treffen mit allen Bruchbetreibern an, das in Kürze stattfinden soll.
Sollte es gelingen, in Laas eine gemeinsame, öffentliche Transportstruktur auf die Beine zu stellen, könnte in absehbarer Zukunft auch der Marmor aus Göflan wieder über den bestehenden Verbindungsweg zum Weißwasserbruch nach Laas und weiter ins Werkgelände der Lasa Marm gebracht werden.
„Wenn eine Transportmöglichkeit gegeben ist, haben wir kein Problem, den Göflaner Marmor in Laas zu lagern bzw. zu verarbeiten,“ sagt Burkhard Pohl.
Josef Laner