Reinhold Messner als Schaftreiber
Publiziert in 32 / 2007 - Erschienen am 19. September 2007
Vernagt – Rund 1.950 Schafe kehrten am Samstag, 15. September, von der Sommerweide auf der Niedertal-Alm im Ötztal ins Schnalstal zurück. Bereits am Tag zuvor waren die Treiber nach Vent gefahren. Erstmals als Treiber mit dabei waren heuer unter anderem der Extrembergsteiger, Bauer und Museumsgestalter Reinhold Messner, sein Sohn Simon sowie Josef Götsch, Obmann der Agrargemeinschaft Niedertal. Auch Oswald Oelz, Professor der Medizin, erfahrener Bergsteiger und Expeditionsarzt sowie der Tierzart Georg Forcher erlebten den Abtrieb mit. Übernachtet haben die Treiber und Begleiter auf der Martin-Busch-Hütte oberhalb von Vent im Ötztal. Um 6 Uhr wurde aufgebrochen. Es dauerte rund 7 Stunden, bis die Schafe und Treiber den uralten Weg über das Niederjoch nahe der „Similaunhütte“ (3019 m) bis hinunter nach Vernagt zurückgelegt hatten. In Vernagt warteten nicht nur die Schafbauern auf die Rückkehr ihrer Tiere, sondern auch viele Gäste und Einheimische waren gekommen, um die Ankunft der Schafe und das Hirtenfest des Schafzuchtvereins Schnals mitzuerleben.
Abgesehen von den Schneefällen rund eine Woche vor dem Abtrieb kann man mit dem heurigen Almsommer im Ötztal laut Josef Götsch vom Gurschlhof zufrieden sein. Das sei nicht zuletzt auch dem Hirten Luis Unterthurner aus Vellau zu verdanken.
Reinhold Messner beschrieb seine Eindrücke mit einem einzigen Wort: „Archaisch“. Es sei kaum zu glauben, dass die Schafe seit rund 5.000 Jahren über uralte Wege und Steige auf die Almen getrieben werden und von dort wieder zurückkehren. Von Staatsgrenzen sei überhaupt nichts zu bemerken. Sogar unter dem Faschismus haben die Übertriebe nie eine Unterbrechung erfahren. Die Schafübertriebe sind laut Messner nicht eine Tradition, „sondern Teil der bäuerlichen Kultur im Schnalstal.“
Eine derart lebendige Bergbauernwelt wie im Schnalstal gebe es in ganz Südtirol nur noch in Ulten. Das Schnalstal soll laut Messner auf einen „Zwittertourismus“ im positiven Sinne setzen: „Zum einen auf den Wintertourismus mit dem Skigebiet in Kurzras und zum anderen auf die lebendige Bergbauernwelt. Es braucht von der Moaralm bis Finail an die 20 Höfe, auf denen Zimmer vermietet, ein Ausschank betrieben und bäuerliche Produkte angeboten werden.“ Diese Ansichten hat Messner unlängst auch bei einem Treffen mit Schnalser Gemeindeverwaltern und –räten auf Juval geäußert. Von der Rofenberg-Alm waren bereits am 9. September rund 1.100 Schafe über das Hochjoch nahe der Schutzhütte „Schöne Aussicht“ (2842 m) nach Kurzras getrieben worden. Der Penauder Schafabtrieb mit rund 800 Tieren von der Penauder-Alm bis nach Karthaus ist für Samstag, 22. September, angesetzt. Die Schafherde wird gegen 11 Uhr beim Haus der Dorfgemeinschaft in Karthaus eintreffen.
Josef Laner