Sakrale Kunst
Publiziert in 43 / 2008 - Erschienen am 3. Dezember 2008
Schlanders – Was kann sich ein Bildhauer, Holzschnitzer und Ikonen-Maler zu seinem 70sten Geburtstag Schöneres wünschen als eine Ausstellung seiner Werke? Der Bildungsausschuss Schlanders und die Marktgemeinde Schlanders haben dem langjährigen Kunsterzieher Hubert Piccolruaz dieses Geschenk gemacht und eine Ausstellung über „Sakrale Kunst“ in der Krypta der St. Michaelskapelle in Schlanders organisiert.
Die Eröffnung ist am Samstag, 6. Dezember 2008 um 17 Uhr; einführende Worte sprechen Dekan Josef Mair und Werner Kuntner, der Kirchenchor Schlanders wird die Vernissage musikalisch umrahmen.
Der gebürtige Grödner Hubert Piccolruaz, Jahrgang 1938, hat bis zu seinem 30sten Lebensjahr gemeinsam mit seinem Vater und zwei Brüdern als Bildhauer in St. Ulrich gearbeitet. Die Technisierung brachte es mit sich, dass weniger Handarbeit gefragt war, und so suchte sich Hubert Piccolruaz ein sicheres Einkommen als Kunstlehrer an der Mittelschule von Schlanders. Die Holzbildhauerei ließ ihn jedoch nicht los und so fertigte er etliche Kreuzigungsgruppen, Reliefs, Mutter-mit-Kind-Plastiken usw. Ein Ikonen-Malkurs in Gschnon bei Neumarkt nach seiner Pensionierung weckte in Hubert Piccolruaz seine Begeisterung und sein Interesse und seitdem ist er dieser Kunst verfallen. Inzwischen leitet er selbst Meditations- und Ikonen-Malkurse in Gschnon und in Schlanders.
„Der Vinschger“ hat sich bei Hubert Piccolruaz über die Ikonen-Malerei informiert:
„Der Vinschger“: Wo haben die Ikonen ihren Ursprung?
Hubert Piccolruaz: Die Ikone ist für den orthodoxen Gottesdienst unerlässlich. Sie wird nicht als Dekoration angesehen, sondern als ein heiliges Bild, das verehrt wird. In den russischen Häusern brennt ein Licht vor der Ikone, vor ihr wird gebetet. Besucher verneigen sich zuerst vor der Ikone, bevor sie den Hausherrn begrüßen.
Welchen ursprünglichen Sinn verfolgen Ikonen?
Hubert Piccolruaz: Sie wollen zum Betrachten und Beten einladen und den Menschen einen Blick in die jenseitige Welt öffnen. Die Ikone ist die Verkündigung einer Botschaft.
Muss man bibelfest sein, wenn man Ikonen malen will?
Hubert Piccolruaz: Die ersten Ikonen-Maler, die Pater in den orthodoxen Klöstern haben eine Woche vorher gefastet und gebetet, um inspiriert zu werden, bevor sie ans Werk gegangen sind. Heute sollte man sich mit den Darstellungen befassen, doch diese wiederholen sich immer wieder, sie folgen einem feststehenden Formenkanon. Das unterscheidet die Ikonen-Malerei grundlegend von der Malerei des Abendlandes. Jede Einzelheit, die Farbgebung und die Gesten sind vorgegeben und haben eine tiefere Bedeutung.
Welche Merkmale sind typisch für die Ikonen?
Hubert Piccolruaz: Ikonen haben etwas Überzeitliches und werden nach festen Regeln geschaffen. Der Gesichtsausdruck, die weit geöffneten Augen oder die segnende Haltung der Hände sind typische Merkmale. Das Gesicht muss verklärt bleiben, denn Jesus ist trotz seiner Menschwerdung Gott geblieben.
Muss der Ikonen-Maler nicht aufpassen, dass seine Malerei in Kitsch übergeht bzw. als solcher empfunden wird?
Hubert Piccolruaz: Die Orthodoxen sind streng geblieben in der Farbgebung und in der Darstellung. Sie halten die Regeln ein, während man bei uns dazu neigt, die Figuren zu verlieblichen und zu versüßen. Das Spirituelle und die Tiefe gehen dabei leider verloren.
Interview: Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Die Ausstellung bleibt bis 14. Dezember 2008, Mo - Sa von 10 - 12 Uhr und von 15 - 18 Uhr, So von 9.30 - 12 Uhr und von 15 - 19.30 Uhr geöffnet.
Ingeborg Rainalter Rechenmacher