Vorbeugen oder zuwarten, bis Grenzwert kommt?
Publiziert in 37 / 2011 - Erschienen am 19. Oktober 2011
Prad - Aus mikrobiologischer Sicht ist das Trinkwasser in der Gemeinde Prad einwandfrei. Das Problem der Arsenbelastung ist mittlerweile gelöst. Allerdings weist das Wasser einen Uran-Gehalt von bis zu 18 Mikrogramm (µg) pro Liter auf. Während Wilfried Rauter, der Direktor des Landesamtes für Gewässernutzung, und Bürgermeister Hubert Pinggera keinen dringenden Handlungsbedarf sehen, fordern Udo Thoma und weitere Mitstreiter die Gemeindeverwaltung im Sinne der Fürsorgepflicht gegenüber den Bürgern zum Handeln auf.
Vor gut zwei Dutzend Personen referierte Wilfried Rauter, Direktor des Landesamtes für Gewässernutzung, am 7. Oktober im „aquaprad“ im Rahmen der Prader Wasserwochen zum Thema „Lebenselixier Wasser“ und ging dabei auch auf das Thema Uran im Trinkwasser ein. In Europa gebe es derzeit keinen Uran-Grenzwert. In Deutschland wird mit 1. November 2011 ein Grenzwert von 10 µg Uran pro Liter eingeführt. Im Unterschied zu mikrobiologischen Substanzen sei Uran ein natürliches Spurenelement, „und wenn wir von 10 oder 15 µg reden, heißt das nicht, dass weiß Gott was passiert.“ Bei Quellen in den Gemeinden Mals und Martell, wo bis zu 40 und mehr µg gemessen wurden, habe man mit Filteranlagen reagiert.
Was die gesetzlichen Vorgaben betrifft, sieht Rauter derzeit keinen dringenden Handlungsbedarf in Prad. Sofern die Gemeinde aber etwas unternehmen wolle, sei das technisch möglich, „aber es ist auch eine Frage der Kosten.“ Diese Äußerungen von Rauter und auch jene, wonach die grundsätzlich gute Qualität des Trinkwassers infolge der Uran-Diskussion nicht in Frage gestellt werden sollte, stießen bei den Gemeindeverwaltern selbstverständlich auf Zustimmung. „Das Arsenproblem haben wir gelöst. Sollte für Uran ein Grenzwert kommen, werden wir reagieren, entweder mit Filteranlagen oder mittel- bzw. langfristig mit Trinkwasser aus dem Gemeindegebiet von Stilfs. Es laufen hierfür bereits Gespräche. Das Trinkwasser für Prad und Agums wird seit einiger Zeit gemischt, sodass der Uran-Gehalt insgesamt gesenkt werden konnte,“ fasste Bürgermeister Hubert Pinggera zusammen.
„Tatsache ist, dass wir Uran im Trinkwasser haben“
Ganz andere Ansichten vertraten Udo Thoma von der Liste FÜR PRAD, weitere Vertreter dieser Liste sowie etliche Diskussionsteilnehmer. Der Grundtenor war: Wenn es Möglichkeiten gibt, die Uran-Konzentration zu senken, sollte die Gemeinde diese nutzen, auch wenn es derzeit noch keinen Grenzwert gibt. „Tatsache ist, dass wir mit Uran belastetes Trinkwasser haben“, so Udo Thoma. In Deutschland, wo nun ein Grenzwert von 10 µg kommt, wäre Prad auf der Negativtabelle der Gemeinden mit den höchsten Uran-Werten ganz vorne mit dabei. Er verwies auch darauf, dass in Deutschland seit Jahren ein Grenzwert von 2 µg für Mineralwasser gilt, das für die Zubereitung von Säuglingsnahrung gekennzeichnet ist. Den Hauptanteil des Prader und Agumser Trinkwassers liefere der Tiefbrunnen Lichtenberg, „und deshalb kommt bei den Endverbrauchern eine hohe Konzentration von 18 µg Uran/l aus dem Wasserhahn. So jedenfalls war der Stand im Sommer 2010.“ Auch auf potentielle Gefahren, die von einer hohen Konzentration des Schwermetalls Uran aufgrund seiner chemischen Giftigkeit für die Gesundheit ausgehen können, verwies Thoma.
Der Gemeindeverwaltung warf Thoma vor, Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Trinkwasserqualität zu verhindern. Ein hydrogeologisches Gutachten aus dem Jahr 2002 belege, dass die Quellen am Lichtenberger Berg die beste Qualität aufweisen „und außerdem auch genug Wasser schütten. Natürlich müsste man mit den Lichtenbergen reden.“
„Warum kann man nicht überschüssiges Wasser am
Lichtenberger Berg nutzen?“
Der ehemalige Wasserwart Alois (Lois) Gander sagte, dass die Quellen am Lichtenberger Berg bei von ihm durchgeführten Messungen im Winter und Sommer mehr oder weniger immer dieselbe Menge schütteten, und zwar zwischen 18 und 20 l/s, manchmal auch darüber. Er warf die Frage auf: „Warum kann man nicht jenes Wasser, das die Lichtenberger nicht brauchen, nach Prad leiten?“ Es wäre dazu keine hohe Investition notwendig. Selbstverständlich sollte man den Lichtenbergern kein Wasser nehmen, das sie selbst brauchen. Derzeit rinne viel Wasser unnütz den Bach hinunter. Den Lichtenberger Bergern würde man nichts wegnehmen, weil diese Quellen ja das ganze Jahr über schütten. Prad und Agums benötigen in etwa 15 bis 18 l/s. Laut Gander ließe sich auch Geld sparen, denn das Tiefbrunnenwasser von Lichtenberg müsste nicht mehr nach Prad gepumpt werden.
Auf die Frage von Udo Thoma an die Gemeindeverwalter, ob für sie die Lösung Lichtenberger Berg in Frage kommt, sagte der Bürgermeister, dass in den vergangenen Jahren bereits hohe Investitionen im Trinkwasserbereich getätigt wurden. Mittelfristig denke man daran, eventuell Trinkwasser von der Gemeinde Stilfs zu beziehen, und zwar von Quellen in Trafoi. Laut Pinggera ist am Lichtenberger Berg zu wenig Trinkwasser vorhanden, um Prad zu versorgen. Dies wäre somit keine Ganzjahres-Lösung.
Die im „aquaprad“ anwesenden Lichtenberger meldeten sich nicht zu Wort. Auf die Frage, ob der teils unterschiedliche Geschmack des Wassers auf den Arsen- oder Uran-Gehalt zurückgeführt werden könne, meinte Rauter: „Wir haben es mit derart geringen Konzentration zu tun, dass man davon sicher nichts schmeckt oder riecht.“ Die Frage, ob er seinen eigenen Kindern das derzeitige Wasser in Prad zum Trinken gebe würde, bejahte der Rauter. Das Trinkwasser in Südtirol habe fast überall Spitzenqualität. Es gebe daher keinen Grund, in Supermärkten teures Mineralwasser zu kaufen. Das gelte auch für Prad.
Josef Laner