„Wege durch die Krisen des Lebens“
Publiziert in 9 / 2006 - Erschienen am 4. Mai 2006
So hieß der erste Vortrag aus der Themenreihe „Gesundheit“ in Schlanders. Roger Pycha, Primar des psychiatrischen Dienstes im Krankenhaus Bruneck, zeigte gemeinsam mit einem von Depression betroffenen Patienten und einem Angehörigen die Entstehungsphasen und Erscheinungsformen von seelischen Krisen und Depressionen auf.
Zum einen sind seelische Krisen Phasen des Übergangs und Chancen für menschliche Entwicklung und Veränderung, zum anderen können diese seelischen Erschütterungen zu größeren seelischen Leiden wie Depressionen führen.
Jeder Mensch leidet mindestens ein Mal in seinem Leben an einem depressiven Zustand. 15 bis 20 Prozent aller Menschen entwickeln im Lauf ihres Lebens eine behandlungsbedürftige Depression. Depressionen sind nach den Angststörungen weltweit die zweithäufigste psychische Störung.
Die Gesellschaft verschweigt den ganzen „Psycho“-Bereich gerne, weil er Unsicherheit und Angst auslöst. Die Folge sind Vorurteile gegenüber Erkrankten, ihren Angehörigen und deren Behandlungsmethoden. Das macht das Leben aller Betroffenen noch schwerer. Deshalb schämen sich seelisch Erkrankte und Angehörige ihres Leidens oft und versuchen es verzweifelt zu verbergen.
Einer Grippe schämt sich niemand. Niemand fühlt sich daran Schuld oder als Versager, wenn sie immer wieder auftritt. Auch Zuckerkrankheit oder hoher Blutdruck akzeptiert jeder als Störung, die meist lebenslang behandelt werden muss. Dasselbe soll für lang andauernde Depressionen gelten.
Die „Europäische Allianz gegen Depression in Südtirol“ hat ein 4-Ebenen-Aktionsprogramm ausgearbeitet, mit dem Ziel einer besseren Versorgung von Menschen mit Depression. Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung und Sensibilisierung der Gesellschaft sind erforderlich, ebenso die Zusammenarbeit mit Hausärzten, Seelsorgern, Lehrern u.ä. die Förderung der Selbsthilfe ist enorm wichtig. Betroffene fühlen sich besser, wenn sie selbst einen Beitrag zu ihrer Gesundung leisten können. In Selbsthilfegruppen werden die Erkrankten und ihre Angehörigen aufgefangen, ermutigt und verstanden.
„Niemand vermag besser zu trösten, als wer Gleiches erfahren und durchlitten hat“.
Die Selbsthilfegruppe für Depression und Angststörung (D&A) kann dazu beitragen, dass sich Betroffene nicht mehr allein fühlen, dass sie nach Hilfe fragen und sie annehmen, dass es ihnen gelingt, das Leben neu zu planen und dass sie merken, dass sie sich nicht in einer ausweglosen Situation befinden.
Treffpunkt für die Selbsthilfegruppe D&A ist jeden 2. und 4. Freitag im Monat von 19.00 bis 21.00 Uhr in der Beratungsstelle der Caritas in Schlanders. Informationen unter Tel. 0473/624558
Ich will Worte finden für das, was ich spüre
Im Rahmen der Vinschger Gesundheitstage wurde der ehrenamtlich tätige Arbeitskreis „ProPsyche“ vorgestellt.
„ProPsyche“ bietet die Möglichkeit, Fragen und Anliegen zur psychischen Gesundheit vorzubringen, miteinander ins Gespräch zu kommen – etwas zur Sprache zu bringen. Bei öffentlichen Forumsabenden steht der Dialog mit den Teilnehmern aus der Bevölkerung im Vordergrund. An bestimmten Abenden werden auch Politiker, Verantwortliche verschiedener Fachdienste und Vertreter verschiedener Interessensgruppen zum Dialog mit der Bevölkerung eingeladen.
Bei „ProPsyche“ engagieren sich der Erwachsenenbildner Hans Tappeiner, der Psychologe Harald Tappeiner, die Leiterin der Selbsthilfegruppe Depression und Angststörung, Ingeborg Forcher sowie Gernot Niederfriniger (Selbsthilfegruppe), Regina Riedl und Waltraud Reisinger (Selbsthilfegruppe Angehöriger psychisch kranker Personen). Das nächste öffentliche Treffen von „ProPsyche“ findet am Donnerstag, 25. Mai um 20.00 Uhr im Haus der Bezirksgemeinschaft in Schlanders statt. Kontakte unter: 0473/624558 oder
339 21455167
Ingeborg Rainalter Rechenmacher