Bezirkstagung mit Meinrad Mairl, Josef Bernhart, Eveline Brück, Ulrike Rudolf und Emil Unterholzner (von links).

Wenn man Mobbing wahrnimmt, ist es meist zu spät

Publiziert in 15 / 2010 - Erschienen am 21. April 2010
Kortsch – Das Thema liegt im Trend, aber die Bezeichnung dafür wird verdreht und verzerrt, wie es gerade passt. „Aber wenn der Leistungsdruck steigt, wird Mobbing zum Thema“, fand Heinrich Fliri, Bezirksvorsitzender im Katholischen Verband der Werktätigen (KVW), und ließ durch Rosa Weisenegger­ zur Bezirkstagung im Haus der Dorfgemeinschaft das Lied „Ein Kreis beginnt zu leben“ anstimmen, eine echte Anti-Mobbing-Aktion. Als Experten des Tages stellte sein Stellvertreter Josef Bernhart aus Morter Eveline Brück, Personalverantwortliche der HOPPE AG, und Meinrad Mairl, Mobbing Experte in der Autonomen Gewerkschaftsorganisation öffentlicher Körperschaften (AGO), vor. Die ausgebildete Psychologin aus Süddeutschland, zuständig für die Mitarbeiter an den drei Südtiroler HOPPE-Niederlassungen, versuchte den Begriff Mobbing an den Wurzeln zu packen, ging auf den Bedeutungswandel ein und gab zu bedenken, dass der Ausdruck Mobbing für alle unangenehmen Situationen im Umgang mit Menschen herangezogen werde. „Wir müssen das emotional beherrschte ­Thema versachlichen“, forderte sie. Jede noch so bescheidene, aber nachweisebare Aktion könne das „Problem der Beweislast“ einer Lösung näher bringen. Die „bremsenden“ Faktoren, Mobbing ans Tageslicht zu bringen, seien das Schamgefühl der Betroffenen und die Skepsis des Umfeldes. Es gäbe derzeit noch keine gesetzlichen Regelungen. In Italien müsse ein „danno biologico“, ein körperlicher Schaden, nachgewiesen werden, um Mobbing zur Straftat zu erklären, ein „danno morale“ sei kein Strafbestand. Im Bereich des Nationalen Fürsorge­instituts INAIL werde von ­„Costrittivitá organizzativa“, von „organisatorischem Zwang“, gesprochen, wenn der Arbeitnehmer Aufgaben unter seiner Qualifikation annehmen müsse. Dies alles seien nur Teil­aspekte, aber Mobbing beginne schleichend. Sobald es von außen wahrgenommen werde, sei es für die Betroffenen fast schon zu spät. Der frühere Direktor des Drogentherapiezentrums Josefsberg, Meinrad Mairl, zog es vor, statt von Mobbing lieber von „seelischer Gewalt“ zu ­sprechen, und weckte auf jeden Fall Aufmerksamkeit mit seiner Behauptung, schwere Mobbing­fälle habe er verhältnismäßig oft in karitativen Einrichtungen festgestellt. Er erklärte dies mit dem ehrenamtlichen Einsatz prominenter Personen, die viel zu wenig Einblick in die Arbeitsabläufe der professionellen Mitarbeiter hätten, wodurch diese gezwungen seien, sich an Gewerkschaften zu wenden mit der Tendenz, dass man einen Fall früher oder später einem Rechtsanwalt übergebe. Mairl ortete viele Ursachen für Mobbingfälle in Tratsch und Klatsch mit fließendem Übergang ins Intrigieren und Denunzieren. Dass das Thema aktuell zu sein scheint, bewiesen die Wortmeldungen aus dem Publikum, darunter zum Thema Mobbing in der Schule und die Rolle der Familie, aber auch zu Grenz­fällen mit Selbstmordabsichten. Der Versammlung wohnten die zweite Obmannstellvertreterin Sieglinde ­Regensburger, die Sozialreferentinnen Kathi Doná (Kastelbell) und Anni Thaler (Schluderns), die Bezirksvorsitzende des Südtiroler Wirtschaftsringes, Rita Egger, und als Gast aus dem KVW-Bezirk Meran, Josef Öttl bei. Die Versammlung endete mit aktuellen Informationen über die Landesversammlung durch Fliri, über die Bildungsarbeit durch die Bildungsreferentin Ulrike Rudolf und über die Organisation von Steuerunter­lagen durch Bezirkssekretär Emil ­Unterholzner.

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