Zeitzeugen berichten über Bomben, Folterung und Kerker
Publiziert in 9 / 2006 - Erschienen am 4. Mai 2006
Die Junge Generation in der SVP der Ortsgruppe Partschins und die Schützenkompanie Partschins hatten die Zeitzeugen Sepp Innerhofer und Wolfram Klotz eingeladen, am 21. April im Partschinser Haus der Dorgemeinschaft über ihre Erlebnisse und Aktivitäten in den 60er Jahren zu berichten.
Martin Haller, Hauptmann der Schützenkompanie, begrüßte Geladene und Anwesende und drückte seine Freude darüber aus, dass dieses Thema ein starkes Interesse geweckt hatte und dass er unter dem Publikum im voll besetzen Saal so viele Jugendliche erblicken durfte.
Wolfram Klotz, Sohn des Aktivisten Jörg Klotz und als solcher Zeitzeuge der damaligen Geschehnisse, ergriff als erster das Wort. Er schilderte die geschichtliche Situation: Machtergreifung der Faschisten und Errichtung ihrer Denkmäler, Option (gehen oder bleiben), Nichteinhaltung der Friedensvereinbarungen von St. Germain, Minderheitenschutz bis zur Besatzungsmacht durch die Italiener, die jegliche deutschsprachige Kultur und Bräuche, zu denen auch die Trachten und Vereine zählten, verbot. Nach 25 Jahren unter faschistischer Knechtschaft und der Schaffung der Scheinautonomie nach Kriegsende hatte es zum Eklat kommen müssen, denn die einheimische Bevölkerung konnte - und wollte - sich die Ungerechtheiten nicht weiter gefallen lassen. Er hätte miterleben müssen, wie stark sein Vater als Organisator - nie als direkter Teilnehmer an den Anschlägen - in die Geschehnisse der 60er Jahre involviert war und er, und eine Zeit lang auch seine Mutter, dafür ins Gefängnis kamen. Er fügte am Ende seines Vortrages jedoch hinzu: „Wenn wir damals gewusst hätten, von ‚draußen’ so kläglich im Stich gelassen zu werden, so hätten sicherlich viele von uns nicht Schikanen, Folterung, Verfolgung und Gefängnis auf sich genommen.“
Der heutigen Jugend gab er den Rat mit auf den Weg, sich für Frieden und Freiheit einzusetzen, denn „kein demokratisches Land kann sich Tote im Namen der Freiheit leisten.“
Sepp Innerhofer, 1928 geboren, hatte selbst an den Anschlägen teilgenommen und konnte auch viel über die Zeit davon berichten. Dank der Katakombenschulen hatte er ein wenig Deutsch gelernt und er hatte miterleben müssen, wie sein Volk auf Kultur, Sprache und Herkunft verzichten musste. Die Option sei schlimmer gewesen als der darauffolgende Krieg, denn er trennte Familien, Verwandte, Freunde und Kameraden und machte sie häufig sogar zu Feinden.
Innerhofer erzählte, schon häufig gefragt worden zu sein, wie ein Familienvater Aktivist werden und dadurch Familie und Kinder aufs Spiel setzen und die Freiheit riskieren konnte; seine Antwort sei immer die gleiche gewesen: „gerade wegen unserer Kinder“. Wie viele seiner Kameraden wurde auch er verhaftet und gefoltert (ihm sind die Fußknochen zertrümmert worden und seine Brust weist dreizehn Brandwunden auf), wofür die verantwortlichen Carabinieri zwar angeklagt, jedoch freigesprochen wurden. Von den siebeneinhalb Jahren Haftstrafe musste er „nur“ drei absitzen, jedoch erhielt er erst 1998 die Bürgerrechte zurück (37 Jahre nach seiner Entlassung) und das sei menschenunwürdig. Die jungen Leute unserer Zeit seien sehr an dem, was um sie herum geschieht, interessiert und das müsste von den Erwachsenen, den Familien, den Lehrern und nicht zuletzt von den Politikern besser unterstützt und gefördert werden.
Am Ende dieser ausführlichen Vorträge blieb noch Zeit für Fragen und eigene Erlebnisse anderer Zeitzeugen. Das Publikum, unter ihnen besonders sicherlich die Feriengäste und Zugereisten, waren beeindruckt und vielen von ihnen sind Zusammenhänge und Ursachen der Geschehnisse in den 60er Jahren, die so häufig kritisiert und angeprangert werden, ein wenig verständlicher geworden. Ohne diese mutigen Männer ginge es den Südtirolern heute bestimmt nicht so gut und um die Unabhängigkeit wäre es schlechter bestellt – das sollte man nie vergessen.
Christel Strasinsky