Karl Perfler: Die Augen öffnen für das, was wir haben.

Zurück zur Mutter Erde

Publiziert in 22 / 2011 - Erschienen am 8. Juni 2011
Tschengls – Er kann auch schweigen. Still sein. Aber wenn er redet, sprüht es nur so von ihm heraus, aus dem Mund, aus den Augen, dem ganzen Gesicht. Karl Perfler ist überzeugt von dem, was es sagt. Er glaubt daran und nutzt jede, auch ­kleinste Möglichkeit, um andere für ­seine Ideen zu begeistern. Wer nicht bereit ist, etwas Zeit und Geduld aufzubringen und wirklich zuzuhören, wird die Gedanken des Musik-, Kultur- und Wanderführers aus Goldrain nie verstehen. Er wird sozusagen weiterhin „Opfer“ des Systems bleiben. Eines Systems, das Karl Perfler in seinen Grundfesten erschüttert sieht: „Es ist bei Gott nicht alles falsch, was wir Vinschger bisher getan haben. Nur sind wir mittlerweile auf einen Punkt angelangt, der uns zwingen sollte, uns ein paar grundsätzliche Fragen zu stellen.“ Und die wären? Karl Perfler: „Unsere Obstbauern liefern zwar ihre Äpfel ab und die Vieh­bauern die Milch, und irgendwann bekommen sie dafür auch ihr Geld, doch der Boden unter den Füßen - und ich meine das durchaus wörtlich -, geht uns immer mehr verloren.“ Das System werde von großen Märkten bestimmt, „und wir büßen zunehmend an Identität ein, an Bodenhaftung, an Verwurzelung, an Authentizität.“ Es sei das Maß für das Maßvolle, das uns immer mehr abhanden komme, und Hand in Hand damit die Freude an der Arbeit mit der Mutter Erde. „Der Vinschgau war nicht von ungefähr die Kornkammer Tirols und wir haben die Möglichkeit und die Chance, diese Kornkammer speziell am Vinschger Sonnenberg neu aufleben zu lassen.“ Aber nicht nur hierin sieht Karl Perfler ein großes Potential: „Das Ziel muss es sein, den Versuch zu unternehmen, das Potential im Vinschgau zu erkennen - es ist nicht nur das gut, was von außen kommt -, die Menschen dafür zu begeistern, die Kräfte zusammen zu führen und die Verknüpfung zwischen Tourismus und Landwirtschaft nicht nur zu predigen, sondern in die Tat umzusetzen.“ Also nicht reden, sondern tun. Und wer etwas tun will, muss beginnen. Karl Perflers Beginn ist die Übernahme der Tschenglsburg von der Familie Tscholl in Tschengls. Nachdem der Restaurant- und Barbetrieb in der Tschenglsburg vor rund einem Jahr geschlossen worden ist, öffnet Karl Perfler jetzt die Tore der Burg neu, und zwar schon zu Pfingsten. Er will die Burg nicht im klassischen Stil eines Gasthauses führen, sondern sieht in ihr - wenn man das so formulieren darf -, die ­materielle Struktur seines geistigen Fundaments. So werden die Gäste und Besucher der Tschenglsburg vorwiegend landwirtschaftliche Produkte aus dem Vinschgau vorfinden. Alpkäse zum Beipsiel, ­Schüttelbrot oder hausgemachte Krapfen. Bei den Getränken denkt Karl Perfler vorwiegend an Säfte, Vinschger Weine „und an Whiskey aus Glurns, der hoffentlich bald kommen wird.“ Auch an ein Vinschger Frühstückskistl wird gedacht. Zusätzlich zum Kulinarischen wartet Karl Perfler mit einer weiteren Schiene auf: „Ich möchte diesen wunderbaren Ort und Landschaftsraum im wahrsten Sinne des Wortes bespielen. Bespielen mit Harfe und Geige, mit Vorträgen, Veranstaltungen, Initiativen und ­möglicherweise auch Seminaren zum Themenkreis Landwirtschaft und Tourismus.“ Als Musik-, Kultur- und Wanderführer hat Karl Perfler während der vergangenen Jahre viel erlebt und erfahren. Die Gedanken und Sorgen der Einheimischen sind ihm ebenso bekannt wie jene der Gäste. In diesem Sinne sollen die Burg und das unmittelbare Umfeld auch zu einem Ort der Begegnung, des Austausches und der fruchtbringenden Auseinandersetzung werden: „Allein ist man machtlos. Daher freut es mich umso mehr, dass mich Leute aus Tschengls und darüber hinaus unterstützen. Ich möchte, dass die Burg für alle offen ist, besonders auch für die Vereine von Tschengls.“ Christian Tscholl, Mitglied der Besitzerfamilie und seines Zeichens auch Fraktionsvorsteher von Tschengls, stehe seiner Initiative sehr positiv ­gegenüber. Was Karl Perfler, der übrigens im Vorstand der Südtiroler Wanderführer mitarbeitet, ab Pfingsten noch täglich anbietet, sind zwei Musik- und Kulturwanderungen. Eine führt vom Bahnhof im Marmordorf Laas durch den Wald zur Burg und die andere vom Bahnhof in Spondinig durch die „Prader Sand“, weiter bis zur St. Johann Kirche in Prad und über die ­Ottilienkirche zur Tschenglsburg. Dass die heilige Ottilie die Schutzpatronin des Augenlichts ist, mag Zufall sein, trifft Karl Perflers Ansinnen aber mitten ins Herz: die Augen öffnen für das, was wir haben. Weiters Infos zu Karl Perflers „Philosophie“ im Internet (www.karlperfler.com).
Josef Laner
Josef Laner

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