Drei Männer – ein Weltpokal
Publiziert in 12 / 2015 - Erschienen am 1. April 2015
Am 23. März 1975 traten Franz Klammer, Gustav Thöni und Ingemar Stenmark punktegleich zum alles entscheidenden Parallelslalom an
Trafoi - Fast 40 Jahre später leitete Diego Mariottini in der digitalen Ausgabe der „Gazzetta dello Sport“ seine Erinnerungen an das größte Skisportereignis Italiens mit dem Satz ein „Vor 40 Jahren war der Schnee im Fernsehen noch mehr Schnee“ und erinnerte an die Millionen Schwarzweißgeräte, vor denen 20 Millionen Italiener den Atem anhielten. Darunter war auch der 9-jährige Lorenzo Fabiano aus Verona. Angespannt saß er damals mit seiner Familie vor dem „Grundig“ und vergaß das Mittagessen. 40 Jahre und drei Tage später las Fabiano in der Halle des Hotels Bellavista aus seinem Buch „Thoeni vs Stenmark - l‘ultima porta“ vor. Vor ihm saß leibhaftig der Held des „Jahrhundertduells“ von damals. „Gustavo Thoeni“, Italiens Skiidol zwischen 1969 und 1976, hatte es sich zwischen Helmuth Schmalzl, dem Rennläufer aus St. Ulrich, und seinem Erzrivalen Piero Gros, Weltcup-Sieger 1975 aus der Provinz Turin, bequem gemacht. Vor ihm gestikulierte sein einstiger Nationaltrainer Oreste Peccedi. Der Bormese ließ einen coolen Spruch nach dem anderen vom Stapel und lobte besonders die Arbeit von Walter Schwienbacher, Thönis erstem Trainer in Trafoi. Mit Peccedi war aus Sondrio der wirkliche Initiator der „Valanga Azzurra“, der damalige technische Direktor Mario Cotelli, angereist. Den erlesenen Kreis in Trafoi vervollständigte die „graue Ski-Eminenz“ in Gröden, Erich Demetz, begleitet von Frau Luisa und seiner Nachfolgerin im Weltcup-Komitee, Tochter Stefania. Einer der vier Vorläufer im Parallelslalom auf der Ronc-Piste in St. Ulrich war Gustavs Vetter Roland. Er hatte seine Mutter Gretl mitgebracht, die als Fahrerin die beiden Buben Gustav und Roland unermüdlich von einem Wettkampf zum anderen kutschiert hatte. Den historischen Abend in Trafoi hatte Stephan Gander organisiert und „gemänätscht“. Mit einem Filmmix eröffnete Gustavs Schwiegersohn den Abend und die „Schleusen der Erinnerungen“. So wurde bekannt, dass Walter Schwienbacher den ersten Weltpokal nach Trafoi gebracht hatte, weil Gustav keine Zeit hatte. Cotelli berichtete, dass ein Österreicher Schmalzl bestechen wollte. Schmalzl war es dann, der in der Vorentscheidung „Kaiser Franz“ aus dem Rennen geworfen hatte. Fabiano las aus seinem Buch über den absichtlichen Torfehler von Tino Pietrogiovanna gegen Gustav und er erinnerte an die dramatische Szene, als erst nach Stunden der Beweis erbracht wurde, dass Ingo Stenmarks Akrobatik gegen den Polen Bachleda kein Torfehler war. Irgendwie hielt man noch nach 40 Jahren den Atem an, als erzählt wurde, wie ein ungestümer, junger Schwede Stenmark „all‘ultima porta“ scheiterte und ein triumphierender Gustav Thöni seinen vierten Weltpokal abholen konnte. s
Günther Schöpf