Ein Vinschger Kitesurf-Traum
Flavio Marx will Südtiroler Kitesurf-Geschichte schreiben und träumt von Olympia.
Taufers im Münstertal - 2018 fiel die Entscheidung: Kitesurfen wurde zur Olympischen Disziplin ernannt. 2024 in Paris wird die Sportart Teil des Olympischen Segelprogramms sein. Dann wird der erst 19-jährige Flavio Marx die Wettbewerbe voraussichtlich gespannt vor dem TV beobachten, einige Jahre später will der Kitesurfer aus Taufers im Münstertal aber selbst bei Olympia angreifen. 2028 finden die Spiele in Los Angeles statt. Dies ist das große Ziel des jungen Vinschgers. „Olympia ist mein Traum. 2024 kommt wohl noch etwas zu früh, aber 2028 ist möglich“, betont Marx im Gespräch mit dem der Vinschger. Marx wäre damit der erste Südtiroler Kitesurfer bei Olympia – der Beste ist er schon jetzt.
Mit Kitesport aufgewachsen
Aber der Reihe nach: Alles begann im Alter von nur 4 Jahren. Der kleine Flavio wuchs sozusagen mit dem Kitesport auf. Sein Vater Elmar Marx ist seit jeher Kite-Lehrer am Reschensee. Der 4-jährige Flavio versuchte sich damals am Snowkiten auf Schnee, mit 6 Jahren erlernte er das Kitesurfen auf dem Wasser. Im Alter von 12 Jahren bestritt er seinen ersten Wettkampf, in den Snowkite-Eliteklassen, damals in der Disziplin Freestyle. Weitere Wettbewerbe in den verschiedenen Kite-Disziplinen folgten. Seit einigen Jahren konzentriert sich Marx auf die „Kitefoil Raceklasse“, die olympische Disziplin. 2019 fuhr er erstmals ein Rennen mit einem Foilkite. Beim Foil handelt es sich um eine Art Tragflügel, der unter dem Board angebracht ist. „Bei den Wettkämpfen ist natürlich alles genauestens geregelt, welche Foils und welche Kites, also Lenkdrachen, man hernehmen darf“, erklärt Marx, der diesen Sport als einziger Südtiroler wettkampfmäßig betreibt.
Ein langer Weg
Im Juli holte er bei den U21-Weltmeisterschaften in Kalabrien den 8. Platz und sorgte damit durchaus für eine Überraschung. „Das hat mir sehr viel bedeutet, weil ich mir nicht erwartet hätte, so weit vorne zu landen. Dieses Ergebnis zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin und mit der Weltspitze mithalten kann“, so Marx, der für den Adrenalina Kiteclub Reschensee startet. 2022 hatte er bei den Elite-Italienmeisterschaften als Vierter nur knapp eine Medaille verpasst, in der U21-Kategorie kürte er sich zum Italienmeister. Bereits im nächsten oder übernächsten Jahr wolle er regelmäßig in der Elite-Klasse fahren. Doch: „Es ist noch ein langer Weg“. Und: „Es braucht so einiges. Man muss natürlich körperlich topfit sein, ganz wichtig ist aber auch die mentale Stärke“, weiß Marx. Nicht zuletzt sei ein gutes Material das Um und Auf. „Das macht einen riesigen Unterschied“, betont der Kitesurfer.
„Totale Randsportart“
Es sei alles andere als einfach, den Sport auf höchstem Niveau in Südtirol zu betreiben. Trainieren muss Marx größtenteils alleine, einen professionellen Trainer für ihn gibt es nicht. „Das sind Kosten, die in der momentanen Situation kaum zu stemmen sind“, so der Athlet. Zwei bis drei Mal in der Woche stehen Trainingseinheiten im Reschensee auf dem Programm, wenn möglich sowohl im Winter auf Schnee als auch im Sommer auf Wasser. „In den arbeitsintensiven Monaten ist das Training nur an Wochenenden möglich, im Sommer, wenn ich mich mehr auf den Sport konzentrieren kann und internationale Wettkämpfe stattfinden, bin ich auch schon mal die ganze Woche auf dem Brett“, so Marx. In Südtirol handle es sich um eine „totale Randsportart“, wie er erklärt. „Leider“. Die Suche nach Sponsoren gestalte sich daher schwierig. „Ein großer Dank geht an jene, die ich bisher habe. Ich hoffe, dass sie mir auch weiterhin helfen“, betont der Kiftesurfer. Sponsoren sind wesentlich, da es sich um einen kostenintensiven Sport handelt: Insbesondere das so wichtige Material ist teuer. Eine Aufnahme in eine staatliche Sportgruppe ist sehr schwierig. In der Nationalmannschaft gibt es derzeit etwa nur fünf Plätze, drei für Männer, zwei für Frauen. Diese sind jedoch momentan allesamt vergeben. „In einigen Jahren klappt es vielleicht mit der Nationalmannschaft, dann ist auch die Tür für eine Sportgruppe offen“, hofft Marx. So schafften heuer zwei Nationalathleten den Sprung in die „Marina Militare“, also die italienische Marine. Für Marx ist dieser Profistatus aber noch Zukunftsmusik. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er als Maurer in der Schweiz. Für die internationalen Wettkämpfe im Sommer hat er ausreichend Urlaubstage übrig. Unterstützung erhält Flavio von seiner Mutter Deborah, seinem Vater Elmar und seiner Freundin Judith, die ihn regelmäßig zu Wettkämpfen begleitet.
Dem Sport in Südtirol zum Boom verhelfen
Kitesurf und Snowkite-Wettkämpfe gibt es hierzulande quasi ausschließlich am Reschensee. Dort herrschen optimale Bedingungen für die Surfer. Marx habe sich immer gewünscht, dass der Sport auch Teil der Sportoberschule in Mals werde. „Schon als ich ein kleines Kind war dies ein Traum. Ergeben hat es sich aber nie“, blickt er zurück. Marx hofft, dass der Sport durch seine Erfolge auch in Südtirol populärer wird. „Olympia könnte dem Ganzen natürlich zu einem Boom verhelfen“, so der junge Vinschger. Er wolle auch eine Art Kitesurf-Botschafter sein, ein Südtiroler Pionier in dieser Sportart. „Der Sport ist meine Leidenschaft, ich möchte das Kitesurfen bei uns bekannter machen“, so Marx. Sollte er weiterhin auf der Erfolgswelle reiten und sich den Traum von Olympia erfüllen, dann dürfte ihm das auf eindrucksvolle Weise gelingen.