Plaus feiert seine Paralympionikin Claudia
Publiziert in 34 / 2012 - Erschienen am 26. September 2012
„Das Leben lehrte mich zu kämpfen, man muss immer wieder beweisen, was in einem steckt. So erfüllte sich mein Traum.“
Plaus – Ihre Anstrengungen, Ausdauer, Hartnäckigkeit und ihr Ehrgeiz haben sich gelohnt. Die seit dem dritten Lebensmonat querschnittsgelähmte Handbikerin Claudia Schuler nahm als einzige Südtiroler Athletin an den Paralympischen Spielen vom 29.08. bis 09.09. in London teil. Für die 6-fache Italienmeisterin, 2-fache Silbermedaillengewinnerin bei der WM 2009 usw. wurde ein Traum wahr. „Mein Ziel ist es immer schon gewesen, an der Olympiade teilzunehmen. Bei den Spielen 2008 in Peking habe ich gerade die Matura gemacht, heuer hat es Gott sei Dank geklappt“, erwähnte sie dem "Der Vinschger" gegenüber. Vor rund zwei Jahren gab Schuler ihre Tätigkeit im Jugendtreff von Plaus auf, um sich vollkommen auf den Sport zu konzentrieren.
Claudia aus der 700-Seelen-Gemeinde (fast) ganz vorne dabei
Obwohl es nicht zu einem Podestplatz reichte, rückte sie mit ihren Leistungen an die Weltspitze heran. Im Einzelzeitfahren über 16 km belegte sie den 6. und beim Straßenrennen über 49 km den 9. Rang. „Ich habe von vornherein gewusst, dass einige Frauen körperlich stärker sind als ich. Eine Amerikanerin, die schon länger dabei ist, fährt auf dem Niveau der Männer. Beim Straßenrennen wurden einige Kategorien zusammengelegt, wodurch ich gegen Frauen mit einem geringeren Behinderungsgrad fahren musste, zudem war ich mit 24 Jahren mit Abstand die jüngste Teilnehmerin“, sagte Schuler. „Ich hoffe, dass ich noch ein paar Olympiaden vor mir habe, wo ich dann meine Stärken zeigen kann“.
Begeisterter Empfang in ihrer Heimatgemeinde
„Liebe Claudia, das ist heute dein Tag, genieße ihn, du stehst im Mittelpunkt unserer Anerkennung und unserer Bewunderung“, sagte Gemeindereferent Heinrich Kainz beim Empfang am 11. September vor dem Rathaus in Plaus. Sichtlich erfreut nahm diese auf dem Podium die Glückwünsche und Blumen entgegen. LR Theiner betonte, Claudia Schuler habe bewiesen, dass man trotz Behinderung unglaublich viel erreichen kann. „Ich habe eine unheimliche Freude mit dir. Auf das, was du geleistet hast, sind wir alle stolz“, sagte Markus Kompatscher, Präsident der Sportgruppe für Körperbehinderte. Der Erfolg von Claudia Schuler sei auf ihre große Passion zum Radsport zurückzuführen, fügte Südtirols Radsportpräsident Antonio Lazzarotto hinzu. Grußworte sprachen auch der Landtagsabgeordnete Sepp Noggler, Sepp Wielander, Direktor des Sponsors VI.P, Günther Andergassen vom VSS, Stefan Leitner von der Südtiroler Sporthilfe und der Präsident des ASV Plaus, Hannes Ratschiller. Zwischendurch wurden auch ihre Eltern mit viel Applaus bedacht. „Ihr Vater Arnold Schuler ist mit Claudia viel unterwegs und ich glaube schon, dass er maßgeblichen Anteil hat an ihrem Erfolg“, betonte Kainz. Im Gespräch mit dem "Der Vinschger" schilderte Claudia Schuler einige Eindrücke aus London. „Ich war schon nervös, besonders vor dem Start. Eine solche Olympiade mit rund 4200 Sportlern aus 164 Nationen ist doch aufregend. Alles hat andere Dimensionen, im olympischen Dorf habe ich erst allmählich realisiert, wo ich wirklich bin. Alle Sportler hatten ihre Schicksale wie ich. Das verbindet unheimlich, das unterscheidet den Behindertensport vom „normalen“ Sport, die Nationalmannschaft war wie eine Familie. Beim Start zählten dann auch die Erfahrung, die Stunden, die du auf dem Radl bist. Da sind viele Details ausschlaggebend, vom guten Schlaf, dem richtigen Essen bis hin zur optimalen Tagesverfassung muss alles passen“, so Schuler. „Gigantisch war auch die Abschlussfeier mit der weltbekannten Band Coldplay“.
Auch ihr Vater Arnold, der mit der Familie vor Ort war, zeigte sich beeindruckt. „Wenn man selber jemand dabei hat, dann ist das ohnehin etwas Aufregendes. Wenn wir Eltern uns zurückerinnern, wie es mit Claudia früher war, an die ganzen Schwierigkeiten, an die Wochen und Monate in den Krankenhäusern, dann ist das nach der Teilnahme an den Paralympics wie in einer anderen Welt“, sagte Schuler. „Überhaupt waren es die besonderen Schicksale, die das Interesse des Publikums erregten. Der beinamputierte Rennfahrer Alessandro Zanardi wurde heuer auf seiner früheren Autorennstrecke mit dem Handbike Olympiasieger. Ein querschnittsgelähmter Teilnehmer aus Haiti hat beim Erdbeben seine Frau und alle acht Kinder verloren. Imponierend war auch, wie es den Engländern gelungen ist, die Emotionen auf das Publikum überschwappen zu lassen. Diese Stimmung mit ausverkauften Veranstaltungen kennt man beim Behindertensport eigentlich nicht“.
„Der Sport hat mir für meine Lebensqualität sehr viel gebracht. Ich bin von den quälenden Schmerzen im Rücken und in den Beinen losgekommen. Das ist eigentlich ein kleines Wunder. Durch den Sport mit dem vielen Training habe ich die Muskulatur gestärkt, liegend im Handbike trainieren ist für mich eine schöne Therapie. Ich bin allen sehr dankbar, die mich auf dem Weg zu meinen Erfolgen begleitet und unterstützt haben, insbesondere meinen Eltern, der Sportgruppe für Körperbehinderte und der Nationalmannschaft“, so Claudia.
Oskar Telfser
Oskar Telfser