Abgeschnitten
Publiziert in 2 / 2014 - Erschienen am 22. Januar 2014
Die Gemeinde Taufers im Münstertal ist seit vorletzten Montag durch einen gefährlichen Steinschlag vom Rest Südtirols abgeschnitten
Taufers i.M. - Im Amtsdeutsch klang es ganz lapidar: Die Staatsstraße nach Taufers i.M. bleibt nach dem Steinschlag bei Laatsch weiterhin gesperrt. Auch der Radweg bzw. die Forststraße Rifair-Calvenwald ist aus Sicherheitsgründen wegen Lawinengefahr für jeglichen Fahrzeug- und Personenverkehr bis auf Widerruf gesperrt. Die Probleme hatten - und haben -, jedoch vor allem die Tauferer und die rund 250 Pendler zu bewältigen, die entweder in die Schweiz wollten oder aus dem Münstertal hinaus mussten. Solidarität und ein massiver Einsatz von Feuerwehr, Bergrettung und Forstverwaltung, sowie viele Freiwillige halfen die gefährliche Situation zu entschärfen. 10 Bagger und 12 LKW sind 24 Stunden im Einsatz, um eine Ersatzstraße anzulegen. Diese soll bis zum 28. Jänner fertiggestellt sein. In den Tagen nach der Schließung der Straße haben viele, vor allem Pendler lange Fußmärsche, teilweise durch tiefen Schnee und unter Lebensgefahr auf sich genommen, um an ihre Arbeitsplätze oder wieder nach Hause zu gelangen. Aus bis jetzt nicht genau bekannten Gründen hat sich eine riesige Abbruchstelle über 400 Meter oberhalb der Staatsstraße gebildet und rund 650.000 m³ Geröll und teilweise riesige Felsblöcke lauern nun dort oben. „Wir können nicht sagen, ob oder wann das Material herunterkommt“, berichtete der Malser Bürgermeister Uli Veith am Telefon, „es ist jedoch sicher, dass das untere Teilstück der Straße aufgegeben werden muss.“ Das Abrutschgebiet sei zwar schon längere Zeit unter Beobachtung, es seien jedoch alle von der enormen Größe der in Bewegung geratenen Materialmengen überrascht worden. Wie jedoch von Personen, die das Gebiet gut kennen, in Erfahrung gebracht werden konnte, wurden Fraktion, Gemeinde und betroffene Landesämter mehrfach darauf hingewiesen, dass dort oben eine große Gefahr drohe. Auf diese Leute wollte man nicht hören, nun sind die schlimmen Befürchtungen eingetroffen. Zum Glück wurde niemand verletzt oder getötet, es hätte auch anders ausgehen können. Nach einer zweitägigen Schockphase sind schließlich alle Hilfsmaßnahmen in Gang gekommen. Die Feuerwehren von Laatsch und Taufers besorgten auch unter Lebensgefahr einen Notdienst mit wichtigen Lebensmitteln und Medikamenten, die vom Malser Apotheker an die Patienten ausgegeben wurden. Die Schüler bekamen schulfrei und die Pendler schauten, dass sie irgendwie aus dem Tal hinaus und hereinkamen. Bei einer Bürgerversammlung konnten dann die Rettungsorganisationen und die politisch Verantwortlichen in Taufers die Dorfbevölkerung über den Stand der Dinge informieren. Die Zivilschutzkommission hat ihre Tätigkeit aufgenommen. Das Spital in St. Maria/Müstair hat den ärztlichen Notdienst übernommen. Nur mit der Post hapert es noch.
Friedrich Haring
„Es geht zu wie vor der Calvenschlacht“
„Es geht zu wie vor 515 Jahren in den Wochen vor der Calvenschlacht“: Das war der erste Eindruck des Kammerabgeordneten Albrecht Plangger und des Landtagsabgeordneten Sepp Noggler, als sie am Sonntag in der Früh (19. Jänner) einen Lokalaugenschein mit dem Leiter des Straßendienstes Vinschgau, Geom. Werner Stecher, den Technikern und vor Ort arbeitenden Firmenvertretern vornahmen. Dieses Mal aber nicht, um die Talschaften Vinschgau und Engadin von einander zu trennen, sondern sie so schnell wie möglich wieder zusammen zu bringen und wieder eine sichere Straßenverbindung zwischen bergsturz- und lawinengefährdetem Terrain zu bauen. Seit Tagen wird rund um die Uhr an der neuen Straße ins Münstertal gearbeitet. Die Fußgängerbrücke über den Rambach und der Verbindungsweg sind schon voll in Betrieb. Ebenso der Shuttlebus-Dienst auf Vinschger Seite. Die Behelfsbrücke für den Straßenverkehr ist schon fertig, die neue Straße nimmt Gestalt an. Ca. 30. 000 Kubikmeter Material und viele 100 Kubikmeter Zyklopenmauern werden notwendig sein. Am Bachufer stehen Scheinwerferanlagen , die den Tag-und Nachtbau ermöglichen. Laut Stecher habe man die Gefahr in diesem riesigen Ausmaß, auch aus rein geologischer Sicht, nicht erkannt bzw. gar nicht erkennen können. Daher hätte der Bau einer fast 1 km langen, neuen Straße mit einer zusätzlichen Brücke über den Rambach mitten im Nationalpark nie verwirklicht werden können. Auch die Geldmittel dazu hätte man nicht erhalten. „Hier wird mit Nachdruck und voller Motivation gearbeitet, das ist das wahre Südtirol“, stimmten Plangger und Noggler überein. „Hier könnte man die Vorurteile unserer südlichen Nachbarn gegenüber den Sonderautonomien ‚Lügen strafen’. Südtirol hat ein effizientes Krisenmanagement. Das Zusammenspiel der Landesverwaltungen, allen voran der Straßendienst Vinschgau, mit Wildbachverbauung, geologischem Dienst und Forstverwaltung, mit den Gemeinde- und Fraktionsverwaltungen, der Nationalparkverwaltung und den Zivilschutzorganisationen ist ausgezeichnet“, so die zwei Politiker. Große Anerkennung gehe auch an den entscheidungsfreudigen neuen Landeshauptmann, „der bei seinem ersten Einsatz als oberster Zivilschützer auf unbürokratische und kurze Entscheidungswege setzt und seinen Mitarbeitern alle Mittel gibt, um die Sofortmaßnahmen im Rekordzeit umzusetzen und die argen Beeinträchtigungen für die Bevölkerung und die vielen Grenzpendler so schnell wie möglich zu beseitigen.“ Bei der Unwetterkatastrophe in Sardinien hat sich die Bevölkerung laut Plangger von Staat und Region im Stich gelassen gefühlt. Dies sei in Südtirol anders. Diese positiven Beispiele effizienter Selbstverwaltung und Eigenverantwortung werde er in den nächsten Tagen seinen kritischen Parlamentskollegen „um die Ohren schlagen“. sepp

Josef Laner