Karl Grasser am 16. November 2012, als ihm die Ehrenbürgerschaft der Marktgemeinde Schlanders verliehen wurde.

Abschied von Karl Grasser

„Ein großer Künstler und ein großer Mensch“

Publiziert in 12 / 2022 - Erschienen am 5. Juli 2022

Kortsch - „Der Vinschgau gab ihm Schutz und er hat versucht, den Vinschgau zu schützen.“ So blickte der ehemalige Rai-Koordinator Rudi Gamper auf das Leben seines Freundes Karl Grasser zurück, der am 21. Juni im Alter von 98 Jahren verstorben ist und am 24. Juni in seinem Heimatort Kortsch beerdigt wurde. Karl Grasser habe für viele Kirchen und Kapellen in Südtirol wirkungsvolle Kunstwerke geschaffen, „die den Betrachter direkt ansprechen und die keine Erklärung brauchen“, würdigte Gamper das Schaffen des Künstlers. Karl Grasser sei ein Mann tiefen Glaubens und großer Demut und Einfachheit gewesen. Mit seinen Skulpturen, vorwiegend aus Bronze und Marmor, seinen Holzschnitten und weiteren Werken habe er Kunst für die Seelen und Herzen der Menschen geschaffen: „Eine offene Kunst ohne Schnörkel.“ Besonders beeindruckt hätten ihn stets die von Grasser geschaffenen „großen, offenen, schützenden, bittenden und gebenden Hände.“ Ein Künstler der lauten Worte sei Karl Grasser nie gewesen. Obwohl ihn der Tod seiner Frau Moidl nach 44 Ehejahren sowie das frühe Ableben seines Sohnes Erhard am 4. Dezember 2021 hart trafen, „lebte er immer ohne Gotteshader.“ Und wenn man ihn fragte, wie es ihm gehe, habe er geantwortet: „I bin zufriedn.“ Auch Bürgermeister Dieter Pinggera blickte auf das Leben von Karl Grasser zurück und würdigte das Schaffen und Wirken des akademischen Bildhauers. „Mit Karl Grasser ist eine landesweit anerkannte Persönlichkeit von uns gegangen, die sich hohe Verdienste um unsere Gemeinde und unsere Gemeinschaft erworben hat,“ sagte Pinggera. Geprägt gewesen sei Grasser von tiefer Religiosität, hoher Begabung, Ausdauer und Fleiß sowie einer starken Bindung an die eigene Kulturlandschaft. Nicht unerwähnt ließ der Bürgermeister die harte Jugendzeit von Karl Grasser, die schwere Verwundung im Zweiten Weltkrieg bei Monte Cassino, den Besuch der Kunstschule in Gröden und den erfolgreichen Abschluss des Studiums an der Akademie der bildenden Künste Wien. Im Alter von 32 Jahren kehrte er in sein Heimatdorf zurück und konnte seinen Weg als Künstler einschlagen. Rund ein Dutzend Plastiken und Reliefs hat Karl Grasser im Lauf von 40 Jahren im öffentlichen Raum in der Gemeinde Schlanders geschaffen. „Aus allen seinen Werken, auch aus den profanen, spricht eine tiefe Religiostät“, führte Dieter Pinggera aus. Für ihn sei Glaube nicht Tradition oder Gewohnheit gewesen, „sondern eine Grundüberzeugung, die es auch zu leben galt“, zitierte der Bürgermeister aus der Laudatio, die Marjan Cescutti am 16. November 2012 gehalten hat, als die Marktgemeinde Schlanders dem Künstler die Ehrenbürgerschaft verlieh. Laut Pinggera sprechen aus allen Werken Grassers „religiöser Ernst und tiefe Menschlichkeit. Einfachheit, Schlichtheit, innere Ruhe und Würde sind das entscheidende Wesensmerkmal seiner Figuren.“ Weit über Südtirol hinaus bekannt geworden sei Grasser als Meister des Holzschnitts. Der Bürgermeister erinnerte auch an das Wirken des Künstlers als Kunsterzieher in der Mittelschule in der Zeit von 1964 bis 1980, und an seinen 22-jährigen Einsatz in der Baukommission der Gemeinde Schlanders. In punkto Umwelt- und Ensembleschutz habe Karl Grasser in Schlanders eine Vorreiterrolle gespielt: „In der Kommission hat er - manchmal im heiligen Zorn - gegen Süßlichkeit und Pseudoarchitektur angekämpft und dabei nicht immer nur Dank geerntet.“ 1993 wurde Karl Grasser zum 70. Geburtstage mit der goldenen Ehrenmedaille der Marktgemeinde Schlanders ausgezeichnet, 2012 folgte die Ehrenbürgerschaft. Karl Grasser sei ein Mann gewesen, „der mit seinen Grundüberzeugungen und seiner Haltung uns allen ein Vorbild war, ein Großer im Dienst der Gemeinschaft“, schloss Pinggera. Den Sterbegottesdienst zelebrierte P. Martin Maria Steiner (OT) zusammen mit dem früheren Dekan Josef Mair und seinem Nachfolger Mathew Kozhuppakalam (MSFS). Zum Sterbegottesdienst, mitgestaltet vom Kirchenchor Kortsch, hatten sich u.a. auch Künstlerinnen und Künstler aus nah und fern eingefunden. Das Mitgefühl aller galt der Trauerfamilie.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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