Am Anfang war das Reisen
Publiziert in 20 / 2015 - Erschienen am 28. Mai 2015
Ohne das Reisen gäbe es weder die Tourismusgemeinde Naturns, noch das Prokulus-Museum. Die Prokulus-Kirche wäre eine einsame Kapelle.
Naturns - Da aber am Anfang nicht das Wort, sondern das Reisen war, wie man in der Sonderausstellung „Transit“ erfährt, konnte sich eine Siedlung an der Via Claudia Augusta bilden und konnten christliche Missionare die Heiligen Zeno und Prokulus nach Naturns bringen. Wie es weiter gegangen ist, weiß man, in etwa. Was wirklich dahinter steckt, welche Auswirkungen Reisen auf Menschen, Ortsbild, Landschaft und Wirtschaft hat, kann man im Prokulus-Museum über die besagte Sonderausstellung „Transit - Reisespuren durch die Zeit(en)“ nachvollziehen. Der Neuzeitarchäologe Christian Terzer aus Kurtatsch hat die Spurensuche mit aussagekräftigen Objekten und ansprechenden Texten auf engstem Raum gestaltet. Es kommen sogar Naturnser „Fernreisende“ zu Wort. Pilgerreise und Wallfahrten werden in die Spurensuche über eine bemalte Jakobsmuschel angeschnitten. Die Silex-Geräte der ersten Handelsreisenden, das Terra-Sigillata-Geschirr der Römer und die bronzene Scheibenfibel aus dem byzantinischen Raum sind Beispiele weitreichender Handelskontakte. Das Gefühl der Fremdheit wird erwähnt, das Reisefieber des 16. Jahrhunderts und die Bildungsreise der „Grand Tour“. Man erfährt von den ersten Pauschalreisen des Thomas Cook und vom Massentourismus. Eine verlorene Radkappe ist dem Ausstellungskurator Anlass, auf die Reisemittel einzugehen. Brandaktuell werden die Themen Reisefreiheit und Migration aufgegriffen. Gefälschte Fahrkarten von Flüchtlingen auf dem Weg nach Norden sind dazu konkretes Anschauungsmaterial. Am Ende der Ausstellung wird erinnert, dass es um 1950 in Naturns acht und heute 120 Fremdenbetriebe gibt. Eine Installation alter Autoreifen enthält raffiniert eingebaut Videofilme zu den vier Möglichkeiten, durch Naturns zu reisen: zu Fuß, auf dem Fahrrad, im Auto oder per Bahn. Die Eröffnung fand am „Internationalen Museumstag“ statt und wurde von Bürgermeister Andreas Heidegger und dem Präsidenten der Naturns Kultur & Freizeit GmbH, Valentin Stocker, eröffnet. Einen Hauch von Exotik und Fremdheit ins Museum brachte die klangliche Umrahmung von Claudio Scarabello am schweizerischen Stahlblechinstrument „Hang“. s

Günther Schöpf