„Auch selbstkritisch sein“
Publiziert in 12 / 2014 - Erschienen am 2. April 2014
hds-Vollversammlung mit Neuwahlen
Goldrain - „Trotz Krise und schwieriger Rahmenbedingungen, wie es etwa die Steuerbelastung und die hohen Lohnnebenkosten sind, dürfen wir das Glas nicht halb leer, sondern halb voll sehen“, sagte hds-Bezirkspräsident Dietmar Spechtenhauers bei der Bezirksversammlung auf Schloss Goldrain. In Krisenzeiten werde die Schuld gerne bei allen anderen gesucht, nur nicht bei sich selbst. „Wenn der Umsatz zurück geht, liegt der Grund dafür nicht nur in der sinkenden Nachfrage, sondern auch bei uns. Wir müssen uns daher selbstkritisch Fragen stellen: Stimmt das Sortiment? Braucht es mehr Werbung? Sind wir motiviert? Sind die Preise fair? Ist eine authentische Freundlichkeit gegeben? Gelingt es uns, die Kunden zu überraschen?“ fragte Spechtenhauser in den Saal. Die Kaufleute und Dienstleister müssten sich bemühen, Besonderheiten der Betriebe und Dörfer herauszuarbeiten, „damit Bewohner und Kunden möglichst alles finden, was sie brauchen. Der Reiz sind wir selber.“ Großanbieter hätten es im Vergleich zu familiengeführten Geschäften leichter. Auch hds-Präsident Walter Amort sieht im Familienbetrieb das Zentrum des Wirtschaftsgefüges. Jüngste politische Entwicklungen, die sich in Rom und Bozen abzeichnen, lassen auf positive Veränderungen hoffen. Wie Amort hofft auch der Landtagsabgeordnete und scheidende hds-Direktor Dieter Steger, dass es in Italien endlich zu großen Reformen kommen wird. Das „verkrustete“ Arbeitsmarktrecht sei zu erneuern und die öffentlichen Verwaltungen schlanker zu gestalten. Außerdem brauche es Rechtssicherheit. Für Südtirol stellte Steger ein neues Regelwerk in Aussicht, „wonach Einzelhandel in Zukunft in Gewerbegebieten und im landwirtschaftlichen Grün nicht mehr möglich ist.“ Als entscheidend stuft er die lokalen Kreisläufe und regionalen Produkte ein: „Die Großen schauen selbst auf sich, unser Augenmerk muss den Kleinen gelten.“ In diesem Sinn äußerten sich auch Paolo Agnelli (Terra Institute) und der Sozialwissenschaftler Armin Bernhard, die über das Projekt „Gemeinwohl-Region Vinschgau“ und das „Regionalgeld“ informierten, das im Herbst als komplementäre, Euro-gedeckte Währung im Vinschgau eingeführt werden soll. Bei der Gemeinwohl-Idee stehen nicht Gewinnmaximierung und Konkurrenz im Mittelpunkt, sondern Kooperation und Regionalität. „Wir dürfen nicht warten, bis das letzte Geschäft oder die letzte Bar zusperrt, sondern müssen alle zusammenstehen, damit unsere Dörfer lebendig bleiben“, sagte der Latscher BM Helmut Fischer. Der neue, 8-köpfige hds-Bezirksausschuss wurde per Akklamation gewählt: Horst Egger, Martina Gamper, Doris Gstrein, Jessica Hofer, Peter Schuster, Dietmar Spechtenhauser, Robert Weirather und Elke Weissenegger.
Besondere Ehrung
Seit 40 Jahren ist Josef Franz Rainalter Schuhmacher und Einzelhändler mit Schuhen in Glurns. Bei der hds-Bezirksversammlung wurde er dafür geehrt. Der Handwerksbetrieb wurde 1901 vom Großvater Josef Rainalter gegründet. Von 1936 bis 1967 führte dessen Sohn Franz das kleine Unternehmen. Josef Franz Rainalter war seit 1966 im Familienbetrieb tätig und übernahm ihn vom Vater im Jahr 1973. Heute arbeitet seine Nichte Dorothea Bayer im Betrieb mit. sepp

Josef Laner