Ausgrenzwert

Publiziert in 19 / 2016 - Erschienen am 18. Mai 2016
Wenn mich jemand einen Idioten oder Deppen nennt, dann wäre ich – glaube ich – zu Recht irritiert. Auch wenn in Zeiten von Böhmermann und Erdogan grobe Ausdrucksweisen bis hin zu Geschmacklosigkeiten aus satirischen Gründen hoch im Kurs sind, ließe ich mich zum Beispiel ungern einen Nazi oder Stalinisten schimpfen – ob satirisch oder nicht. Zuviel Blut und zu viel Menschenverachtung hängen an den genannten Bezeichnungen, als dass man so einen Vorwurf leichtfertig aussprechen könnte. Ebenso wenig wäre ich erfreut, wenn mich mein Gegenüber mit dem zweifelhaften Stempel „Faschist“ versieht. Aber Tausende Bozner sehen das anscheinend anders. Dass bei den Gemeinderatswahlen in der Landeshauptstadt eine italienische Partei, deren Mitglieder sich stolz „Faschisten des 3. Jahrtausends“ nennen, ihre Stimmen verdreifachen konnte, lässt einen deshalb sprachlos. Sicherlich: Parteien dieser Art sind immer auch Ausdruck der ungelösten Probleme ihrer Zeit. Doch wie formulierte schon der deutsche Kabarettist Dieter Hildebrandt: „Im Gegensatz zur Satire sind der Dummheit keine Grenzen gesetzt.“z
Christian Zelger
Christian Zelger

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.