André Pirhofer (links) und Peppi Stecher

„Bleibt das System aufrecht, ändert sich nichts“

Publiziert in 32 / 2013 - Erschienen am 18. September 2013
Die Vinschger Freiheitlichen hoffen auf einen Vinschger „Blauen“ im neuen Landtag Vinschgau - „Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Freiheitlichen des Bezirks Vinschgau bei den Landtagswahlen im Oktober einen Vinschger Vertreter nach Bozen schicken werden.“ Peppi Stecher aus Mals und André Pirhofer aus Latsch sind überzeugt, dass die Blauen auch im Vinschgau erneut zulegen werden. „Nur wenn es gelingt, das bisherige System zu brechen, wird es in diesem Land zu Veränderungen kommen,“ stimmen sie überein. Auf der Landesliste trägt Stecher die Nummer 10, ­Pirhofer die Nummer 18. der Vinschger: Bei den Landtagswahlen 2003 kamen die Blauen im Vinschgau auf 7,1% der Stimmen, vor 5 Jahren waren es 20,3%. Glauben Sie an eine weitere Steigerung? Peppi Stecher: Natürlich. Wir haben einen starken Stock an treuen Stammwählern. 2008 war der Vinschgau nach dem Eisacktal der stärkste blaue Bezirk im Land. Wie zum Beispiel die jüngsten Parlamentswahlen zeigten, bleiben uns die Stammwähler in der Regel treu. André Pirhofer: Wir sind überzeugt, in unserem Bezirk weiter zulegen zu können und dieses Mal vermehrt auch Nichtwähler oder Wechselwähler gewinnen zu können. Hoffen Sie auch auf Stimmen von auswärts? Peppi Stecher: Auch bei uns ist es so, dass es in erster Linie auf das Vertrauen im Bezirk ankommt. Diesbezüglich sind wir gut aufgestellt: André ist Gemeinderat in Latsch und Arbeitnehmervertreter, ich bin Ratsmitglied in Mals und ein Vertreter der Wirtschaft. Wir decken das Tal somit geografisch ab und auch was die Richtungen betrifft. Wie wollen Sie die Wähler überzeugen? André Pirhofer: Unsere erstes Ziel ist es, das von der SVP über Jahrzehnte hinweg aufgebaute System mit all seinen Verfilzungen, Interessenskonflikten und Skandalen zu brechen. Es ist höchst an der Zeit, einen radikalen Schnitt zu machen. Wenn es der SVP gelingt, weiterhin so gut wie im Alleingang zu regieren, wird sich in diesem Land nichts ändern. Die SVP glaubt aber, die Mehrheit halten zu können. Peppi Stecher: Natürlich will sie die Mehrheit halten, um auch weiterhin Gut- und Schlechtwetter machen zu können. Wenn wir es nicht schaffen, die SVP-Mehrheit dieses Mal deutlich nach unten zu drücken, war die bisherige Arbeit aller Oppositionsparteien in meinen Augen umsonst. Ich persönlich bin überzeugt, dass es zu einem starken Einbruch der regierenden Machtpartei kommen wird. Es gab jüngsthin aber etliche Skandale, die der SVP ziemlich arg zugesetzt haben. André Pirhofer: Skandale wie jener rund um die SEL, aber nicht nur, sind zwar aufgeflogen, aber in der Substanz hat sich nachher nicht allzu viel getan. Oder ist der Strom für die Bürger etwa billiger geworden? Was die Wirtschaft und die vielen Leute, die zum Beispiel 1.300 oder 1.500 Euro im Monat verdienen, wirklich interessiert, ist ein günstigerer Strom. Woran sich viele stoßen, sind hingegen Ämterhäufungen, Postenschacher und politisch besetzte Gremien. Peppi Stecher: Und die Leute wollen auch, dass jene, die im SEL-Skandal und bei anderen schiefen Dingen verantwortlich sind oder davon wussten und wissen, persönlich zur Kasse gebeten werden. Um welche Leute es sich da handelt, weiß jeder. Es gibt landesweit keine Verwaltungsräte, die nicht irgendwie mit SVP-Leuten besetzt sind. Die Verflechtungen sind kapillar und reichen hinein bis in die Gemeinden und Fraktionen. Dasselbe gilt für die Verbände, die an sich ja neutral sein sollten. Der Bauernbund ist ebenso SVP-lastig, wie der hds oder der HGV. Ich bin selbst HGV-Mitglied und habe mich maßlos geärgert, als ich in der jüngsten HGV-Zeitung über 10 Fotos eines einzigen SVP-Kandidaten sah. Was wollen Sie in Südtirol verändern? André Pirhofer: Wir wollen, dass es endlich zu einem radikalen Wechsel kommt. Wir wollen Transparenz, Ehrlichkeit, klare Spielregeln und mehr Steuergerechtigkeit. Wir wollen vor allem auch, dass der Arroganz der Macht ein Ende gesetzt wird. Peppi Stecher: Viele Menschen haben derzeit große Probleme. Wenn sich Eltern die Frage stellen müssen, ob sie sich ein Kind überhaupt noch leisten können, hat eine Gesellschaft den Tiefpunkt erreicht. Viele Dinge, die von der Regierungspartei versprochen wurden, sind noch immer nicht umgesetzt oder nur zum Teil. Ich frage mich zum Beispiel, was konkret unternommen wurde, um die Abwanderung zu stoppen. Die Statistik jedenfalls zeigt, dass in Stilfs und anderen Gemeinden die Zahl der Abwanderer stetig zunimmt. Ein Breitbandanschluss ist heute ebenso wichtig wie früher der Bau der Straßen auf die Höfe. Es bringt nicht viel, wenn die Leitungen nur bis in die Ortszentren führen. Nicht zu übersehen ist im Wahlprogramm der Freiheitlichen auch die Einwanderungsfrage. André Pirhofer: Es wird uns in diesem Aspekt zwar noch immer Populismus vorgeworfen, aber das ist eine Unterstellung. Wir haben nichts gegen Einwanderer, die hier arbeiten, Steuern zahlen und sich bemühen, sich zu integrieren. Peppi Stecher: Ich habe in meinem Betrieb schon oft Einwanderer eingestellt und diesbezüglich nie Probleme gehabt. Wichtig sind in diesem Punkt klare Spielregeln. Wer nur zu uns kommt, um am Sozialsystem zu „naschen“, ist hier fehl am Platz. Schauen Sie sich doch einmal an, wie die Schweizer in diesem Punkt vorgehen, die Australier und viele andere Länder. Wie leicht oder wie schwer ist das Leben eines Oppositionspolitikers? André Pirhofer: In einem ­System, wie es das derzeitige noch ist, haben es Leute unserer „Gattung“ nicht leicht. Man wird oft nur als „lästig“ empfunden. Wenn man Anliegen aufs Tapet bringt, wird man nicht selten nur belächelt, mitunter auch im Gemeinderat. Peppi Stecher: Und manchmal auch im Gasthaus. Weil uns als Opposition oft kein anderes Mittel übrig bleibt als der Gang zum Staatsanwalt - sonst wird ja ohnehin wieder alles unter den Teppich gekehrt -, wird man als Denunziant hingestellt. Die Mehrheitspartei hat sich bei Skandalen immer erst dann geoutet, wenn es anders nicht mehr ging. Zu einem richtigen Offenbarungseid kam es aber nie. Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.