BM im Kreuzverhör

Publiziert in 12 / 2016 - Erschienen am 31. März 2016
Drei Gemeinderäte stellten das Demokratieverständnis des Latscher Bürgermeisters Helmut Fischer auf den Prüfstand. Latsch - Die Gemeinderäte Christian Stricker (Morter), Stephan Bauer (Goldrain) und Joachim Weiss (Latsch) gaben in ihrer Anfrage an den Bürgermeister zu verstehen, dass sie die Notwendigkeit, die Stromverteilung für die Gewerbezonen in Latsch und in Vetzan, Gemeinde Schlanders, nie in Zweifel ziehen wollen. Zum Standort eines Umspannwerkes aber hatten sie 7 Fragen vorzubringen. Sie wollten wissen, wie viele Standorte untersucht und warum 4 davon abgelehnt worden seien. Sie gaben zu bedenken, dass der aktuelle Standort sich in einer „blauen Gefahrenzone“ mit Überflutungsgefahr befinde. Sie wollten vor allem erfahren, wer im Entscheidungsprozess seitens der Gemeinde involviert war und wann entschieden wurde. Sie wollten wissen, ob es schon Vorverträge für den Grundankauf und ob es Möglichkeiten über andere Standorte zu diskutieren gäbe. Bürgermeister Fischer eröffnete seine Erklärungsversuch mit dem Satz: „Jeder braucht es (das Umspannwerk) und keiner will es.“ Er spielte auf die Obstgenossenschaften an, die eine sichere Energieversorgung benötigen, und auf die Kostenfrage, nach der ein Standort in Schlanders für Latsch und umgekehrt in Latsch für Schlanders unmöglich zu finanzieren wäre. Der ideale Standort Die Bemerkung des Rates Werner Schuler, er wundere sich, dass Vertreter der Bauern plötzlich Bedenken zum Standort vorbrächten, war ein wenig wie Öl im Feuer der Diskussion. „Grundsätzlich geht es darum, dass etwas entschieden wurde, ohne dass der Gemeinderat informiert worden war“, meinte Joachim Weiss. Christian Stricker ergänzte: „Es ist nicht diskutiert worden und ich lass mir in Goldrain nicht vorwerfen, nichts gesagt zu haben“, schließlich würde am Ortseingang von Goldrain ein Gebäude in ein freies Gelände gestellt, das auch noch vor der nahen Etsch gesichert werden müsste. Fischer versuchte Hintergrund und Werdegang der Entscheidung zu erklären, sprach von Verhandlungen zwischen dem Stromverteiler SELNET GmbH und einem Grundbesitzer und nannte 3 von 4 Kriterien, die eindeutig für den Standort der Umspannstation am Bahnübergang im Westen von Goldrain gesprochen hätten. Ausschlaggebend sei das Projekt zur Elektrifizierung der Vinschgerbahn. Für das dazu vorgesehene „Hauptunterwerk“ der STA (Südtiroler Transportstrukturen AG) habe sich der Standort in unmittelbarer Nähe zu Eisenbahn und Vinschgaustraße und unweit von der 132.000 Volt-Überlandleitung als ideal erwiesen. Nur das Kriterium „in der Mitte zwischen den Gemeinden“ konnte nicht ganz erfüllt werden. Traditionell Chefsache Auf Nachfrage des der Vinschger wies Bürgermeister Fischer auf den Aspekt hin, dass für die Gemeinde Latsch mit dem Standort bei Goldrain entsprechend weniger Kosten anfallen. Er führte aber auch andere Vorteile an. So sei erreicht worden, dass man nicht nur die Zuleitung, sondern auch einen Abschnitt der nahen Hochspannungsleitung unter die Erde verlegen würde. Die SELNET GmbH habe sich auch bereit erklärt, auf den rund 5.000 Quadratmetern Baufläche das niedrige Gebäude parallel zur Straße auszurichten und die Transformatoren sozusagen auf der Rückseite gegen Norden anzubringen. Die Anfrage betraf auch den in der Ratssitzung nicht ausgesprochenen, aber im Raum stehenden Vorwurf, der Bürgermeister habe intransparent und undemokratisch im Alleingang gehandelt. Fischer, zu dessen Kompetenzen auch die Energie gehört, bezog sich auf eine „Latscher Tradition“, nach der alles, was Energie betrifft, „Chefsache“ sei. Auch den Aspekt der Verschandelung der Dorfeinfahrt ließ er nicht gelten. Schließlich wurde die Vetzaner Industriezone, die „weit Richtung Goldrain“ rage, von jedem Autofahrer viel mehr wahrgenommen. Der Lokalaugenschein Bei einem Lokalaugenschein mit dem Goldrainer Referenten Robert Zagler, dem Goldrainer Vertreter der Süd-Tiroler Freiheit, Christian Fasolt, und den Anfrage-Stellern Christian Stricker und Joachim Weiss wurde das Befremden über die Vorgangsweise des Bürgermeisters deutlich zum Ausdruck gebracht. Man sprach von einem „Ausschnapsen zwischen den Bürgermeistern“ und nicht von Entscheidungen in den Gemeinderäten. Referent Zagler erklärte dabei, dass es bereits mit Grundbesitzern, darunter mit der Fraktion Goldrain, Verhandlungen über einen Standort auf der südlichen Straßenseite gegeben habe. Dass der aber ins Wasser gefallen sei, weil man sich mit einem Besitzer nicht einigen konnte. Indirekt wurde damit der im Rat vorgebrachte Vorwurf, niemand habe etwas davon gewusst, relativiert. s
Günther Schöpf
Günther Schöpf

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