Das Kirchenschiff der Katharinen-Kirche in Graun wurde gesprengt. Der Turm war denkmalgeschützt und ist zum Wahrzeichen der Gemeinde geworden.
Hansjörg Stecher, Martin Hanni, Georg Lembergh und Wilfried Gufler, Filmemacher und Produzent (v.l.), bei der Vinschgau-Premiere des Films „Das versunkene Dorf“.

„Das versunkene Dorf“ wird nie mehr versinken

Dokumentarfilm führte zu fünffacher Vinschgau-Premiere in Schlanders.

Publiziert in 22 / 2018 - Erschienen am 26. Juni 2018

Schlanders - Jede Aufführung war ausverkauft, jede Aufführung rief Emotionen hervor. Bei jeder Aufführung saßen die Generationen einträchtig nebeneinander. Jedes Mal waren  Filmemacher und Historiker Hansjörg Stecher, Regisseur Georg Lembergh und Produzent Wilfried Gufler überwältigt. „Es war ein grandioses Erlebnis“, meinte Stecher. „Wir wussten, dass wir mit der Seestauung in Graun und Reschen ein heißes Eisen anpacken, aber dass es noch so heiß ist...“  Besonders die 1. Aufführung in Schlanders mit viel Grauner Publikum habe Emotionen geweckt, erzählte Stecher, der selbst aus dem Nachbardorf St. Valentin stammt und als Einheimischer mit vielen Zeitzeugen sprach. An die 20 wurden interviewt und nochmal so viele werden im geplanten Buch zu Wort kommen. „Es ist ein Archiv der Erinnerungen entstanden“, erklärte Stecher nach der Premiere im Vinschgau. „Peppi Planggers unerwarteter Tod war für uns ein Blitz aus heiterem Himmel. Wir mussten handeln. Im Abspann haben wir schon zu viele Zeitzeugen mit Kreuzen gesehen.“   Der Film hatte vor den Aufführungen im Vinschgau bereits zwei erfolgreiche Auftritte beim Bergfilmfestival in Brixen und Bozen hinter sich. Die eigentliche Südtirol-Premiere fand in Meran statt, „damit es die Vinschger nicht zu weit hatten“. Georg Lembergh eröffnet seinen Film mit Wasser. Unendlich, undurchdringlich, alles bedeckend. Als winziges Quadrat wird das Turmdach der Grauner Kirche eingeblendet. Schwarzweißbilder verdichten das Geschehen und verdüstern die Landschaft. Auf Erinnerungsbildern versuchen Menschen, Haltung zu bewahren. Zum letzten Mal zieht eine Prozession durchs Dorf. Und das Wasser steigt - unaufhaltsam. Niemand hält es für möglich, dass Bagger durch einen Friedhof fahren oder dass man eine Kirche sprengt. Zeitzeugen erzählen scheinbar distanziert und dennoch aufgewühlt. Einfache Untertitel stehen in Kontrast zum Unaufhaltsamen und Übermächtigen. Der Schneesturm über der Staumauer und die verschneiten Boote drücken sprachloses Aufbegehren aus. Der Film greift auf die Zeit des Faschismus zurück. Auf den Ursprung der unermesslichen Profitgier. Die rücksichtslose Ausbeutung geht mit den neuen Machthabern weiter, angetrieben von ausländischem Kapital. Aber neue Generationen wachsen heran. Für sie ist der See Bestandteil. In der Schule wird informiert. Selbstbewusst nehmen die Bürger von Graun den See als Besitz wahr. Sie wollen nicht nur am See, sondern auch durch den See leben. Lemberghs und Stechers Film beschränkt sich nicht auf die Darstellung der Not, sondern reicht in die Gegenwart, die plötzlich farbig, jung und viel versprechend auf die Leinwand kommt. 

Günther Schöpf
Günther Schöpf
Vinschger Sonderausgabe

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