Sergio Mattarella, der 12. Staatspräsident Italiens.

Der neue Staatspräsident

Publiziert in 5 / 2015 - Erschienen am 11. Februar 2015
So erlebte der Parlamentarier Albrecht Plangger die Vereidigung von Sergio Mattarella. Sergio Mattarella. Als ich im Vorfeld der Staatspräsidentenwahl den Namen zum ersten Mal in der Zeitung gelesen habe, ist mir sofort die von ihm 1999 abgeschaffte Wehrpflicht („naia“) eingefallen. Dies ist das Bindeglied, weshalb mir die Person sympathisch ist und ich mir ­sicher bin, dass Italien mit ihm einen guten Präsidenten erhalten wird. Seine politischen Verdienste um die Rückführung der Schutzhütten oder der großen Wasserkraftwerke war mir unbekannt. Ich kann mich aber noch genau an jenen Tag im Juni 1999 erinnern, als ich am Meer von der definitiven Abschaffung des Militärdienstes aus dem „Corriere della Sera“ erfuhr. Alle nach 1985 geborenen „Jungmänner“ waren befreit und somit auch meine Söhne. Ich, der immerhin 10 Monate in Bruneck, Vahrn und Trient abgeleistet hatte, habe damals meine „befreiten“ Söhne zum Zahlen eines „ordentlichen Halbmittag“ verdonnert...so als Entschädigung. 3. Februar, 9.45 Uhr Dienstag, 3. Februar 2015, Viertel vor 10 Uhr. Die Glocke im kleinen Turm des Parlaments ­(Palazzo ­Montecitorio) läutet. Dies tut sie nur bei der Vereidigung eines neuen Präsidenten. Der Platz vor dem Parlament ist abgesperrt, aber es sind viele Zuschauer da. Ein roter Teppich ist ausgelegt. Die Militärkapelle ist aufgestellt und die „corazzieri“ (Eliteeinheit des Staatspräsidenten) stehen schon Spalier. Sie sind in Paradeuniform und allesamt über 1,90 m groß. Eine Wagenkolonne fährt vor. Der neue Präsident steigt aus. Die Zuschauer klatschen und die italienische Nationalhymne erklingt. Ich laufe über einen Hintereingang ins Parlament und nehme in der Aula der Abgeordnetenkammer Platz. Auch die Senatoren und viele Wahlmänner/Frauen („grandi elettori“) aus den Regionen sind da. Punkt 10 Uhr betritt der neue Staatspräsident die Abgeordnetenkammer. Die gesamte Regierungsmannschaft und alle Parlamentarier stehen auf. Es gibt einen lang anhaltenden Applaus. Die Vereidigungszeremonie ist kurz. Applaus. Der Staatspräsident beginnt seine Rede mit dem Dank an seinen Vorgänger, der sich nahezu aufgeopfert habe für die Nation. Er spricht über Jugendarbeitslosigkeit, lobt den Reformwillen unserer Legislatur. Er hoffe vor allem auf die jungen Parlamentarier, die endlich etwas verändern wollen. Er wolle ‚überparteilich’ die Verfassung garantieren. Bei dieser Aussage kommt es zur ersten „standig ovation“. Alle stehen auf und klatschen, nur die „Grillini“ bleiben demonstrativ sitzen. Für sie gebe es die „Verfassung“ nicht mehr, man habe sie mit der jüngsten Reform kaputt gemacht. Später, als der Staatspräsident ankündigt, sich gegen die Mafia einzusetzen (sein Bruder ist als sizilianischer Landeshauptmann von der Mafia ermordet worden) schreit eine „Grillina“ vor mir direkt in des Saal: „Dann löse dieses Parlament auf“. Dies ist ein Ausdruck großer Respektlosigkeit. Gute Antrittsrede Die Antrittsrede ist - aus meiner Sicht - sehr gut. Sie endet um 10.30 Uhr mit einem lang anhaltenden Applaus. Der neue Staatspräsident macht in seiner Rede keine Aussage zu Südtirol, zu den sprachlichen Minderheiten oder generell zu den Sonderautonomien. Aus meiner persönlichen Einschätzung ist er - auch als Sizilianer – grundsätzlich autonomiefreundlich eingestellt, und seine politische Vergangenheit ist diesbezüglich voll in Ordnung. Hätte er die Autonomie angesprochen, wären mir eher Zweifel an seiner Autonomiefreundlichkeit gekommen. Wir werden sehen, ob mich das Gefühl nicht täuscht. Der neue Staatspräsident verlässt das Parlament. Die Düsenflieger „Frecce Tricolori“ fliegen über dem Parlamentsplatz...ohrenbetäubender Lärm. Danach bewegt sich der ganze Tross Richtung „Quirinal-Palast“, wo der neue Staatspräsident in Zukunft residieren wird. Zum offiziellen Umtrunk bin ich als einfacher Parlamentarier dort nicht eingeladen. Das macht mir nichts. Mit den Staatspräsidenten habe ich sowieso kein Glück. In meinen 20 Bürgermeisterjahren war ich 3 Mal zu Staatspräsidentenempfängen in Bozen vor- bzw. eingeladen. Es hat danach nie „ein Glas gegeben“, um anzustoßen. Jedesmal bin ich enttäuscht nach Hause gefahren. Was soll´s. Ich habe dann „zu Ehren des neuen Präsidenten“ unsere Mitarbeiter zum Mittagessen beim „Gino“ eingeladen, damit zumindest diese etwas davon haben. Albrecht Plangger
Vinschger Sonderausgabe

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