Ulli Mair (Jg. 1974) Politkarriere: 1998 Wahlhelferin für die Freiheitlichen bei der damaligen Landtagswahl, seit 1999 im Landesvorstand als Jugendsprecherin, seit September 2001 Generalsekretärin der Freiheitlichen

Der Stammtisch fasst im Landtag Fuß

Publiziert in 2 / 2004 - Erschienen am 29. Januar 2004
[F] Wie leicht man sich in der Freiheitlichen Partei von der Wahlhelferin zur Landtagsabgeordneten hocharbeiten kann. Ulli Mair: Gezielte Stammtischparolen einer jungen Akademikerin. [/F] [K] Interview: Hansjörg Telfser, Erwin Bernhart [/K] „Der Vinschger“: Wie erklärt sich die Generalsekretärin ihren Wahlsieg, bei dem sie auf Anhieb 10.000 Stimmen für sich verbuchen konnte? Ulli Mair: Das müssen Sie die Wählerinnen und Wähler fragen. Ich glaube, dass wir in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet haben. Die Themen, mit denen wir zu den Leuten gegangen sind, haben gezogen, zum Beispiel der Punkteführerschein, auch das Ausländerthema, die Familien- und die Sozialpolitik. Ich persönlich habe bei den jungen Leuten Zuspruch gefunden. Aufgrund der, ich will es einmal so nennen, Judenproblematik, die damals war, haben die Leute geschätzt, dass es hier jemand gibt, der seine Linie durchzieht, egal, wie er im Lande angefeindet wird. Ich glaube, die Leute haben das irgendwie gesucht. Offensichtlich ist die „Judenproblematik“ in Ihrem Wahlkampf wohl kalkuliert. Absolut nicht. Was damals in der Diskussion vergessen worden ist: Der Ausgangspunkt war das Referendum um den Namen Friedensplatz-Siegesplatz. Gianfranco Fini war in Bozen und hat sich dort für die faschistischen Gräueltaten an den Juden entschuldigt. Zu den Südtiroler Opfern des Faschismus hat er geschwiegen. Sämtliche politischen Organisationen haben in diesem Zusammenhang Stellung bezogen, außer der jüdischen Kultusgemeinde. Das ist mir gegen den Strich gegangen. Wenn wir schon von friedlichem Zusammenleben reden, hätte ich mir erwartet, dass auch die jüdische Kultusgemeinde zum Thema Friedens- platz-Siegesplatz Stellung bezieht. Da hab ich halt Kritik geübt. Wissen Sie, zu welchen politischen Themen im Lande die jüdische Kultusgemeinde Stellung bezogen hat? Ja, wenn es um die eigenen Belange geht, zum Beispiel um einen Gedenkstein oder um ein Mahnmal oder wenn es ums Geld geht, sind sie immer da. In Ihren Äußerungen spielen Sie mit Assoziationen, die der Nationalsozialismus mörderisch nutzte. Man wird ja wohl noch fragen dürfen. Im Hinblick auf die Spendenaktion, die gemeinsam mit der Tageszeitung „Dolomiten” über einen langen Zeitraum hinweg veranstaltet wurde, habe ich mir erlaubt zu fragen, wieviel Spenden überhaupt eingegangen sind. Ich vermute, für Bozen bleibt sowieso nur ein kleiner Teil davon, der Rest geht vermutlich nach Berlin. Mit dem Thema „Juden“ und mit dem Thema „Ausländer“ können bestimmte Ressentiments geweckt werden. Dass vor allem von Ihrer Seite damit leichtfertig umgegangen wird, sehen Sie nicht? Nein, absolut nicht. Wenn man die Freiheitliche Ausländerpolitk kennt, so hat das mit Leichtferigtkeit nichts zu tun. Leichtfertigkeit kann man der Landesregierung vorwerfen. Wir haben sehr viele positive Sachen gefordert für Ausländer, die hier arbeiten, zum Beispiel ein Flüchtlingsheim, das allerdings von der Mehrheitspartei abgelehnt worden ist. Wir haben einfach eine klare Linie: Jene, die hier arbeiten wollen, sind herzlich willkommen, sie müssen sich aber, wenn sie sich integrieren wollen, anpassen. Sie sind ja eine relativ junge Frau. Der Wahlslogan mit dem „Schmarotzer Achmed“ war leichtfertig und unterstes Niveau. Ich finde das überhaupt nicht leichtfertig. Den Achmed gibt es wirklich und der unterstützt das Wort für Wort. Er selbst betrachtet sich nicht als Schmarotzer, aber viele aus seinem Land. Das sieht er auch so. Vermutlich gibt es Südtiroler Schmarotzer. Warum wurde nicht auf die „losgedroschen“? Klar gibt es bei uns auch Schmarotzer. Aber wenn man die Problematik sachlich angeht, muss ich schon sagen: Unsere Leute müssen Ticket bezahlen, unsere Leute werden teilweise bei den Wohnungen benachteiligt. Das kommt bei den anderen nicht vor. Ich nehme meine eigene Gemeinde her, was da los ist, ist teilweise ein Wahnsinn. Die einheimischen jungen Familien warten auf eine Wohnung, wären endlich an erster Stelle. Was passiert? Es wird ihnen eine Albanerfamilie vorgesetzt, weil vielleicht ein Kind mehr vorhanden ist. Haben Sie kein Verständnis für Ausländer, gerade in einem Land mit Wohlstand.... ....wenn 25.000 einheimische Familien an der Armutsgrenze leben, dann frage ich mich, wo der Wohlstand ist. Südtirol wird angepriesen als starkes Land, starke Wirtschaft, starke Menschen. Wer wirklich hinter die Haustüren schaut, wird feststellen, dass wir so stark schon lange nicht mehr sind. Laut Oberstaatsanwalt Cuno Tarfusser liegt die Kriminalitätsrate von Ausländern mit 10-15% in etwa gleich hoch wie jene der Einheimischen. Der Generalstaatsanwalt Diez sagt etwas anderes. Verglichen am Bevölkerungsanteil der Ausländer ist die Kriminalitätsrate schon hoch. Ihnen werden die Aussagen von Diez besser ins Konzept passen. Es gibt verschiedene Auslegungen. Wir werden sehen, wer recht hat. Glauben Sie das wirklich, dass Ihre Themen nicht reiner Populismus waren und sind? Die Wählerinnen und Wähler haben uns im Gespräch gesagt, dass am Ende vom Geld zu viel Monat übrig ist. Das ist so. Den Leuten geht es finanziell nicht so gut, wie das of dargestellt wird. Ihr Vorbild, die FPÖ, zeigt trotz Regierungsbeteiligung Auflösungserscheinungen. Man denke an Knittelfeld. Bekanntlich erreichen die Trends Südtirol verspätet. Werden sich die Freiheitlichen auch hier früher oder später zerfleischen? Die Wahlen haben eine starke Partei gezeigt. Auflösungserscheinungen gibt es nicht. Im Pustertal laufen Ihnen die Funktionäre davon. Leid tut es mir um Brugger, um die anderen zwei nicht. Hier hat es sich nicht um politisch Gründe gehandelt, sondern um Kindereien und persönliche Eifersüchteleien. Untersuchungen haben gezeigt, dass das Bildungsniveau der freiheitlichen Wähler eher tief anzusetzen ist. Uns interessiert nicht, ob unsere Wähler einen Doktortitel haben oder nicht. Zudem haben wir nicht das Geld für derartige Wählerstudien. Im Vinschgau gibt es für die Freiheitlichen einige Hochburgen. In Laas sind wir mit Oswald Angerer im Gemeindeausschuss vertreten. Dort wird gute Arbeit geleistet. Deshalb auch der Erfolg. In Latsch, wo wir gut 9% der Stimmen bekommen haben, mag der hohe Ausländeranteil eine Rolle gespielt haben. Dort und auch in anderen Gemeinden wollen wir verstärkt aktiv werden, vor allem im Hinblick auf die Gemeinderatswahlen. In den vom Vinschger „Stromstreit“ betroffenen Gemeinden, wie Graun und Mals, ist der Wahlerfolg für Sie bescheiden ausgefallen. Der Streit hat ja eine Opposition innerhalb der SVP hervorgebracht. Fast schon freiheitlich. Man muss sich schon wundern, wie oft die Bürgermeister Noggler und Plangger in Bozen zu sehen waren, um ihre Sache gegen die eigenen Parteikollegen durchzusetzen. Sachthemen von den Freiheitlichen, den Vinschgau betreffend, sind keine auszumachen. Wir sind beispielsweise für den Zug. Allerdings nur wenn er bis Landeck verlängert wird. Führt die Bahn, wie bisher, nur bis Mals, so ist das relativ sinnlos. Beim Abtransport vom Marmor darf es keine neuen Straßen geben. Wir sind dort für einen umweltschonenden Weg. Sie verlangen den Kinderscheck und gleichzeitig sind sie gegen die Frauenquote. Sollen die Frauen zurück an den Herd? Die Frauenquote ist eine Krücke, die es nicht braucht. Die Quote ist nur ein zeitliches Instrument, um schneller viele Frauen in bestimmte Positionen zu bekommen. Dagegen bin ich. Ich bin der Meinung, dass die Qualifikation zählen sollte. Bei uns ist eine Karriere von qualifizierten Frauen sicher möglich. Es gibt allerdings viele Frauen, die aufgrund der finanziellen Situation arbeiten gehen müsen, aber lieber bei den Kindern bleiben möchten. Daher ist der Kinderscheck notwendig. Mit einer solchen Position wird die Zusammarbeit, beispielsweise mit den SVP-Frauen im Landtag, schwer sein... ...mit den Quotentanten. Ich bin immer gesprächsbereit.

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