Am Podium (v.l.) Michael Class, Michael Roth, Dieter Theiner und Michael Wunderer.
Zahlreiche Interessierte verfolgten die Diskussion.

„Die Menschen mitnehmen“  

Für mehr Geschwindigkeit beim Ausbau erneuerbarer Energien. 

Publiziert in 20 / 2024 - Erschienen am 5. November 2024

MALS -  „Versorgungssicherheit: wie bereiten sich Stromversorger auf Mangellagen vor?“ – Diese Frage stellten sich Experten bei der Podiumsdiskussion im Rahmen der „Interalpinen Energie- und Umwelttage Mals“. In den letzten 20 Jahren habe sich in Italien in Sachen Versorgungssicherheit und erneuerbare Energien einiges getan. Aber: „Zu wenig. Es müsste mindestens doppelt so viel investiert werden. Um die Versorgungssicherheit mit dem weiteren Ausbau der schwankenden Erneuerbaren-Energien-Anlagen aufrecht zu halten, sind Speicherkraftwerke unabdingbar. Auch hier tut sich in Italien noch viel zu wenig“, mahnte Michael Wunderer, der geschäftsführende Vize-Obmann der E-Werk Genossenschaft Prad und Mitarbeiter des Südtiroler Energieverbandes. Neben Wunderer waren Dieter Theiner von der Alperia AG, der Deutsche Michael Class (Leiter Geschäftseinheit Portfolioentwicklung Energie Baden-Württemberg AG) und der Schweizer Michael Roth (Leiter Produktion & Netz Mitglied der Geschäftsleitung Repower AG) am Podium. Theiner unterstrich, dass insbesondere in Südtirol, wo massiv auf Wasserkraft gesetzt wird, der Netzausbau stark voranschritt, „um zu schauen, dass der Strom überall ankommt“. Herausforderungen bzw. künftige Mangellagen könnten insbesondere zwei sein: Erstens der Klimawandel. Die Niederschläge dürften zwar heftiger werden, aber es sei nicht davon auszugehen, dass der Regen mehr werde. Es gelte „mehr abzuspeichern“. Ein zweites Problem könnten die immer sensibler werdenden Systeme werden, sprich etwa Computer-Probleme. Der Ausbau erneuerbarer Energien und der Speichertechnologien schreite aktuell italienweit aber „viel zu langsam“ voran, kritisierte Wunderer. Es passiere zwar einiges, auch auf lokaler Ebene durch Projekte wie Energiegemeinschaften etc., dies reiche aber nicht. Politischer Wille sei gefordert. „Auch die Industrie ist da und die Technologien sind vorhanden. Es braucht aber auch die Politik, es müssen passende gesetzliche Rahmenbedingungen, die insbesondere auch den Zielen der Klimapolitik Rechnung tragen und entsprechende wirtschaftliche Anreize geschaffen werden“, so Wunderer. Generell sei es wichtig, die Menschen „mitzunehmen“ und für das Thema Strom zu sensibilisieren. „In Südtirol ist schon ein großes Interesse da. Die Leute interessieren sich für Strom. Wir erleben aber auch, dass gewisse Sachen in den sozialen Netzwerken oft eine Eigendynamik entwickeln“, so Dieter Theiner. Es sei außerdem zu beobachten, dass Großprojekte generell kritisch betrachtet werden. Auch ihre Kollegen aus Deutschland und der Schweiz stimmten zu. „Leider habe ich auch keine Lösung gegen die Entsolidarisierung“, so Class. Strom sei für alle selbstverständlich. „Der kommt einfach aus der Steckdose. Aber wenn es darum geht, Projekte wie Windräder etc. zu realisieren, kann dies jeder persönlich versuchen zu verhindern“, betonte der Deutsche. Es gelte, die Menschen zu überzeugen. 

Reservekraftwerke
gegen Mangellagen 

Class berichtete außerdem generell über die Situation in Deutschland. Um Stromausfälle beim Übergang auf erneuerbare Energien zu vermeiden, seien sogenannte Reservekraftwerke notwendig. Diese würden dann aushelfen, wenn von den erneuerbaren Energien zu wenig Strom komme. Solche Kraftwerke sollen in Deutschland vor allem Gaskraftwerke sein, die schnell in Betrieb gehen können. „Die Idee sollte es sein, dass diese Back-up-Kraftwerke gar nicht laufen, also dass man sie nicht braucht“, so Class. Auch deshalb fehle jedoch für Bau und Betrieb Geld, die Kraftwerke seien so derzeit unrentabel. Politische Lösungen seien gefragt. Generell wolle man in Deutschland von Kohle, Öl etc. weggkommen und sich unabhängiger machen. Michael Roth informierte über potenzielle Mangellagen in der Schweiz: Grundsätzlich könne es insbesondere im Winter dazu kommen, aufgrund der benötigten und vorhandenen Ressourcen. In der Schweiz wird über die Hälfte des Stroms durch Wasserkraft produziert, rund ein Drittel aus Kernkraft. 

Michael Andres
Michael Andres

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