Ein bedeutsamer Tag für Karthaus war die Übergabe der Madonna durch Siegfried Gurschler und Andreas Danler an Karl Josef Rainer in Anwesenheit von Johanna Santer, Lydia Brugger, Benjamin Santer und Pfarrer Franz Messner
Maria mit dem Kinde, wahrscheinlich 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts, Zirbenholz, 52 cm hoch.

Die Rückkehr der Madonna

Es geht um Karthaus und um eine kulturhistorische Aufwertung des Schnalstales.

Publiziert in 8 / 2022 - Erschienen am 27. April 2022

Karthaus - „Erfreuliches aus dem Schnalstal“ überschrieb Architekt, Historiker und Chronist Siegfried Gurschler eine besondere Nachricht. Sie betraf den 25. März 2022, im christlichen Kalender das Fest Mariä Verkündigung, im Schnalstal einen gewöhnlichen Freitag. Nicht ganz gewöhnlich war der Tag weder für Karthaus, noch für Gurschler: „Ich war schon aufgeregt, aber Freude und Genugtuung überwogen, als wir uns im Rathaus zur Übergabe getroffen haben.“ Unter „wir“ meinte er Pfarrer Franz Messner, den Schnalser Bürgermeister Karl Josef Rainer, den Präsidenten des Kulturvereins Benjamin Santer, Bürgermeister Andreas Danler aus Patsch bei Innsbruck und die Nachfahren des Karthauser Bildschnitzers Johann Brugger, vulgo Joch‘n Hans. Es war eine bedeutsame Übergabe, die am 25. März stattgefunden hatte. „Schnals und Karthaus werden kultur- und kunsthistorisch aufgewertet“, meinte Gurschler. Ihm war es gelungen, durch Glück, Geduld, durch Kontakte und Recherche eine fast 700 Jahre alte Madonna mit Kind aus Österreich zurückzuholen und Bürgermeister Rainer zu übergeben. 240 Jahre nachdem das Kloster Allerengelberg aufgehoben worden ist, ist die farbig gefasste, etwa 52 cm hohe Figur der Muttergottes mit Krone und des Jesuskindes mit Buch fast am ehemaligen Standort angelangt. Der war wohl die Klosterkirche schräg gegenüber dem Rathaus am Dorfplatz von Karthaus. Reste der Konventskirche finden sich heute in einem Gastbetrieb verbaut. Der Geschichte, wie die romanische Madonna das Tal verlassen und über Umwege wieder zurückgefunden hat, geht eine Kette von spannenden und glücklichen Zufällen voraus. Von dieser Statue gehört hatte Siegfried Gurschler bereits früher und zwar vom Bildhauer Friedrich Gurschler. 1996 hat der Künstler Herbert Danler bei den Vorbereitungen zur Ausstellung in der Kartause zufällig erwähnt, dass er im Besitz einer alten Madonna sei, welche aus dem Schnalstal stammen soll. Er habe sie Ende der 60er Jahre bei einer Versteigerung in Österreich erworben. Die Jahre vergingen, Herbert Danler war inzwischen verstorben. Den Hinweis auf die Madonna hatte Gurschler aber nie vergessen. 

Der Kreis schließt sich 

Es gelang ihm, Kontakte zu Danlers Nachfahren aufzunehmen, darunter zu dessen Sohn Andreas, Bürgermeister der Gemeinde Patsch und als Architekt ein Berufskollege. Mit Umsicht und Geduld erreichte er die Zustimmung der Verwandtschaft zu einer Rückkehr der Statue. Vorher versuchte Siegfried Gurschler, von Experten Näheres über Alter und Wert der Madonna zu erfahren. Die Recherche ergab, dass die Mutter-Kind-Darstellung bald nach der Gründung des Klosters im Jahre 1326 entstanden sein dürfte. Die Rücksprache mit Karin Dalla Torre, Leiterin der Landesabteilung Denkmalpflege, ermutigte Gurschler, auch Bürgermeister Rainer zu informieren und ihn zu bewegen, die Mittel bereitzustellen, das kostbare Objekt wieder ins Schnalstal zu holen. Bei der besagten Übergabe im Rathaus hatte Gurschler dann auch Gelegenheit, auf die Geschichte des Klosters und auf die teilweise abenteuerlichen Irrwege des Kunstwerks einzugehen. Er erinnerte an die Gründung des Klosters 1326 durch Heinrich Graf von Tirol, Herzog von Kärnten und Titularkönig von Böhmen, an die Säkularisierung, Aufhebung, durch den Habsburger Kaiser Josef II. 1782, an den Kauf der Klosteranlage durch einen reichen Adeligen aus Fano, dessen Rückzug und Übernahme der Kaufmasse durch Hans Graf Hendl von Kastelbell (+ 1809), dem wiederum ein begüterter Bauer aus Unser Frau finanziell unter die Arme greifen musste. Graf Hendl habe dann den Klosterbesitz und das Kloster „zerstückelt“ und verkauft. Die Madonna soll der Bauer einbehalten und an der Fassade seines Hofes angebracht haben. Über einen Antiquitätenhändler sei sie dann in den Kunsthandel und über die Versteigerung an Herbert Danler gekommen. Der Wert der Figur war dem Bauern durchaus bewusst, hatte er sie doch durch Johann Brugger aus Karthaus nachschnitzen lassen. Nach einem gemütlichen Umtrunk im Klosterstübele verblieb man mit der Absicht, die Madonna an einem würdigen Ort zugänglich zu machen und mit einer geziemenden Feier der Öffentlichkeit vorzustellen.

Günther Schöpf
Günther Schöpf

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