Die Ruhe trügt
Zukunft der Chirurgie als Hauptthema bei SVP-Bezirksausschusssitzung.
Burgeis - Die Absicherung der Zukunft des Chirurgie-Primariates im Krankenhaus Schlanders ist die größte der derzeit noch offenen Sanitäts-Baustellen im Vinschgau. Unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wurde das Bangen um das Chirurgie-Primariat bei der Bezirksausschusssitzung der SVP Vinschgau am 30. Oktober in der Fürstenburg. Im Großen und Ganzen sei es zwar gelungen, viele Dienste und Abteilungen im Krankenhaus zu halten, aber alles paletti sei noch lange nicht, wie sich der Schlanderser Bürgermeister Dieter Pinggera sinngemäß ausdrückte. Als größte Baustelle nannte er die Zukunft der Chirurgie. Werde diese nicht als „komplexe Struktur“ eingestuft, sondern nur als „einfache“, bestünde die Gefahr, dass es auch bei der Chirurgie zu negativen Einschnitten kommen könnte, „wie wir sie in der Pädiatrie erleben, die als ‚einfache Struktur’ eingestuft ist. Tatsache ist, dass die Ärzte de facto nicht im Krankenhaus anwesend sind. Das kann es nicht sein.“ Es werde krankenhausintern generell eine Abschaffung „komplexer Strukturen“ befürchtet. Dies führe zu großen Verunsicherungen. Die Planung komplexer und einfacher Strukturen orientiert sich am Grundsatz „Ein Krankenhaus - Zwei Standorte“.
Harsche Kritik an Schael
Seitens von Ärzten, und nicht nur, sei immer wieder zu hören, dass die Strategie des Generaldirektors Thomas Schael, die auf eine Zentralisierung in Bozen abziele, voll im Gang sei. „Schael schafft an, übernimmt aber keine Verantwortung“, so Pinggera. Als weiteres brennendes Problem nannte er die fehlende Fachärzteausbildung. Eine solche sei auch für das Krankenhaus Schlanders überlebenswichtig. Eine Zusage, die Chirurgie in Schlanders als „komplexe Struktur“ einzustufen, ließ sich Landeshauptmann Arno Kompatscher nicht abringen: „Diesen Elfmeter schieße ich nicht. Es obliegt der Landesregierung festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine komplexe Struktur gegeben sind.“ Außerdem würden noch einige Stellungnahmen fehlen. Auch für die Landesrätin Martha Stocker sei die Frage derzeit noch offen.
Wartezeiten und Notaufnahme
Rückblickend gesehen hätte man laut Kompatscher nie eine Gesundheitsreform machen müssen. Vor allem die Debatte über die klinische Reform sei unselig gewesen. Erschwerend dazu gekommen seien die EU-Arbeitszeitregelung, das Problem mit den Werkverträgen und der europaweite Ärztemangel. Dass alles in Bozen konzentriert werden soll, stimmt laut Kompatscher nicht. Die zwei wirklich großen Probleme für die Bürger sieht er in den Wartenzeiten für fachärztliche Visiten und in der Notaufnahme, die im Krankenhaus Bozen eine Katastrophe sei. Die Facharztausbildung werde im Frühjahr starten. Zum Generaldirektor Schael meinte Kompatscher, dass die Zusammenarbeit zum Teil zwar schwierig sei, „aber auch Schael hat einen schweren Stand. Seinen Job macht er aber schon.“ Als jenseits von Gut und Böse nannte Kompatscher die Verhandlungen mit den Hausärzte-Gewerkschaften: „Von Handschlagqualität war nichts zu spüren. Es ging am Ende nur um Geld. Ich war noch nie so enttäuscht.“
Viele weitere Themen
Zusätzlich zu den genannten Themen nahm Kompatscher noch zu vielen weiteren Anliegen Stellung, die von den Ortsobleuten aufs Tapet gebracht wurden. Die Palette reichte von der Zulassung neuer Formen der Kleinkinderbetreuung in Kleingemeinden und der Aktivierung der Zusammenarbeit mit dem Gesundheitszentrum im Val Müstair bis hin zum Problemkreis Post und Briefträger sowie etlichen konkreten Vorhaben und Anliegen: Um- bzw. Neubau des Altersheims in Schluderns, Erhalt des Flugplatz-Areals in Schluderns als Grünzone (möglichst ohne Obstbau), Errichtung eines zweiten Kletterturms in Schluderns, Erhalt der Apotheke in Graun, Übergang von ANAS-Häusern in der Gemeinde Graun vom Land an die Gemeinde, Maßnahmen am Vinschger Sonnenberg zur Aufwertung dieser einzigartigen und sensiblen Zone, landesweite Mountainbike-Standardregeln und etliche weitere Anliegen.
Thema Langaufers-Kaunertal
Zum Thema einer Anbindung von Langtaufers an das Kaunertaler Gletscherskigebiet ließ sich der Landeshauptmann nicht festnageln: „Wir warten derzeit noch auf den endgültigen Bericht des Umweltbeirates. Sobald dieser vorliegt, wird die Landesregierung eine Entscheidung treffen.“ Vertagt worden sei dieses Thema in der Landesregierung übrigens nie: „Es fehlten schlicht und einfach die Voraussetzungen, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen.“ Es sei in dieser Phase nicht korrekt, dass er sich im Vorfeld als Landeshauptmann für oder gegen das Vorhaben ausspreche. Bezüglich des Neubaus der Weißkugelhütte am neuen Standort sicherte Kompatscher zu, dass das Vorhaben umgesetzt wird, sofern die Fraktion den Auflagen des Landes zustimmt. Bezüglich Post kündigte er an, dass es ab 2018 ein neues Verteilungszentrum in Bozen geben wird. Der Umweg über Verona kann damit ausgeschaltet werden. Auch die Direktion für das Post-Personal in Südtirol wird in Bozen angesiedelt.
Wahljahr 2018 naht
Dass das Wahljahr 2018 immer näher rückt, bewies bereits der Titel des Impulsreferates von Kompatscher: „Mutig nach vorne“. In der Rückblende auf seine 4-jährige Amtszeit erinnerte er an so manche „schwere Brocken“ wie den SEL-Streit, die Diskussionen um die Politiker-Renten, die Gesundheitsreform und weitere Debatten. Es sei zwar manchmal zum Davonlaufen gewesen, „aber aus heutiger Sicht haben wir allen Grund, mutig in die Zukunft zu schauen.“ In der Wirtschaft laufe es in allen Branchen so gut wie selten zuvor, „wir haben Vollbeschäftigung, wir konnten Steuersenkungen im Ausmaß von 230 Millionen Euro beschließen und wir können froh sein, die Finanzregelung mit dem Staat vereinbart zu haben.“ Kompatscher erinnerte daran, dass der Verfassungsgerichtshof erst kürzlich Rekurse der Sonderstatut-Regionen Friaul-Julisch Venetien und Sardinien gegen Finanzforderungen des Staates mit dem ausdrücklichen Hinweis abgewiesen hat, dass diese Regionen im Gegensatz zu Südtirol über kein Abkommen verfügen, das einseitige Sonderregelungen seitens des Staates ausschließt. Gut gearbeitet habe man auch in den Bereichen Migration und Sicherheit. Kompatscher: „Die Zahl der Asylbewerber in Südtirol liegt derzeit bei ca. 1.700.“ Die Integration in den Arbeitsmarkt müsste angesichts dieser relativ niedrigen Zahl locker zu bewältigen sein, „wir haben ja einen Mangel an Arbeitskräften.“ Bezogen auf die Migration generell gelte es u.a., das Schlepperwesen in Nordafrika zu bekämpfen. „Wir wollen nicht, dass unsere Gesellschaft unterwandert wird, aber wir stehen dennoch zu unseren Werten.“
Absolute Mehrheit im Visier
„Bei den Landtagswahlen im Herbst 2018 möchten wir als SVP die absolute Mehrheit wieder erreichen“, gab Bezirksobmann Albrecht Plangger das Ziel seiner Partei vor. Der SVP-Bezirk Vinschgau werde zwei bindende Kandidaten nominieren: eine Frau und einen Mann. Die Ortsobleute rief Plangger dazu auf, vermehrt auf Gemeindeebene politisch aktiv zu werden, Initiativen zu starten und Themen aus Tapet zu bringen. Insgesamt gesehen sei es der SVP gelungen, zusammen mit den Mandataren einige wichtige Anliegen im Vinschgau voranzubringen. Zum kürzlich beschlossenen Gesetz für die Parlamentswahlen in Italien meinte der Bezirksobmann, „dass dieses Wahlrecht für uns als SVP ein gutes und für die Opposition ein eher schlechtes ist. Schuld daran sind nicht wir, sondern die Opposition selbst, die so lange ‚herumgekratzt’ hat, bis das herauskam, was wir jetzt haben.“ Plangger sowie Landesrat Richard Theiner und Regionalassessor Sepp Noggler schnitten eine ganze Reihe von Themen bzw. Vorhaben an: Aufwertung des Stilfserjochs, Elektrifizierung der Bahn, Nationalpark-Zonierung, Neuordnung der Gemeinden, neues Gesetz Raum und Landschaft, neues Höfegesetz. Bezüglich Vinschger Bahn sprach sich Theiner gegen bestimmte Bestrebungen aus, die Parkplätze bei den Bahnhöfen zu bewirtschaften. Besorgt gab sich Noggler darüber, dass die SAD vermehrt Fahrten an sich reiße, sodass mehrere Vinschger Busunternehmer arg unter die Räder geraten sind bzw. geraten.
Kraftvoll, konstruktiv, konkret
So wollen sich die SVP Frauen des Vinschgaus politisch einbringen. Die Bezirksfrauenrefentin Heidi Gamper und ihre Stellvertreterin Elfi Kirmaier informierten über die bisherige Tätigkeit und die Themenschwerpunkte, denen sich die SVP Frauen im Vinschgau widmen: Entwicklung von Wirtschaft und Landschaft, Stärkung der Sprachkompetenz, Gestaltung des sozialen Miteinanders, Achtsamkeit in der gesundheitspolitischen Ausrichtung und in der sanitären Versorgung, Plattform für die Produktvielfalt im Tal, Synergien in der Kinderbetreuung und weitere Themen mehr. Auch für eine politische Vertretung der Frauen wird gekämpft. Kirmaier: „Es geht nicht darum, in Konkurrenz zueinander zu arbeiten, sondern um einen Mehrwert.“
