Die „Wasser-Macher“
Das Bonifizierungskonsortium Vinschgau in Zeiten des Klimawandels.
SCHLANDERS - Wasser. Ein wertvolles Gut. Vor allem im landwirtschaftlich geprägten Vinschgau. Das blaue Gold, ein Rohstoff, der in Zeiten des Klimawandels noch wertvoller wird. „Die Landwirtschaft spürt den Klimawandel als eine der ersten“, betont Gottfried Niedermair, der Geschäftsführer des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau. Die Aufgabe des Konsortiums ist es sozusagen, zu schauen, dass „das Wasser rinnt“. Und die Felder der Landwirte bewässert werden. So optimal wie möglich. Um dies zu gewährleisten, tut man im Vinschgau so einiges.
„In den vergangenen 15 Jahren haben wir im Schnitt rund acht Millionen Euro pro Jahr investiert“, betont Niedermair. Investiert wurde dabei vor allem in die Optimierung der Beregnungsanlagen. Dabei gibt es aber auch immer wieder lukrative Förderungen. Ungefähr betragen diese durchschnittlich 50 Prozent der Kosten, dies hängt vom jeweiligen Projekt ab, Förderungen gibt es fast ausschließlich für wassersparende Maßnahmen seitens der EU, seitens des Staates sowie auch kleinere Förderungen seitens des Landes. Großprojekte in den vergangenen Jahren waren unter anderem der Neubau der Beregnungsanlage Schludernser Ebene und die Errichtung der neuen Zubringerleitung aus dem Laaser Tal. Zu tun gibt es aber noch vieles. Ein weiteres Mega-Projekt wird derzeit umgesetzt: Eine Tropfberegnungsanlage in der Gemeinde Laas. Über ganze 440 Hektar. Die Kosten belaufen sich auf 6,5 Millionen Euro.
Bald alles Tropfberegnung?
Ohnehin ist die Tropfberegnung das Bewässerungssystem der Zukunft – und auch der Gegenwart. Schon jetzt sind rund 60 Prozent im Obstbau mit Tropfberegnung ausgestattet, rund 2.100 Hektar. Das Ziel hierbei sollen 100 Prozent sein. „Darauf werden die akutellen und zukünftigen gesetzlichen Rahmenbedingungen ausgerichtet. Wo Mischkulturen angebaut werden, dürfte es sich schwierig gestalten. Dort, wo geschlossen Apfelanbau betrieben wird, hinauf bis nach Schluderns, dürfte dies aber die nächsten 10 Jahre zu schaffen sein“, so Niedermair. In Rom liegen derzeit Projekte für Förderungen von rund 1.200 Hektar auf, die bereits genehmigt sind. Betroffen davon sind vor allem die Gemeinde Latsch und Kortsch. Der Vorteil im Vergleich zur traditionellen Überkronenberegnung liegt auf der Hand: „Eine optimale Verteilung des Wassers ist gewährleistet. Es kommt dort hin, wo es gebraucht wird“. Nur dort, wo eine Frostberegnung weiterhin nötig sei, setze man zusätzlich auf die Überkronenberegnung. Der „Wasserverlust“ bei einer Tropfberegnung sei zudem minimal. Hierbei sei die Landwirtschaft aber generell „sparsam“. In den Leitungen gebe es einen Verlust von gerademal 5 Prozent. Zum Vergleich: Wie eine Studie des italienischen Statistikinstituts ergab, kommen in Italien über 42 Prozent vom Trinkwasser gar nicht erst beim Verbraucher an. Rostige Leitungen und undichte Aquädukte sind die Gründe. In Südtirol sieht es etwas besser aus, aber auch hier geht mehr als ein Viertel des Trinkwassers verloren.
Die Niederschläge speichern
„Die Niederschlagsmengen haben in den vergangenen 15 Jahren, wie ein Blick auf die Wetterdaten verrät, sogar zugenommen. Allerdings gibt es das Wasser in Form von Regen, weniger in Form von Schnee“, so Niedermair. Diese Folgen des Klimawandels seien für Mensch und Landwirtschaft fatal. „Die Probleme gibt es dann zwar nicht unbedingt dort, wo Obstbau betrieben wird und wo auf Tropfberegnung gesetzt werden kann, aber umso mehr im Grünland in den trockenen Berggebieten, wie zum Beispiel am Sonnenberg“. Früher habe es hier ausreichend Schnee gegeben, man konnte das Wasser der Bäche verwenden. „Das ist heute nicht mehr immer der Fall, dann wird es extrem schwierig“, so Niedermair. Aber auch hier sei man dabei Lösungen zu finden, wie eben die Zubringerleitung vom Laaser Tal.
„Es muss darum gehen, die Niederschläge zu speichern. Es müssen vermehrt Speicherbecken errichtet werden. Das ist die einzige Lösung. Hierbei ist aber auch das Land gefordert. Die Voraussetzungen für Genehmigungen müssen geschafft werden“, blickt Niedermair voraus. Die Formel sei ganz einfach: „Kommt der Regen, muss man diesen auch binden. Und dort einsetzen, wo benötigt“.
Auch auf staatlicher Ebene seien solche Maßnahmen vorgesehen. „Im Sinne der Nachhaltigkeit“, betont der Geschäftsführer des Bonifizierungskonsortiums. Ein weiteres großes Problem, was die Gletscherschmelze mit sich bringe, sei das „verdreckte“ Wasser. „Dort, wo es früher Gletscher gab, nehmen die Bäche nun Material und Schmutz mit sich“. Dieses ist für die Bewässerung nicht immer nutzbar.
Dauerthema Gewässerschutzplan
Noch Verhandlungen stehen in Sachen Gewässerschutz-Trockenplan an. „Noch nicht überall wurden Lösungen gefunden. Hier muss man noch diskutieren“, betont Niedermair. Etwa bei Gewässern, die seitens der Wildbachverbauung „massiv verbaut und betoniert sind“, müsse es Kompromisse geben: „Hier kann man nicht sagen, wir brauchen zu jeder Zeit eine Restwassergarantie“. Ein ökologischer Schaden, sobald kein Restwasser rinnt, sei hier schwer nachvollziehbar. „Wenn alle gefordert sind, Kompromisse einzugehen, dann muss dies die Umwelt auch – und sich auf Gewässer konzentrieren, wo es ökologisch sinnvoll ist“. Auch bei den Trockenzonen müsse man „noch schauen“. Zur Erinnerung: Vom Amt für nachhaltige Gewässernutzung wurden Vorschläge für die Ausweisung sogenannter Trockenzonen ausgearbeitet. Hier könne es eine Abweichung von der Mindestrestwassermenge geben. Die Trockenzonen seien jedoch bisher zu rar, bestimmte Gebiete, insbesondere im Vinschgau, noch zu wenig berücksichtigt.
INFO: 8.500 Hektar Fläche
Welchen Stellenwert das Bonifizierungskonsortium Vinschgau hat, wird mit einem Blick auf die Zahlen und Fakten klar. Das Einzugsgebiet zählt rund 35.000 Grundparzellen, was über 8.500 Hektar entspricht. 8.100 Hektar davon sind Beregnungsflächen. Im Obstbau setzt man zunehmend auf Tropfbewässerung, diese macht bereits 2.100 Hektar aus. Der jährliche Wasserverbrauch auf den über 8.100 Hektar, die beregnet werden, beträgt 45 Millionen Kubikmeter. Das Konsortium zählt 5.500 Mitglieder. Neben den Beregnungsanlagen kümmert man sich um die Instandhaltung von rund 40 Kilometern offener Waale. Als Geschäftsführer agiert Gottfried Niedermair. Neben ihm sind im Sitz in Schlanders sechs weitere Verwaltungsangestellte tätig: Katharina Holzner (Sekretariat), Walter Mair (Projektabwicklung), Simon Grutsch (Buchhaltung), Maria Linser (Kataster), Laura Mantinger (Verwaltung) und Martin Markt (Projektabwicklung Bonifizierungsbauten von Landesinteresse). Folgende Mitglieder bilden den Verwaltungsrat für die Verwaltungsperiode 2021 bis 2025: Präsident Paul Wellenzohn (Kortsch), Vizepräsident Thomas Gurschler (Staben), Andreas Hauser (Schluderns), Peter Paul Hauser (Laas), Thomas Plack (Galsaun), Stefan Strobl (Burgeis), Armin Trafoier (Latsch) sowie Rechnungsrevisor Günther Bernhart.