Das sagt Bürgermeister Dieter Pinggera.
Engagiert in der BASIS: Hannes Götsch (links im Bild).

Diskussion um Haushalt und BASIS

Ein Gespräch mit dem Schlanderser Bürgermeister Dieter Pinggera und mit Hannes Götsch vom Gründerzentrum BASIS.

Publiziert in 1 / 2023 - Erschienen am 17. Januar 2023

Schlanders - Auch in der Schlanderser Gemeindestube heißt es gut haushalten, um die nächsten Jahre halbwegs wirtschaftlich über die Runden zu kommen. Da muss auch mal der Rotstift angewandt werden. Über die Prioritätenliste im Gemeindehaushalt, aber auch über den Mehrwert des Gründerzentrums BASIS hat sich die Bezirkszeitung der Vinschger mit Bürgermeister Dieter Pinggera und Hannes Götsch vom Gründerzentrum BASIS unterhalten.

der Vinschger: In der letzten Gemeinderatssitzung des Jahres 2022 wurde über den Haushalt für 2023 diskutiert und die für 2023 anstehenden Investitionen und Projekte besprochen. Warum steht weniger Geld zur Verfügung als in den Jahren zuvor?

Dieter Pinggera: Es gibt mehrere Gründe, warum die Gemeinde Schlanders für das kommende Jahr einen etwas bescheideneren Investitionshaushalt genehmigt hat: zum einen haben wir die Möglichkeit genutzt, auf Investitionsgelder bis 2025 vorzugreifen, um die in den letzten Jahren getätigten Großprojekte zu finanzieren; zum anderen haben wir für das Glasfasernetz 5,4 Millionen Euro ausgegeben und bisher nur 1,7 Millionen Euro zurückbekommen und wir haben 5 Millionen Euro in das Kasernenareal investiert.

Welche Investitionsvorhaben haben Priorität und können realisiert werden? Welche müssen verschoben werden?

Der Gemeinderat hat einen Haushalt von 4,6 Millionen Euro genehmigt; die größten Brocken sind dabei der Steinschlagschutz St. Ägidius mit 900.000 Euro, Einrichtung Feuerwehrhalle Vetzan 500.000 Euro, Musitempl Kortsch 200.000 Euro, Untergeschoss Feuerwehrhalle 425.000 Euro, Rückzahlung des Darlehens für den Ankauf vom Schwarzen Adler in Göflan 500.000 Euro sowie außerordentliche Instandhaltungen. Als einziges, bereits genehmigtes Projekt musste das Konzept der Grüblstraße verschoben werden. Die Kosten von 1,4 Millionen Euro sind zurzeit nicht finanzierbar. 

Ausführlich diskutiert wurde auch über den vorläufig gestoppten Teilabbruch der Ex-Kaserne. Wie kann das intern aufgearbeitet und die Problematik der protestierenden Bevölkerung erklärt werden, und wie kann neues Vertrauen in die Gemeindeverwaltung geschaffen werden?

Ich bin überzeugt, 90 Prozent der Bevölkerung auf meiner Seite zu haben, und ich empfinde überhaupt keinen Vertrauensverlust. Wir sind derzeit in Verhandlungen mit der Landeskonservatorin Karin Dalla Torre, ob man eine einvernehmliche Einigung findet. Ich habe jedenfalls die Verpflichtung und den Rückhalt, die auch von der Landesregierung genehmigten Projekte umzusetzen.

Viele Menschen erkennen nicht den Mehrwert der BASIS und haben große Vorbehalte. Sie selbst bekennen sich als Freund der BASIS-Idee. Was entgegnen Sie den Kritikern?

Bei der Gemeinderatssitzung wurde ausführlich über die BASIS diskutiert und 16 von 18 Räten haben sich für die Genehmigung des Führungsbeitrages von 100.000 Euro ausgesprochen. Ich bin überzeugt, dass die BASIS für Schlanders und den Vinschgau einen Mehrwert bringt und eine große Bereicherung ist. Denken wir an das PNNR-Projekt Green Community, welches vom Gründerzentrum BASIS initiert wurde. Das hat der Bezirksgemeinschaft über 4 Millionen Euro für ein Dutzend Nachhaltigkeitsprojekte gebracht. Die BASIS ist ein Angebot, um das wir in Südtirol beneidet werden. Wir sind eine konservative Gesellschaft, und die Ideen der BASIS tun uns gut. Innovation ist manchmal unbequem, weil sie ein neues Denken erfordert. In der BASIS wird ein Umfeld für Studierende geschaffen, die zurück in ihre Heimat kommen wollen, für Menschen, die sonst täglich weite Strecken zur Arbeit fahren müssten, für Menschen aus dem Ausland, die für eine bestimmte Zeit in Schlanders arbeiten und leben wollen usw. Die BASIS hat eine große Strahlkraft und zieht Menschen von überall her an. Die Jugend und auch andere Menschen finden hier ein breites kulturelles Angebot. Die größte Herausforderung ist es, dies alles der breiten Masse unserer Gesellschaft zu vermitteln. 

Glauben Sie, dass die Führung der BASIS das Desinteresse und die Vorurteile eines Teiles der Bevölkerung lange durchhält oder sich ein anderes Betätigungsfeld, möglicherweise im Ausland, suchen wird?

Bei allen Schwierigkeiten haben wir im Gründerzentrum BASIS um Hannes Götsch ein hochmotiviertes Team mit einem großen Netzwerk und einer gewissen Hartnäckigkeit, die es wohl auch braucht. Trotzdem wage ich zu behaupten, dass die Gemeinde Schlanders dem Team ideale Rahmenbedingungen geschaffen hat. Ich bin stolz auf meinen Gemeinderat, der den Weitblick gezeigt hat, die BASIS weiterhin zu unterstützen. Wir konnten diese Investition immer politisch argumentieren, da sich ja das gesamte Kasernenareal im Besitz der Gemeinde befindet und irgendwann auch wieder Geld in die Gemeindekasse zurückfließen wird. Dieser große Besitz in Verbindung mit der BASIS ist für Schlanders ein Alleinstellungsmerkmal, das uns von vielen anderen Realitäten abhebt.

der Vinschger: Die Abbruch-Aktion der Ex-Kaserne hat auch die BASIS-Führung erschüttert, obwohl das Gründerzentrum in der Palazzina überhaupt nicht davon betroffen ist. Haben Sie das Vertrauen in die Gemeinde verloren, auch wenn  der BM stets vom Mehrwert des Gründerzentrums BASIS spricht und auch dahinter steht?

Hannes Götsch: Richtig, das funktional sanierte Gebäude Palazzina beansprucht nur einen kleinen Teil des Areals und ist nicht betroffen. Den Vorstand und die Mitarbeiter hat die Art und Vorgangsweise des Teilabbruchs erschüttert. Die Zufahrten und Zugänge sind noch heute nicht mehr oder nur erschwert möglich und beeinträchtigen unsere Arbeit. Sie gefährden aktuell die Umsetzung eines langjährigen Forschungsprojektes mit lokalen Unternehmen, der Unibz und EURAC, das Gefahr läuft auf das Pustertal auszuweichen. 
Wir sind seit 2020 jeden Tag vor Ort und machen uns Gedanken über die Bedarfe der Unternehmen, der ergänzenden Bildung, mögliche Entwicklungen, Kompetenzen und die Zukunft des Vinschgaus. Die neuen Generationen fordern eine offene Wertehaltung, Sinnhaftigkeit und eine respektvolle Unternehmenskultur.
Die Idee der Nachnutzung hat viele andere inspiriert. Unabhängig von der Drususkaserne in Schlanders machen wir uns also grundsätzlich Gedanken um die Nachnutzung, Regional- und Quartiersentwicklung. Wir gelten mittlerweile als Kompetenzzentrum in diesem Bereich und würden uns natürlich freuen, wenn wir zur Entwicklung des Quartiers Drususkaserne durch unser Wissen im Bereich Wirtschaft, Wohnen und Begegnung beitragen können.
Würde der jährliche Führungsbeitrag nicht mehr genehmigt, wäre dies ein klarer Vertrauensbruch uns und dem Bürgermeister gegenüber und ein Strich durch die gemeinsam geleistete Arbeit der letzten sieben Jahre. Dies ist so nicht passiert und daher bleiben wir optimistisch.

Die BASIS bezeichnet sich als ein Ort für Kreativität, Experimente und zeitgerechte Arbeitsweisen, und sie möchte die Bevölkerung zur aktiven Gestaltung ihres Lebens- und Wirtschaftsraumes motivieren. Haben Sie das Gefühl, dass die Gesellschaft für eine Öffnung hin zu Neuem nicht bereit ist?

Wie der Bürgermeister sagte, besteht eine große Herausforderung darin, die Arbeit der BASIS als internationaler Knotenpunkt der breiten Bevölkerungsschicht zu vermitteln. Der BASIS Vorstand und das Team arbeiten professionell zum Zweck der ausgleichenden Regionalentwicklung und unsere Aufgabe ist es das zu ermöglichen, was es noch nicht gibt. Wie jede Unternehmung können wir es nicht allen recht machen, erfahren aber beträchtliche Wertschätzung aus nah und fern und auch Rückhalt aus der Bevölkerung. BASIS ist für unser Gebiet einzigartig und Vorreiterin in Südtirol und darüber hinaus. Pionierprojekte polarisieren immer und werden genau und oft auch kritisch beobachtet. Veränderung. Wir können nur die Einladung wiederholen: am besten kommt in die BASIS und schaut, was der Ort für euch bereithält. Es geht um Neugier und Tatendrang. Viele Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Forschung, Universitäten, Politiker, Touristen, Künstler und Handwerkerinnen gehen bei uns ein und aus. 

Muss man sich Sorgen machen, dass Sie Ihre Energie bald nicht mehr in Schlanders einbringen? 

Wir stecken viel Zeit und Leidenschaft in die Unternehmung BASIS. Das erzeugt eine große Energie, braucht aber auch Energie. Klar gibt es Angebote, in Südtirol und darüber hinaus. Ich bin in Schlanders geboren, aufgewachsen und habe hier meinen Lebensmittelpunkt. Gleichzeitig brauche ich die Inspiration von anderen Orten und Initiativen der Welt. Das zusammenzubringen, ist ein Antrieb und die besondere Herausforderung. Sorgen machen müssen wir uns als Gesellschaft nur wenn wir alles wollen, aber nichts zulassen!

Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Ingeborg Rainalter Rechenmacher

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