Ein Leistungsbruch, der nicht weh tut
Wie aus „Prozessionsspinnerbuam“ eine echte Punkrockband wurde.
Latsch - Es ist ein ruhiger, etwas regnerischer Abend Ende Jänner. Beim Latscher Sportplatz, nahe dem Jugendzentrum, ertönt laute, gitarrenlastige Musik aus einem der Räume. Es wird eifrig geprobt, diskutiert sowie an Rhythmen und Texten geschliffen. Hier befindet sich der Proberaum von Leistungsbruch, einer neuen, lokalen Band. Ist die Band zwar noch überaus jung – und feierte ihr Debüt in dieser Form vor noch nicht einmal einem Jahr – können die Bandmitglieder durchaus als lebenserfahren betrachtet werden. Leistungsbruch sind nämlich die Latscher Thomas „Fischi“ Fischer (37 Jahre), Simon Costanzo (33) und Johannes „Jojo“ Waldner (29) sowie der 31-jährige Tarscher Christian Greis. Fasziniert von der Musik waren sie alle schon seit jeher. „Music was my first love“, zu Deutsch „Musik war meine erste Liebe“, steht etwa auf einer Tätowierung von Simon. „Fischi“ hat bereits vor rund 20 Jahren als „Backlash“ Musik gemacht und 2007 das Video zum „Ni(e!)lpferd“ in der Etsch“ auf youtube hochgeladen – einem Portal, dass sich zu jener Zeit genauso wie „Backlash“ noch in den Kinderschuhen befand. Aus den Kinderschuhen ist „Backlash“ nie so richtig entwachsen, blieb mehr oder weniger ein – bemerkenswertes – Projekt, ließ aber immer wieder sporadisch von sich hören. Bis vor einigen Jahren. Da wurde es ernster. Ernster mit der Musik. Mit der EP „Hoi“ meldete sich „Backlash – Die Band“ 2020 eindrucksvoll zurück, das „Lied vom Schaffen“, melodisch und intellektuell wertvoll, begeisterte. Was in „Fischis“ Homestudio entstand, war in verschiedenen Medien in Südtirol plötzlich Thema. Und wurde für gut befunden.
Von Privatkonzerten auf die große Bühne
„So richtig los in Sachen Leistungsbruch ging es dann vor einem Jahr“, erklärt „Fischi“. Auf die Idee, gemeinsam zu musizieren, waren er, Greis, Costanzo und „Jojo“ Waldner aber bereits im Dezember 2022 gekommen, erste Proben standen dann im Jänner 2023 auf dem Programm. Den Bandnamen Leistungsbruch gab es damals noch nicht. „Wir taten uns sehr schwer mit der Namensfindung“, erinnert sich Greis. Aus Jux heraus entstand der Name Prozessionsspinnerbuam. Unter diesem standen auch erste Konzerte auf dem Programm, im privaten Rahmen. Die Band hatte sich damit jedenfalls gefunden, Costanzo am Schlagzeug, Waldner am Bass und Fischer sowie Greis an der Gitarre. Zu Beginn der Bandzeit gab es zudem ein Projekt von „Jojo“, seinem Vater Manfred Waldner und „Fischi“ unter dem Namen „Super Virgin Punks“ (SVP), wo die Band kritisch Stellung zu politischen Entwicklungen nahm. Das erste Konzert von Leistungsbruch erfolgte schließlich im April 2024 im Jugendzentrum in Naturns. Es war ein voller Erfolg. Seitdem gab es sechs weitere. Etwas nervös seien die Bandmitglieder schon immer, „aber wir wurden von Beginn an gut angenommen“, freuen sie sich. Ein Höhepunkt stand unter anderem mit dem Auftritt am zweiten Weihnachtstag in der BASIS in Schlanders auf dem Programm. Aber das soll es noch lange nicht gewesen sein: Auf den Konzertsommer freuen sie sich schon jetzt. Konkret geplant seien zwar noch keine Auftritte, „aber wir hoffen schon, dass sich einiges ergibt“, blickt Greis voraus. Anfragen nehmen sie gerne entgegen, „um dann mit Jung und Alt zu feiern“.
Größtenteils eigene Songs
Ohnehin ist ihre Musik, melodischer Punkrock vom Feinsten, mit sinnigen und stimmigen Texten, für jede Altersgruppe und natürlich auch für jede gesellschaftliche Schicht ausgelegt. Bei den Texten handelt es sich größtenteils um eigene Songs in deutscher Sprache, etwa 15 hat Leistungsbruch derzeit im Repertoire. Zudem dürfen einzelne Coversongs von prägenden Bands nicht fehlen: Darunter „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten oder „Bonnie und Clyde“ von den Toten Hosen. Auf einen Stil reduzieren, lässt sich die Vinschger Combo aber nicht. „Es ist ja immer so, dass man als Musiker auch einen individuellen Stil hat. Wir sind schlussendlich auch alles einzelne Musiker, die ihre Stile mitreinbringen“, erklärt „Jojo“, der bereits in mehreren Südtiroler Bands spielte und spielt, unter anderem mit Max Silbernagls Chaos Junkies. Großen Einfluss hatte das Schaffen von „Backlash“ für Leistungsbruch, lange Zeit musizierten Fischer und Greis dabei gemeinsam. Der einzige mit einer musikalischen Grundausbildung ist aber übrigens Costanzo, der die Musikschule besuchte und in jungen Jahren bei der Bürgerkapelle in Latsch aktiv war – an der Trommel versteht sich.
Gesellschaftskritische Lieder
Der Name Leistungsbruch entstand schließlich im Frühjahr 2024, noch vor dem ersten offiziellen Auftritt, ebenfalls aus einer Laune heraus. „Weil ein Kollege einen Leistenbruch hatte“, erzählt Costanzo. Der Name sollte aber auch eine Doppeldeutung haben und Interpretationsspielraum lassen. Hierfür passte Leistungsbruch optimal – ein offensichtlicher Wink auf den Leistungsdruck in unserer Gesellschaft. „Darum geht es schließlich auch in unserer Musik“, so Greis. Diese ist nämlich durchaus gesellschaftskritisch, was insbesondere in der Videosingle „Brufein“ klar wird, wo es um Tabletten für eine schnelllebige Leistungsgesellschaft geht. „Es heißt oft, ‚nimm Pillen, dann ist alles gut‘. Aber es ist dann doch nicht immer alles gut“, weiß „Fischi“. Auch das aktuelle Logo im Stile einer Medikamentenverpackung geht damit einher: 600 Milligramm Utopie gibt es mit „Leistungsbruch Forte“. Und freilich jede Menge Punkrock.
