Zwei Palabirnbäume in Glurns.
Zahlreiche Interessierte waren beim Vortrag im Dachgeschoss des Rathauses dabei.
Der Malser Biologe Joachim Winkler.

Ein wertvoller Lebensraum

Palabirnbäume als kleine Biotope.

Publiziert in 17 / 2024 - Erschienen am 24. September 2024

GLURNS - „Es ist sehr gut und wichtig, dass es solche Initiativen für den Schutz und Erhalt der Palabirnbäume gibt“, lobte der Malser Biologe Joachim Winkler das „OK Palabir“ und die Vinschger Palabiratage. Im Rahmen dieser Tage stand in Glurns sein Vortrag „Der Palabirabaum, ein wertvoller Lebensraum“ auf dem Programm. Wie wertvoll diese Bäume sind, wurde anhand einiger Zahlen und Fakten klar. „So ein Baum ist ein ökologischer Mikrokosmos“, betonte Winkler. Die Palabirnbäume seien kleine Biotope und bieten vielen Insekten, Kleinsäugern und Vögeln Schutz, Lebensraum und Nahrungsgrundlage. „Die Bäume haben eine große Bedeutung für die Artenvielfalt“, so der Biologe. Sage und schreibe bis zu 300 verschiedene Tierarten leben in der Baumkrone. Mit der Krautschicht darunter und den Bodenbesiedlern kommt man im Umkreis eines einzigen Baumes auf über 2.000 Arten. „Alle profitieren, von Bakterien über Pilze bis hin zu den Vögeln“, erklärte Winkler.

Viele Nutznießer

Er nannte insbesondere drei Gruppen von Nutznießern. Einerseits die Vögel. „Die Spechte zimmern Baumhöhlen, welche als wichtige Nist- und Bruträume für viele weitere Tiere gelten“, so der Biologe. Viele weitere Vogelarten und andere Tiere seien auf die Höhlen angewiesen. Eine weitere große Gruppe an Profiteuren seien die Insekten und Spinnen. Die Blüten werden etwa von Wild- und Honigbienen besucht. Verschiedene Raupen wie jene des Baumweißlings fressen die Blätter vom Baum und der Zitronenfalter findet unter der Rinde einen Überwinterungsplatz. Im Holz entwickeln sich die Larven verschiedener Arten von Bockkäfern. Die dritte größere Gruppe, die vom Baum und seiner Umgebung massiv profitiert, sind Säugetiere, insbesondere Kleinsäuger und Fledermäuse. „In Südtirol gibt es 26 Arten von Fledermäusen. Das ist eine beachtliche Zahl. Sechs davon sind Baumfledermäuse. Die brauchen solche Bäume“, erklärte Winkler. Schlafmäuse wie der Gartenschläfer oder der Tiroler Baumschläfer finden im Baum Nahrung und Unterschlupf. Auch für die Haselmaus – eine nachtaktive Schlafmaus –  und den Siebenschläfer sind Palabirnbäume ein beliebtes Territorium.

Prägend für die Landschaft

Anhand von Bildern demonstrierte der Vortragende eindrucksvoll welches Leben in und um Palarbirnbäumen herrscht. Und zeigte gleichzeitig auf, welchen Stellenwert diese Bäume für die Landschaft haben. Sie seien prägend für Glurns und den oberen Vinschgau. Generell seien Obstgärten und Streuobstwiesen für Mensch und Natur sehr wichtig. „Die hochstämmigen Obstbäume und die Obstgärten sind prägende Elemente ländlicher Siedlungen und schaffen einen harmonischen Übergang zur offenen Landschaft“, unterstrich Joachim Winkler. Die Bäume liefern auch im Herbst, teils sogar im Winter, wertvolle Nahrung für Tiere, „Igel und Co. freuen sich“.

Der Zerstörung Einhalt gebieten

Aber auch über Negatives galt es beim Vortrag zu sprechen. „Bäume hatten in allen Kulturen ein sehr hohes Ansehen, aber leider hielt die Zerstörung der Wälder bereits in der Römerzeit Einzug in die Menschheitsgeschichte“, so der Biologe. Heute seien schon 80 Prozent der Urwälder zerstört. Dies trage erheblich zum Klimawandel bei. Weltweit habe die „Achtung vor dem Baum“ nachgelassen. Vor allem auch in „zivilisierten Ländern“. Winkler kritisierte die Profitgier und die damit einhergehenden Monokulturen. So seien etwa die Fichten-Monokulturen in vielen Wäldern anzuprangern; diese spielen dem Borkenkäfer in die Hände. Zudem müssten – auch im Vinschgau – häufig Bäume aufgrund von Parkplätzen und Bauten weichen.

Michael Andres
Michael Andres

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