Ein Wiedersehen zum Nachdenken
Nach zwei Jahren Pause fand das Sommertreffen der „Südtiroler in der Welt“ in Mals statt.
Mals - Das junge Paar aus Como hatte am Samstag, 30. Juli vom Quartier „al lago“ in Reschen einen Ausflug nach Mals unternommen. Auf dem Jakobsplatz versuchten die beiden Lombarden die Aufschrift „Südtiroler in der Welt“ zu übersetzen und zu deuten. Wie sei es möglich, wollten sie wissen, dass die „Altoatesini nel mondo“ sich in so einem kleinen Dorf treffen können. Noch schwieriger zu erklären waren die Gründe der Auswanderung aus dieser reichen Provinz, in der einst bettelarme Kriegsheimkehrer und Optanten lebten, kinderreiche Familien ihre Jüngsten zur Arbeit ins Ausland schicken mussten oder Sprengstoffanschläge zur Auswanderung zwangen. Wenige Meter zuvor hatten sie gestaunt, wie organisiert im relativ kleinen Kulturhaussaal fast 240 Personen ihr Mittagessen einnahmen. Da war es knapp nach 12 Uhr und das Heimatfernen-Treffen in Mals hatte den offiziellen Höhepunkt bereits überschritten. Auf dem Jakobsplatz hatten die Malser Weisenbläser und der Weißwein den kühlen Oberwind einigermaßen ausgeglichen. Das „Sommertreffen der Südtiroler in der Welt“ fand bei herbstlicher Kühle statt und motivierte, in der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt mit Hochwürden Josef Stricker, Kooperator Michael Lezuo, den Waisenbläsern und Ernst Thoma an der Orgel den Gottesdienst zu feiern. Man durfte gespannt sein, wie der ehemalige Arbeiterpriester und bis 2019 geistliche Assistent des KVW Josef Stricker diesmal die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Nachdenken bringen würde. Passend und hochaktuell befasste sich der aus Martell stammende Seelsorger mit dem Begriff Heimat. Heimat könne sein, was einem durch Krieg genommen wurde. Heimat könne sein, was andere zerstört haben durch Vertrauensbruch oder durch enttäuschte Liebe. Heimat könne auch sein, was wir uns selbst kaputt gemacht haben durch Egoismus und Gedankenlosigkeit. Stricker zitierte den Schriftsteller Christian Morgenstern (1914 in Meran verstorben) mit dem Satz: „Nicht da ist man daheim, wo man wohnt, sondern, wo man verstanden wird.“ Er ließ den Dichter Novalis (+1801) fragen: „Wohin gehen wir? Immer nach Hause, wir suchen immer ein Zuhause.“ Stricker griff auf den Heimatverlust in der Bibel zurück und sprach vom „Sehnsuchtswort“ Heimat und vom Menschen als „Wanderer zwischen den Welten“, zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Zeit und Ewigkeit. Er warnte aber auch davor, sich nicht zu sehr an die Heimat zu klammern. Wer sich zu eng einrichte, werde früher oder später jeden Fremden und alles Neue bedrohlich sehen. Nach der gedankenschweren Predigt folgten beschwingte Grußworte von Gertrud Telser, Vorsitzende der KVW-Ortsgruppe Matsch, und Luise Pörnbacher aus Ehrenburg, die als Vorsitzende in die Fußstapfen von Erich Achmüller gestiegen ist. Bürgermeister Josef Thurner stellte Land und Leute und Kennzahlen von Mals, der flächenmäßig zweitgrößten Gemeinde Südtirols, vor.