Der Informations- und Diskussionsabend im Kulturhaus in Mals war sehr gut besucht.
Landeshauptmann Arno Kompatscher
Bürgermeister Josef Thurner

Es „brennt“ vielerorts

Landeshauptmann steht Rede und Antwort. Von Krankenhaus bis Berglandwirtschaft, von Schülerheim bis Wolf und Strompreis.

Publiziert in 21 / 2022 - Erschienen am 22. November 2022

Mals - Zu einer ganzen Reihe von Anliegen, die der Bevölkerung unter den Nägeln brennen, stand Landeshauptmann Arno Kompatscher am 14. November im fast voll besetzten Saal des Kulturhauses in Mals Rede und Antwort. Einleitend informierte Bürgermeister Josef Thurner in geraffter Form über Projekte und Investitionen der Gemeindeverwaltung in den Jahren 2021 und 2022. Der Finanzbedarf der flächenmäßig zweitgrößten Gemeinde Südtirols sei schon allein deshalb groß, weil neben dem Hauptort auch die 9 Fraktionen zu berücksichtigen sind. Viel Geld bräuchte es etwa für die Kindergärten und Schulen sowie für Infrastrukturprojekte. Dass die Gemeindeverwaltung imstande ist, Vorhaben in relativer kurzer Zeit umzusetzen, wenn die Geldmittel verfügbar sind, zeigte die Errichtung der Gemeinschaftspraxis im Martinsheim. „Heute haben zwei Ärzte ihren Dienst aufgenommen, ein dritter kommt am 1. Dezember dazu“, sagte Josef Thurner. Mit der starken Unterstützung des Gesundheitsressorts des Landes und des Sanitätsbetriebs sei es gelungen, geräumige und hochmodern ausgestattete Ambulatorien zu errichten, wo bis zu 4 Ärzte tätig sein können. Laut dem Bürgermeister ist die neue Gemeinschaftspraxis eine „Chance für den ganzen Obervinschgau“.

Bettenreduzierung im Krankenhaus

Der Landeshauptmann lobte die Tätigkeit der derzeitigen Gemeindeverwaltung sowie der Vorgängerverwaltungen und hob im Besonderen die Errichtung der Gemeinschaftspraxis hervor: „Ich kann nur staunen, dass es gelungen ist, angesichts des Mangels an Allgemeinmedizinern Ärzte zu finden.“ Prekär sei der derzeitige Fachkräftemangel im Krankenhaus in Schlanders, besonders was das Pflegepersonal betrifft. Zu diesem Thema kamen bei der Diskussion auch die ersten Fragen aus dem Publikum aufs Tapet. Mehrere Krankenpflegerinnen gaben zu bedenken, dass es infolge der geplanten Bettenreduzierung in der Abteilung Medizin (3. Stock) mit dem Stichtag 22. Dezember zu Engpässen kommen werde und dass das bisherige Pflege-Team auseinanderzubrechen drohe. „Während der schwierigen Corona-Jahre waren die 23 Betten oft zur Gänze besetzt und unser Team gab sein Bestes“, hieß es. Laut Kompatscher ist es vom Stundenvolumen her angesichts des Personalmangels derzeit nicht möglich, alle Dienste zu decken: „Uns blieb leider keine andere Wahl, als dort vorübergehend Bettenreduzierungen vorzunehmen, wo es sozusagen am wenigsten schadet. Dass es überall schadet, ist uns allen bewusst.“ Man habe alle Möglichkeiten ausgelotet, „aber keine andere Variante gefunden.“ Einige Betten in der Chirurgie seinen bereits deaktiviert worden, weitere Reduzierungen werde es in den Inneren Medizin geben. Es sei Personal umzuschichten und darauf zu achten, dass die ohnehin überstrapazierten Pflegekräfte nicht noch mehr belastet werden. „Wir reden hier nicht von der Schließung von Abteilungen oder der Auflassung von Diensten, sondern von einer vorübergehenden Deaktivierung von Betten“, sagte Kompatscher. Man suche verzweifelt Personal „und es wird Zeit brauchen, bis sich die Lage wieder entspannt.“ Erschwert werde die Situation im Vinschgau insofern, als dass die nahe gelegene Schweiz mit „interessanten Gehältern“ Arbeitskräfte absauge.

Zeit verloren bei Schülerheim und Verkehrsmaßnahmen

Im Zusammenhang mit der Frage, ob und wann das längst versprochene Schülerheims in Mals endlich gebaut wird, räumte Kompatscher ein, „dass leider viel Zeit verloren gegangen ist.“ Man habe verschiedene Modelle überprüft, wie etwa den Bau des Heims in Form eines PPP-Projektes (öffentlich-private Partnerschaft) oder eines Raumordnungsvertrages, „aber keines dieser Modelle führte uns zum Ziel, sodass wir beschlossen haben, dass das Land das Heim selbst baut.“ Am Ausführungsprojekt werde bereits gearbeitet. Aufgrund der Preissteigerungen werde der Bau des Heims aber nicht mehr ca. 9,9 Millionen Euro kosten, sondern rund 15 Millionen. Kompatscher verbürgte sich dafür, dass die Landesregierung diese Zusatzfinanzierung alsbald genehmigen wird, sodass die Planung abgeschlossen und die Arbeiten ausgeschrieben werden können. „Ich hoffe, dass das Projekt jetzt ernsthaft weitergeht, denn die derzeitige Lage ist prekär und bringt das gute Image des Oberschulzentrums mit der Sportoberschule in Gefahr“, sagte der Bürgermeister. Er bot auch die Mithilfe der Gemeinde an: „Wenn das Land zahlt, hätten wir mit der Umsetzung kein Problem.“ Zu lange gewartet habe man laut Kompatscher auch mit kurzfristigen Maßnahmen zur Verbesserung der katastrophalen Verkehrssituation im Vinschgau. Konkret nannte er die Radwegunterführung auf der Töll, den Kreisverkehr an der Einfahrt nach Partschins und weitere Maßnahmen: „Solche Dinge hätte man früher angehen sollen.“ Jetzt werde man diese Maßnahmen, die immerhin zwischen 3 und 4 Millionen Euro kosten, mit „größtmöglicher Geschwindigkeit“ angehen. Es sei zielführender, kleinere Eingriffe dieser Art zu verwirklichen, als über Großprojekte zu reden, deren Umsetzung - wenn überhaupt - erst in Jahrzehnten spruchreif werde.

Berglandwirtschaft leidet stark

Mehrfach angesprochen wurde der sehr schwierige Stand der Berglandwirtschaft. „Das derzeitige Fördersystem ist rasch und radikal umzustellen, sonst bricht uns die Berglandwirtschaft weg“ hieß es wörtlich. Kompatscher räumte ein, dass die Lage zwar prekär, aber nicht „so düster“ sei. Im Durschnitt setzt sich das Einkommen der Bergbauern in Südtirol zu zwei Dritteln aus Förderungen und zu einem Drittel aus den Produkterlösen zusammen: „Es ist unmöglich, nur vom Produktpreis zu leben. Die Förderungen wurden in den vergangenen Jahren zu Recht in Richtung Berglandwirtschaft umgeschichtet.“ Wie schon bei Abschaffung der Milchquoten werde es auch dieses Mal gelingen, die Krise zu überwinden. Die Berglandwirtschaft sei mit dem Tourismus eng verzahnt. Der kürzlich vom Landtag mehrheitlich angenommene Antrag zur „Auflösung und Neuausrichtung“ der IDM sei eine ungute Hauruck-Aktion gewesen, „einfach peinlich“, so Kompatscher. Es sei falsch, Tourismus- und Produktwerbung zu trennen.

Thema Wolf: „Bleiben wir seriös“

Bezüglich der sich häufenden Wolfsrisse rief Kompatscher zu mehr Seriosität auf, auch in der Berichterstattung: „Es reicht vollkommen, wenn berichtet wird, wie die Sachen sind und wie die Realität aussieht. Man muss nichts ‚dazudichten’.“ Vor allem bestimmte Falschmeldungen seien kontraproduktiv. Ausdrücklich zurückgewiesen hat Kompatscher das „Schüren“ des Eindrucks, wonach die Landespolitik das Problem lösen könne, dies aber nicht wolle: „Es ist nicht so, dass uns die Schneid fehlt, in Rom oder anderswo auf den Tisch zu hauen. Das könnten wir zwar, würde uns aber nichts bringen.“ Selbst der früheren deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel sei es nicht gelungen, Wolfsabschüsse durchzusetzen, obwohl dies im Regierungsprogramm vorgesehen war. An der Berner Konvention, der EU-Habitat-Richtlinie, die den Wolf als geschützte Tierart einstuft, und an Staatsverträgen sei eben nicht so leicht zu rütteln. „Mit gegenseitigen Schulzuweisungen kommen wir nicht weiter“, so Komaptscher. Das Land werde sich weiterhin auf allen möglichen Ebenen für eine Lösung dieses „Riesenproblems“ einsetzen: auf Landesebene mit dem Landesgesetz, das 2021 verabschiedet wurde und dem man überzeugt ist, dass es der Verfassung und den EU-Bestimmungen nicht widerspricht; auf römischer Ebene mit Managementplänen, in denen nachgewiesen wird, dass passive Schutzmaßnahmen unzureichend sind; auf europäischer Ebene mit Bemühungen, die in Zusammenarbeit mit weiteren Regionen darauf abzielen, den Schutzstatus des Wolfs zu senken. 

Bioregion Mals?

Zur Feststellung, dass in der Gemeinde Mals schon viele Akzente gesetzt wurden, mit denen der Klimaplan sozusagen vorweggenommen wurde - Photovoltaikanlagen auf Dächern vieler öffentlicher Gebäude, Citybusanbindungen für alle Fraktionen, Nutzung alter Bausubstanz, Sozialgenossenschaften, „Malser Weg“, ökologische Projekte usw. - und dass es daher  angebracht wäre, die Gemeinde Mals als Modellregion zu etablieren und zu unterstützen, meinte Kompatscher, „dass jede Gemeinde, die eine Modellregion werde möchte, mit einer Landesunterstützung rechnen kann.“ In Sachen Bioregion und Pestizide plädierte der Landeshauptmann dafür, rechtliche Streitigkeiten zu begraben und gemeinsam mit den Bauern, Umweltverbänden und anderen Akteuren Lösungen zu definieren, mit denen die Verbreitung der Monokultur vermieden werden kann, „und zwar möglichst rasch und nicht erst, wenn es zu spät ist.“ Kompatscher gab sich überzeugt, „dass am Ende vielleicht doch alle dasselbe wollen.“ Weit ausgeholt hat der Landeshauptmann auch mit der Beantwortung der Frage, warum der Strom in Südtirol, wo mehr Energie erzeugt als verbraucht wird, so teuer ist. Sinngemäß fasste er zusammen, dass Südtirol zwar insgesamt mehr Strom produziere als verbrauche, nicht aber im Winter. Südtirol habe jahrzehntelang vom bisherigen Verkaufs- und Einkaufssystem profitiert. Das Land sei in das staatliche und europäische Netz von Regeln und Gesetzen eingebunden und könne nicht einfach ausscheren. Kompatscher versuchte auch zu erklären, warum der Strompreis an den Gaspreis gekoppelt ist. Weitere Diskussionsthemen im Kulturhaus in Mals waren der Schülertransport, der Nightliner-Dienst an Wochenenden und der Bahnfahrplan. Der letzte Abendzug in Mals sollte nicht um 21.20 Uhr abfahren, sondern um ca. eine Stunde später.

Josef Laner
Josef Laner

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